Ernst Haeckel, Die Welträtsel - 4. Kapitel

4. Kapitel

Unsere Keimesgeschichte

Monistische Studien über menschliche und vergleichende Ontogenie. Übereinstimmung der Keimbildung und Entwicklung des Menschen und der Wirbeltiere.

Inhalt: Ältere Keimesgeschichte. Präformationslehre. Einschachtelungs-Lehre. Haller und Leibniz. Epigenesis-Lehre. C. F. Wolff. Keimblätter-Lehre. Carl Ernst Baer. Entdeckung des menschlichen Eies. Remak. Kölliker. Eizelle und Keimzelle. Gasträa-Theorie. Protozoen und Metazoen. Eizelle und Samenzelle des Menschen. Oscar Hertwig. Empfängnis oder Befruchtung. Keimanlage des Menschen. Ähnlichkeit der Wirbeltier-Keime. Die Keimhüllen des Menschen. Amnion, Serolemma und Allantois. Plazenta-Bildung und Nachgeburt. Siebhaut udn Nabelstrang. Die scheibenförmige Plazenta der Affen und des Menschen.

In noch höherem Maße als die vergleichende Anatomie und Physiologie ist die vergleichende Ontogenie, die Entwicklungsgeschichte des Einzeltieres oder Individuums, ein Kind unseres 19. Jahrhunderts. Wie entsteht der Mensch im Mutterleibe? Und wie entstehen die Tiere aus den Eiern? Wie entsteht die Pflanze aus dem Samenkorn? Diese inhaltsschwere Frage hat zwar auch schon seit Jahrtausenden den denkenden Menschengeist beschäftigt, aber erst sehr spät, erst vor 70 Jahren, zeigte uns der Embryologe Baer die rechten Mittel und Wege, um tiefer in die Kenntnis der geheimnisvollen Tatsachen der Keimesgeschichte einzudringen; und noch viel später, vor 40 Jahren, lieferte uns Darwin durch seine Reform der Deszendenz-Theorie den Schlüssel, mit dessen Hilfe wir die verschlossene Pforte ihres Verständnisses öffnen und zur Erkenntnis ihrer Ursachen gelangen können. Da ich diese hochinteressanten, aber auch schwierig zu vertstehenden Verhältnisse in meiner Keimesgeschichte des Menschen (- im ersten Teile der Anthropogenie, fünfte Auflage 1903 -) einer ausführlichen, populärwissenschaftlichen Darstellung unterzogen habe, beschränke ich mich hier auf eine kurze Zusammenfassung und Deutung nur der wichtigsten Erscheinungen. Wir wollen dabei zunächst einen historischen Rückblick auf die ältere Ontogenie und die damit verknüpfte Präformations-Theorie werfen.

Präformations-Lehre

Ältere Keimesgeschichte. (Vergl. den 2. Vortrag meiner "Anthropogenie".) Wie für die vergleichende Anatomie, so sind auch für die Entwicklungsgeschichte die klassischen Werke des Aristoteles, des vielseitigen "Vaters der Naturgeschichte", die älteste uns bekannte wissenschaftliche Quelle (im 4. Jahrhundert vuZ.). Nicht allein in seiner großen Tiergeschichte, sondern auch in einer besonderen kleinen Schrift: "Fünf Bücher von der Zeugung und Entwicklung der Tiere", erzählt uns der große Philosoph eine Menge von interessanten Tatsachen und stellt Betrachtungen über deren Bedeutung an; viele davon sind erst in unserer Zeit wieder zur Geltung gekommen und eigentlich erst wieder neu entdeckt worden. Natürlich sind aber daneben auch viele Fabeln und Irrtümer zu finden, und von der verborgenen Entstehung des Menschenkeimes war noch nichts Näheres bekannt. Aber auch in dem langen, folgenden Zeitraume von zwei Jahrtausenden machte die schlummernde Wissenschaft keine weiteren Fortschritte. Erst im Anfange des 17. Jahrhunderts fing man wieder an, sich damit zu beschäftigen; die italienische Anatom Fabricius ab Aquapendente (in Padua) veröffentlichte 1600 die ältesten Abbildungen und Beschreibungen von Embryonen des Menschen und einiger höherer Tiere; und der berühmte Marcello Malpighi in Bologna, gleich bahnbrechend in der Zoologie wie in der Botanik, gab 1687 die erste zusammenhängende Darstellung von der Entstehung des Hühnchens im bebrüteten Ei.

Alle diese älteren Beobachter waren von der Vorstellung beherrscht, dass im Ei der Tiere, ähnlich wie im Samen der höheren Pflanzen, der ganze Körper mit allen seinen Teilen bereits fertig vorhanden sei, nur in einem so feinen und so durchsichtigen Zustande, dass man sie nicht erkennen könne; die ganze Entwicklung sei demnach nichts weiter, als Wachstum oder "Auswickelung" (Evolutio) der eingewickelten Teile (Partes involutae). Diese falsche Lehre, die bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts fast allgemein in Geltung blieb, nennen wir am besten die Vorbildungslehre oder Präformations-Theorie; oft wird sie auch "Evolutions-Theorie" genannt; allein unter diesem Begriffe verstehen viele neuere Autoren auch die ganz verschiedene Transformations-Theorie.

Einschachtelungs-Lehre (Skatulations-Theorie). In engem Zusammenhange mit der Präformations-Lehre und in berechtiger Schlussfolge aus derselben entstand im 17. Jahrhundert eine weitere Theorie, welche die denkenden Biologen lebhaft beschäftigte, die sonderbare "Einschachtelungslehre". Da man annahm, dass im Ei bereits die Anlage des ganzen Organismus mit allen seinen Teilen vorhanden sei, musste auch der Eierstock des jungen Keimes mit den Eiern der folgenden Generation darin vorgebildet sein, und in diesen wiederum die Eier der nächtsfolgenden u. s w., in infinitum! Darauf hin berechnete der berühmte Physiologe Haller, dass der liebe Gott vor 6 000 Jahren - am sechsten Tage seines Schöpfungswerkes - die Keime von 200 000 Millionen Menschen gleichzeitig erschaffen und sie im Eierstock der ehrwürdigen Urmutter Eva kunstgerecht eingeschachtelt habe. Kein Geringerer, als der hochangesehene Philosoph Leibniz, schloss sich diesen Ausführungen an und verwertete sie für seine Monadenlehre; und da dieser zufolge sich Seele und Leib in ewig unzertrennlicher Gemeinschaft befinden, übertrug er sich auch auf die Seele; - "die Seelen der Menschen haben in deren Voreltern bis auf Adam, also seit dem Anfang der Dinge (!!), immer in der Form organischer Körper existiert".

Epigenesis-Lehre

Im November 1759 verteidigte in Halle ein junger 26jähriger Mediziner, Caspar Friedrich Wolff (der Sohn eines Berliner Schneiders), seine Doktor-Dissertation unter dem Titel "Theoria generationis". Gestützt auf eine Reihe der mühsamsten und sorgfältigsten Beobachtungen wies er nach, dass die ganze herrschende Präformations- und Skatulations-Theorie falsch sei. Im bebrüteten Hühner-Ei ist anfangs noch keine Spur vom späteren Vogelkörper und seinen Teilen vorhanden; vielmehr finden wir statt dessen oben auf der bekannten gelben Dotterkugel eine kleine, kreisrunde, weiße Scheibe. Diese dünne "Keimscheibe" wird länglich rund und zerfällt dann in vier übereinander liegende Schichten, die Anlagen der vier wichtigsten Organ-Systeme: zuerst die oberste, das Nervensystem, darunter die Fleischmasse (Muskelsystem), dann das Gefäßsystem mit dem Herzen und zuletzt der Darmkanal. Also sagt Wolff richtig, besteht die Keimbildung nicht in einer Auswickelung vorgebildeter Organe, sondern in einer Kette von Neubildungen, einer wahren "Epigenesis"; ein Teil entsteht nach dem andern, und alle erscheinen in einer einfachen Form, welche von der später ausgebildeten ganz verschieden ist; diese entsteht erst durch eine Reihe der merkwürdigsten Umbildungen. Obgleich nun diese große Entdeckung - einer der wichtigsten des 18. Jahrhunderts! - sich unmittelbar durch Nachuntersuchung der beobachteten Tatsachen hätte bestätigen lassen, und obgleich die darauf gegründete "Theorie der Generation" eigentlich gar keine Theorie, sondern eine nackte Tatsache war, fand sie dennoch ein halbes Jahrhundert hindurch nicht die mindeste Anerkennung. Besonders hinderlich war die mächtige Autorität von Haller, der sie hartnäckig bekämpfte, mit dem Dogma: "Es gibt kein Werden! Kein Teil im Tierkörper ist vor dem anderen gemacht worden, und Alle sind zugleich erschaffen". Wolff, der nach Petersburg gehen musste, war schon lange tot, als die vergessenen, von ihm beobachteten Tatsachen von Lorenz Oken in Jena (1806) auf's Neue entdeckt wurden.

Keimblätter-Lehre

Nachdem durch Oken die Epigenesis-Theorie von Wolff bestätigt und durch Meckel (1812) dessen wichtige Schrift über die Entwicklung des Darmkanals aus dem Lateinischen in's Deutsche übersetzt war, warfen sich in Deutschland mehrere junge Naturforscher mit großem Eifer auf die genauere Untersuchung der Keimesgeschichte. Der bedeutendste und erfolgreichste derselben war Carl Ernst Baer; sein berühmtes Hauptwerk erschien 1828 unter dem Titel: "Entwicklungsgeschichte der Tiere, Beobachtung und Reflexion". Nicht allein sind darin die Vorgänge der Keimbildung ausgezeichnet klar und vollständig beschrieben, sondern auch zahlreiche geistvolle Spekulationen daran geknüpft. Vorzugsweise ist zwar die Embryobildung des Menschen und der Wirbeltiere genau dargestellt, aber daneben auch die wesentlich verschiendene Ontogenie der niederen, wirbellosen Tiere berücksichtigt. Die zwei blattförmigen Schichten, welche in der runden Keimscheibe der höheren Wirbeltiere zuerst auftreten, zerfallen nach Baer zunächst in je zwei Blätter, und diese vier Keimblätter verwandeln sich in vier Röhren, die Fundamental-Organe: Hautschicht, Fleischschicht, Gefäßschicht und Schleimschicht. Durch sehr verwickelte Prozesse der Epigenesis entstehen daraus die späteren Organe, und zwar bei dem Menschen und bei allen Wirbeltieren in wesentlich gleicher Weise. Ganz anders verhalten sich darin die drei Hauptgruppen der wirbellosen Tiere, unter sich wieder sehr verschieden. Unter den vielen einzelnen Entdeckungen von Baer war eine der wichtigsten das menschliche Ei. Bis dahin hatte man beim Menschen, wie bei allen anderen Säugetieren, für Eier kleine Bläschen gehalten, die sich zahlreich im Eierstock finden. Erst Baer zeigte (1827), dass die wahren Eier in diesen Bläschen, den "Graaf'schen Follikeln" eingeschlossen und viel kleiner sind, Kügelchen von nur 0,2 mm Durchmesser, unter günstigen Verhältnissen eben als Pünktchen mit bloßem Auge zu sehen. Auch entdeckte er zuerst, dass aus dieser kleinen Eizelle der Säugtiere sich zunächst eine charakteristische Keimblase entwickelt, eine Hohlkugel mit flüssigem Inhalt, deren Wand die dünne Keimhaut bildet (Blastoderma).

Eizelle und Samenzelle

Zehn Jahre nachdem Baer der Embryologie durch seine Keimblätter-Lehre eine feste Grundlage gegeben, entstand für dieselbe eine neue wichtige Aufgabe durch die Begründung der Zellen-Theorie (1838). Wie verhalten sich das Ei der Tiere und die daraus entstehenden Keimblätter zu den Geweben und Zellen, welche den entwickelten Tierkörper zusammensetzen? Die richtige Beantwortung dieser inhaltschweren Frage gelang um die Mitte unseres Jahrhunderts zwei hervorragenden Schülern von Johannes Müller: Robert Remak in Berlin und Albert Kölliker in Würzburg. Sie wiesen nach, dass das Ei ursprünglich nichts Anderes als eine einfache Zelle ist, und dass auch die zahlreichen Keimkörner oder "Furchungskugeln", welche durch wiederholte Teilung daraus entstehen, einfache Zellen sind. Aus diesen "Furchungszellen" bauen sich zunächst die Keimblätter auf, und weiterhin durch Arbeitsteilung oder Differenzierung derselben die verschiedenen Organe. Kölliker erwarb sich dann fernerhin das große Verdienst, auch die schleimartige Samenflüssigkeit der männlichen Tiere als Anhäufung von mikroskopischen kleinen Zellen nachzuweisen. Die beweglichen stecknadelförmigen "Samentierchen" in derselben (Spermatozoa) sind nichts Anderes, als eigentümliche "Geißelzellen", wie ich (1866) zuerst an den Samenfäden der Schwämme nachgewiesen habe. Damit war für beide wichtige Zeugungsstoffe der Tiere, das männliche Sperma und das weibliche Ei, bewiesen, dass auch sie der Zellentheorie sich fügen; eine Entdeckung, deren hohe philosophische Bedeutung erst viel später, durch die genauere Erforschung der Befruchtungsvorgänge (1875), erkannt wurde. (Vergl. Vortrag 6-9 der "Anthropogenie".)

Gasträa-Theorie

Alle älteren Untersuchungen über Keimbildung betrafen den Menschen und die höheren Wirbeltiere, vor Allem aber den Vogelkeim: denn das Hühner-Ei ist das größte und bequemste Objekt dafür und steht jederzeit in beliebiger Menge zur Verfügung; man kann in der Brutmaschine sehr bequem (- wie bei der natürlichen Bebrütung durch die Henne -) das Ei ausbrüten und dabei stündlich die ganze Reihe der Umbildungen, von der einfachen Eizelle bis zum fertigen Vogelkörper, innerhalb drei Wochen beobachten. Auch Baer hatte nur für die verschiedenen Klassen der Wirbeltiere die Übereinstimmung in der charakteristischen Bildung der Keimblätter und in der Entstehung der einzelnen Organe aus derselben nachweisen können. Dagegen in den zahlreichen Klassen der Wirbellosen - also der großen Mehrzahl der Tiere - schien die Keimung in wesentlich verschiedener Weise abzulaufen, und den Meisten schienen wirkliche Keimblätter ganz zu fehlen. Erst um die Mitte des Jahrhunderts wurden solche auch bei einzelnen Wirbellosen nachgewiesen, so von Huxley 1849 bei den Medusen, und von Kölliker 1844 bei den Zephalopoden. Besonders wichtig wurde sodann die Entdeckung von Kowalewsky (1866), dass das niederste Wirbeltier, der Lanzelot oder Amphioxus, sich genau in derselben, und zwar in einer sehr ursprünglichen Weise entwickelt, wie ein wirbelloses, anscheinend ganz entferntes Manteltier, die Seescheide oder Ascidia. Auch bei verschiedenen Würmern, Sterntieren und Gliedertieren wies derselbe Beobachter eine ähnliche Bildung der Keimblätter nach. Ich selbst war damals mit der Entwicklungsgeschichte der Spongien, Korallen, Medusen und Siphonophoren beschäftigt und da ich auch bei diesen niedersten Klassen der vielzelligen Tiere überall dieselbe Bildung von zwei primären Keimblättern fand, gelangte ich zu der Überzeugung, dass dieser bedeutungsvolle Keimungsvorgang im ganzen Tierreiche derselbe ist.

Besonders wichtig erschien mir dabei der Umstand, dass bei den Schwammtieren und bei den niederen Nesseltieren (Polypen, Medusen) der Körper lange Zeit hindurch oder selbst zeitlebens bloß aus zwei einfachen Zellenschichten besteht; bei den Medusen hatte diese schon Huxley (1849) mit den beiden primären Keimblättern der Wirbeltiere verglichen. Gestützt auf diese Beobachtungen und Vergleichungen stellte ich dann 1872 in meiner "Philosophie der Kalkschwämme" die "Gasträa-Theorie" auf, deren wesentlichste Lehrsätze folgende sind;

I. Das ganze Tierreich zerfällt in zwei wesentlich verschiedene Hauptgruppen, die einzelligen Urtiere (Protozoa) und die vielzelligen Gewebetiere (Metazoa); der ganze Organismus der Protozoen (Rhizopoden und Infusorien) bleibt zeitlebens eine einfache Zelle (seltener ein lockerer Zellverein, ohne Gewebebildung, ein Coenobium); dagegen der Organismus der Metazoen ist nur im ersten Beginn einzellig, später aus vielen Zellen zusammengesetzt, welche Gewebe bilden.

II. Daher ist auch die Fortpflanzung und Entwicklung in beiden Hauptgruppen der Tiere wesentlich verschieden; die Protozoen vermehren sich gewöhnlich nur ungeschlechtlich, durch Teilung, Knospung oder Sporenbildung; sie besitzen noch keine echten Eier und ein Sperma. Die Metazoen dagegen sind in männliches und weibliches Geschlecht geschieden und vermehren sich vorwiegend geschlechtlich, mittels echter Eier, welche vom männlichen Samen befruchtet werden.

III. Daher entstehen auch nur bei den Metazoen wirkliche Keimblätter, und aus diesen Gewebe, während solche bei den Protozoen noch ganz fehlen.

IV. Bei allen Metazoen entstehen zunächst nur zwei primäre Keimblätter, und diese haben überall dieselbe wesentliche Bedeutung: aus dem äußeren Hautblatt entwickelt sich die äußere Hautdecke und das Nervensystem; aus dem inneren Darmblatt hingegen der Darmkanal und alle übrigen Organe.

V. Die Keimform, welche überall zunächst aus dem befruchteten Ei hervorgeht, und welche allein aus diesen beiden primären Keimblättern besteht, nannte ich Darmlarve oder Becherkeim (Gastrula); ihr becherförmiger, zweischichtiger Körper umschließt ursprünglich eine einfache verdauende Höhle, den Urdarm (Progaster oder Archenteron), und dessen einfache Öffnung ist der Urmund (Prostoma oder Blastoporus). Dies sind die ältesten Organe des vielzelligen Tierkörpers, und die beiden Zellenschichten seiner Wand, einfache Epithelien, sind seine ältesten Gewebe; alle anderen Organe und Gewebe sind erst später (sekundär) daraus hervorgegangen.

VI. Aus dieser Gleichartigkeit oder Homologie der Gastrula in sämtlichen Stämmen und Klassen der Gewebetiere zog ich nach dem biogenetischen Grundgesetze (Kap. V), den Schluss, dass alle Metazoen ursprünglich von einer gemeinsamen Stammform abstammen, Gasträa, und dass diese uralte (laurentische) längst ausgestorbene Stammform im Wesentlichen die Körperform und Zusammensetzung der heutigen, durch Vererbung erhaltenen Gastrula besaß.

VII. Dieser phylogenetische Schluss aus der Vergleichung der ontogenetischen Tatsachen wird auch dadurch gerechtfertigt, dass noch heute einzelne Gasträaden existieren (Orthonectiden, Zyemarien, Physemarien), sowie älteste Formen anderer Tierstämme, deren Organisation sich nur sehr wenig über diese letzeren erhebt (Olynthus unter den Spongien, Hydra, der gemeine Süßwasserpolyp, unter den Nesseltieren, Convoluta und andere Kryptocoelen, als einfache Strudelwürmer, unter den Plattentieren).

VIII. Bei der weiteren Entwicklung der verchiedenen Gewebetiere aus der Gastrula sind zwei verschiedene Hauptgruppen zu unterscheiden: Die älteren Niedertiere (Coelenteria oder Acoelomia) bilden noch keine Leibeshöhle und besitzen weder Blut noch After: das ist der Fall bei den Gasträaden, Spongien, Nesseltieren und Plattentieren. Die jüngeren Obertiere (Coelomaria oder Blitateria) hingegen besitzen eine echte Leibeshöhle und meistens auch Blut und After; dahin gehören die Wurmtiere (Vermalia) und die höheren typischen Tierstämme, welche sich aus diesen entwickelt haben, die Sterntiere, Weichtiere, Gliedertiere, Manteltiere und Wirbeltiere.

Das sind die wesentlichsten Lehrsätze meiner Gasträa-Theorie, deren ersten Entwurf (1872) ich später weiter ausgeführt und in einer Reihe von "Studien zur Gasträa-Theorie" (1873-1884) fester zu begründen mich bemüht habe. Obgleich dieselbe Anfangs fast allgemein abgelehnt und während eines Dezenniums von zahlreichen Autoritäten heftig bekämpft wurde, ist sie doch gegenwärtig (seit etwa 15 Jahren) von allen sachkundigen Fachgenossen angenommen. Sehen wir nun, welche weitreichenden Schlüsse sich aus der Gasträa-Theorie und der Keimesgeschichte überhaupt für unsere Hauptfrage, die "Stellung des Menschen in der Natur", ergeben.

Eizelle und Samenzelle des Menschen

Das Ei des Menschen ist, wie das aller anderen Gewebetiere, eine einfache Zelle, und diese kleine kugelige Eizelle (von nur 0,2 mm Durchmesser) hat genau dieselbe charakteristische Beschaffenheit, wie diejenige aller anderen, lebendig gebärenden Säugetiere. Die kleine Plasmakugel ist nämlich von einer dicken, durchsichtigen, fein radial gestreiften Eihülle umgeben (Zona pellucida); auch das kleine kugelige Keimbläschen (der Zellenkern), das vom Plasma (dem Zellenleib) eingeschlossen ist, zeigt dieselbe Größe und Beschaffenheit, wie bei den übrigen Mammalien. Dasselbe gilt von den beweglichen Spermien oder Samenfäden des Mannes, den winzig kleinen, fadenförmigen Geißelzellen, welche sich zu Millionen in jedem Tröpfchen des schleimartigen männlichen Samens (Sperma) finden; sie wurden früher wegen ihrer lebhaften Bewegung für besondere "Samentierchen" (Spermatozoa) gehalten. Auch die Entstehung dieser beiden wichtigen Geschlechts-Zellen in der Geschlechts-Drüse (Gonade) ist dieselbe beim Menschen und den übrigen Säugetieren; sowohl die Eier im Eierstock des Weibes (Ovarium), als die Samenfäden im Hoden oder Samenstock des Mannes (Spermarium) entstehen überall auf dieselbe Weise, aus Zellen, welche ursprünglich vom Cölom-Epithel abstammen, von der Zellenschicht, welche die Leibeshöhle auskleidet.

Empfängnis oder Befruchtung

(Konzeption, Foekundation). Der wichtigste Augenblick im Leben eines jeden Menschen, wie jedes anderen Gewebtieres, ist der Moment, in welchem seine individuelle Existenz beginnt; es ist der Augenblick, in welchem die Geschlechtszellen der beiden Eltern zusammentreffen und zur Bildung einer einzigen einfachen Zelle verschmelzen. Diese neue Zelle, die "befruchtete Eizelle", ist die individuelle Stammzelle (Cytula), aus deren wiederholter Teilung die Zellen der Keimblätter und die Gastrula hervorgehen. Erst mit der Bildung dieser Cytula, also mit dem Vorgange der Befruchtung selbst, beginnt die Existenz der Person, des selbstständigen Einzelwesens. Diese ontogenetische Tatsache ist überaus wichtig, denn aus ihr allein schon lassen sich die weitestreichenden Schlüsse ableiten. Zunächst folgt daraus die klare Erkenntnis, dass der Mensch, gleich allen anderen Gewebtieren, alle persönlichen Eigenschaften, körperliche und geistige, von seinen beiden Eltern dur Vererbung erhalten hat; und weiterhin die inhaltschwere Überzeugung, dass die neue, so entstandene Person unmöglich Anspruch haben kann, "unsterblich" zu sein.

Die feineren Vorgänge bei der Empfängnis und der geschlechtlichen Zeugung überhaupt sind daher von allerhöchster Wichtigkeit; sie sind uns in ihren Einzelheiten erst seit 1875 bekannt geworden, seit Oscar Hertwig, mein damaliger Schüler und Reisebegleiter, in Ajaccio auf Corsica seine bahnbrechenden Untersuchungen über die Befruchtung der Tier-Eier an den Seeigeln begann. Die schöne Hauptstadt der Rosmarin-Insel, in welcher der große Napoleon 1769 geboren wurde, war auch der Ort, an welchem zuerst die Geheimnisse der tierischen Empfängnis in den wichtigen Einzelheiten genau beobachtet wurden. Hertwig fand, dass das einzige wesentliche Ereignis bei der Befruchtung die Verschmelzung der beiden Geschlechtszellen und ihrer Kerne ist. Von den Millionen männlicher Geißelzellen, welche die weibliche Eizelle umschwärmen, dringt nur eine einzige in deren Plasmakörper ein. Die Kerne beider Zellen, der Spermakern und der Eikern, werden durch eine geheimnisvolle Kraft, die wir als eine chemische, dem Geruch verwandte Sinnestätigkeit deuten, zu einander hingezogen, nähern sich und verschmelzen miteinander. So entsteht durch die sinnliche Empfindung der beiden Geschlechts-Kerne, in Folge von "erotischem Chemotropismus", eine neue Zelle, welche die erblichen Eigenschaften beider Eltern in sich vereinigt; der Sperma-Kern überträgt die väterlichen, der Eikern die mütterlichen Charakterzüge auf die Stammzelle, aus der die nun das Kind entwickelt; das gilt ebenso von den körperlichen, wie von den sogenannten geistigen Eigenschaften.

Keimanlage des Menschen

Die Bildung der Keimblätter durch wiederholte Teilung der Stammzelle, die Entstehung der Gastrula und der weiterhin aus ihr hervorgehenden Keimformen geschieht beim Menschen genau so wie bei den übrigen höheren Säugetieren, unter denselben eigentümlichen Besonderheiten, welche diese Gruppe vor den niederen Wirbeltieren auszeichnen. In früheren Perioden der Keimesgeschichte sind diese Spezial-Charaktere der Plazentalien noch nicht ausgeprägt. Die bedeutungsvolle Keimform der Chordula oder "Chordalarve", die zunächst aus der Gastrula entsteht, zeigt bei allen Vertebraten im Wesentlichen die gleiche Bildung: ein einfacher gerader Axenstab, die Chorda, geht der Länge nach durch die Hauptaxe des länglich-runden, schildförmigen Körpers (des "Keimschildes"); oberhalb der Chorda entwickelt sich aus dem äußeren Keimblatt das Rückenmark, unterhalb das Darmrohr. Dann erst erscheinen zu beiden Seiten, rechts und links vom Axenstab, die Ketten der "Urwirbel", die Anlagen der Muskelplatten, mit denen die Gliederung des Wirbeltier-Körpers beginnt. Vorn am Darm treten beiderseits die Kiemenspalten auf, die Öffnungen des Schlundes, durch welche ursprünglich bei unsern Firsch-Ahnen das vom Munde aufgenommene Atemwasser an den Seiten des Kopfes nach außen trat. In Folge zäher Vererbung treten diese Kiemenspalten, die nur bei den fischartigen, im Wasser lebenden Vorfahren von Bedeutung waren, auch heute noch beim Menschen wie bei allen übrigen Vertebraten auf; sie verschwinden später. Selbst nachdem schon am Kopfe die fünf Hirnblasen, seitlich die Anfänge der Augen und Ohren, sichtbar geworden, nachdem am Rumpfe die Anlagen der beiden Beinpaare in Form rundlicher platter Knospen aus dem fischartigen Menschenkeim hervorgesprosst sind, ist dessen Bildung derjenigen anderer Wirbeltiere noch so ähnlich, dass man sie nicht unterscheiden kann.

Ähnlichkeit der Wirbeltier-Keime

Die wesentliche Übereinstimmung in der äußeren Körperform und dem inneren Bau, welche die Embryonen des Menschen und der übrigen Vertebraten in dieser früheren Bildungs-Periode zeigen, ist eine embryologische Tatsache ersten Ranges; aus ihr lassen sich nach dem biogenetischen Grundgesetze die wichtigsten Schlüsse ableiten. Denn es gibt dafür keine andere Erklärung, als die Annahme einer Vererbung von einer gemeinsamen Stammform. Wenn wir sehen, dass in einem bestimmten Stadium die Keime des Menschen und des Affen, des Hundes und des Kaninchens, des Schweines und des Schafes zwar als höhere Wirbeltiere erkennbar, aber sonst nicht zu unterscheiden sind, so kann diese Tatsache eben nur durch gemeinsame Abstammung erklärt werden. Und diese Erklärung erscheint um so sicherer, wenn wir die später eintretende Sonderung oder Divergenz jener Keimformen verfolgen. Je näher sich zwei Tierformen in der gesamten Körperbildung und also auch im natürlichen System stehen, desto länger bleiben sich auch ihre Embryonen ähnlich, und desto enger hängen sie auch im Stammbaum der betreffenden Gruppe zusammen, desto näher sind sie "stammverwandt". Daher erscheinen die Embryonen des Menschen und der Menschenaffen auch später noch höchst ähnlich, auf einer hoch entwickelten Bildungsstufe, auf welcher iher Unterschiede von den Embryonen anderer Säugetiere sofort erkennbar sind. Ich habe diese bedeutungsvolle Tatsache sowohl in der natürlichen Schöpfungsgeschichte (1898, Taf. 2 und 3) als in der Anthropogenie (1891, Taf. 6-9) durch Zusammenstellung entsprechender Bildungsstufen von einer Anzahl verschiedener Wirbeltiere illustriert.

Die Keimhüllen des Menschen

Die hohe phylogenetische Bedeutung der eben besprochenen Ähnlichkeit tritt nicht nur bei Vergleichung der Vertebraten-Embryonen selbst hervor, sondern auch bei derjenigen ihrer Keimhüllen. Es zeichnen sich nämlich alle Wirbeltiere der drei höheren Klassen, Reptilien, Vögel und Säugetiere, vor den niederen Klassen durch die Bildung eigentümlicher Embryonal-Hüllen aus, des Amnion (Wasserhaut) und des Serolemma (seröse Haut). In diesem mit Wasser gefüllten Säcken liegt der Embryo eingeschlossen und ist dadurch gegen Druck und Stoß geschützt. Diese zweckmäßige Schutzeinrichtung ist wahrscheinlich erst während der permischen Periode entstanden, als die ältesten Reptilien (Proreptilien) die gemeinsamen Stammformen der Amniontiere oder Amnioten, vollständig an das Landleben sich anpassten. Bei ihren direkten Vorfahren, den Amphibien, fehlt diese Hüllenbildung noch ebenso wie bei den Fischen; sie war bei diesen Wasserbewohnern überflüssig. Mit der Erwerbung dieser Schutzhüllen stehen bei allen Amnioten noch zwei andere Veränderungen in engem Zusammenhang, erstens der gänzliche Verlust der Kiemen (während die Kiemenbögen und die Spalten dazwischen als "rudimentäre Organe" sich forterben); und zweitens die Bildung der Allantois. Dieser blasenförmige, mit Wasser gefüllte Sack wächst bei dem Embryo aller Amnioten aus dem Enddarm hervor und ist nichts Anderes als die vergrößerte Harnblase der Amphibioen-Ahnen. Aus ihrem innersten und untersten Teile bildet sich später die bleibende Harnblase der Amnioten, während der größere äußere Teil rückgebildet wird. Gewöhnlich spielt dieser eine Zeit lang eine wichtige Rolle als Atmungs-Organ des Embryo, indem sich mächtige Blutgefäße auf seiner Wand ausbreiten. Sowohl die Entstehen der Keimhüllen (Amnion und Serolemma), als auch der Allantois, geschieht beim Menschen genau ebenso, wie bei allen anderen Amnioten und durch dieselben verwickelten Prozesse des Wachstums; der Mensch ist ein eches Amniontier.

Die Plazenta des Menschen

Die Ernährung des menschlichen Keimens im Mutterleibe geschieht bekanntlich durch ein eigentümliches, äußerst blutreiches Organ, die sogenannte Plazenta, der Aderkuchen oder Blutgefäßkuchen. Dieses wichtige Ernährungs-Organ bildet eine schwammige kreisrunde Scheibe von 16-20 cm Durchmesser, 3-4 cm Dicke und 1-2 Pfund Gewicht; sie wird nach erfolgter Geburt des Kindes abgelöst und als sogenannte "Nachgeburt" ausgestoßen. Die Plazenta besteht aus zwei wesentlich verschiedenen Teilen, dem Fruchtkuchen oder der kindlichen Plazenta (P. foetalis) und dem Mutterkuchen oder dem mütterlichen Gefäßkuchen (P. uterina). Dieser letztere enthält reichentwickelte Bluträume, welche ihre Blut durch die Gefäße der Gebärmutter zugeführt erhalten. Der Fruchtkuchen dagegen wird aus zahlreichen verästelten Zotten gebildet, welche von der Außenfläche der kindlichen Allantois hervorwachsen und ihr Blut von deren Nabelgefäßen beziehen. Die hohlen, blutgefüllten Zotten des Fruchtkuchens wachsen in die Bluträume des Mutterkuchens hinein, und die zarte Scheidewand zwischen beiden wird so sehr verdünnt, dass durch sie hindurch ein unmittelbarer Stoff-Austausch der ernährenden Blutflüssigkeit erfolgen kann (durch Osmose).

Bei den älteren und niederen Gruppen der Zottentiere (Placentalia) ist die ganze Oberfläche der äußeren Fruchthülle (Chorion) mit zahlreichen kurzen Zotten bedeckt; diese "Chorionzotten" wachsen in grubenförmige Vertiefungen der Schleimhaut der Gebärmutter hinein und lösen sich bei der Geburt leicht von dieser ab. Das ist der Fall bei den meisten Huftieren (z. B. Schwein, Kamel, Pferd), bei den meisten Waltieren und Halbaffen; man hat diese Malloplazentalien als Indeciduata bezeichnet (mit diffuser Zottenhaut, Malloplacenta). Auch bei den übrigen Zottentieren und beim Menschen ist dieselbe Bildung anfänglich vorhanden. Bald aber verändert sie sich, indem die Zotten auf einem Teile des Chorion rückgebildet werden; auf dem anderen Teile entwickeln sie sich dafür um so stärker und verwachsen sehr fest mit der Schleimhaut des Uterus. In Folge dieser innigen Verwachsung löst sich bei der Geburt ein Teil der letzeren ab und wird unter Blutverlust entfernt. Diese hinfällige Haut oder Siebhaut (Decidua) ist eine charakteristische Bildung der höheren Zottentiere, die man deshalb als Deciduata zusammengefasst hat; dahin gehören namentlich die Raubtiere, Nagetiere, Affen und Menschen; bei den Raubtieren und einzelnen Huftieren (z. B. Elephanten) ist die Plazenta gürtelförmig (Zonoplazentalia), dagegen bei den Nagetieren, bei den Insektenfressern (Maulwurf, Igel), bei den Affen und Menschen scheibenförmig (Discoplazentalia).

Noch vor zehn Jahren glaubten die meisten Embryologen, dass sich der Mensch durch gewisse Eigentümlichkeiten in der Bildung seiner Plazenta auszeichne, namentlich durch den Besitz der sogenannten Decidua reflexa, sowie durch die besondere Bildung des Nabelstranges, welcher diese mit dem Keime verbindet; diese eigentümlichen Embryonal-Organe sollten den übrigen Zottentieren, und insbesondere den Affen fehlen. Der wichtige Nabelstrang oder die Nabelschnur (Funiculus umbilicalis) ist ein zylindrischer, weicher Strang von 40-60 cm Länge und von der Dicke des kleinen Fingers (11-13 mm). Er stellt die Verbindung zwischen dem Embryo und dem Mutterkuchen her, indem er die ernährenden Blutgefäße aus dem Körper des Keimes in den Fruchtkuchen leitet; außerdem enthält er auch den Stiel der Allantois und des Dottersackes. Während nun der Dottersack bei menschlichen Früchten aus der dritten Woche der Schwangerschaft noch die größere Hälfte der Keimblase darstellt, wird er später bald rückgebildet, so dass man ihn früher bei reifen Früchten ganz vermisste; doch ist er als Rudiment noch immer vorhanden und auch nach der Geburt noch als winziges Nabelbläschen (Vesicula umbilicalis) nachzuweisen. Auch die blasenförmige Anlage der Allantois selbst wird beim Menschen frühzeitig rückgebildet, was mit einer etwas abweichenden Bildung des Amnion zusammenhängt, der Entstehung des sogenannten "Bauchstiels". auf die komplizierten anatomischen und embryologischen Verhältnisse dieser Bildungen, die ich in meiner Anthropogenie (23. Vortrag) geschildert und illustriert habe, können wir hier nicht eingehen.

Die Gegner der Entwicklungslehre wiesen noch vor zehn Jahren auf diese "ganz besonderen Eigentümlichkeiten" der Fruchtbildung beim Menschen hin, durch die er sich von allen anderen Säugetieren unterscheiden sollte. Da wies 1890 Emil Selenka nach, dass dieselben Eigentümlichkeiten sich auch bei den Menschenaffen finden, insbesondere beim Orang (Satyrus), während sie den niederen Affen fehlen. Also bestätigte sich auch hier wieder der Pithecometra-Satz von Huxley: "Die Unterschiede zwischen den Menschen und den Menschenaffen sind geringer als diejenigen zwischen den letzteren und den niederen Affen." Die angeblichen "Beweise gegen die nahe Blutsverwandtschaft des Menschen und der Affen" ergaben sich bei genauer Untersuchung der tatsächlichen Verhältnisse auch hier wieder umgekehrt als wichtige Gründe zu Gunsten derselben.

Jeder Naturforscher, der mit offenen Augen in diese dunkeln, aber höchst interessanten Labyrinth-Gänge unserer Keimesgeschichte tiefer eindringt, und der im Stande ist, sie kritisch mit derjenigen der übrigen Säugetiere zu vergleichen, wird in denselben die bedeutungsvollsten Lichtträger für das Verständnis unserer Stammesgeschichte finden. Denn die verschiedenen Stufen der Keimbildung werfen als palingenetische Vererbungs-Phänomene ein helles Licht auf die entsprechenden Stufen unserer Ahnen-Reihe, gemäß dem biogenetischen Grundgesetze. Aber auch die zänogenetischen Anpassungs-Erscheinungen, die Bildung der vergänglichen Embryonal-Organe - der charakteristischen Keimhüllen, und vor allem der Plazenta - geben uns ganz bestimmte Aufschlüsse über unsere nahe Stammverwandtschaft mit den Primaten.