1494: Daß Narrenschyff ad Narragoniam Oder:
Europäische Welt- und Gottessicht des ausgehenden Mittelalters in katholisch-moralisierenden Mahn-Versen eines angepassten - Narren:
Sebastian Brant (1457-1521)
Erstdruck 1494 bei J. Bergmann von Olpe in Basel, das erfolgreichste deutschsprachige Buch vor der Reformation.
Die Wahrheit wird nie werthlos
sein,
Auch wenn sich Narr'n den Hals abschrein.
Seb. Brant.
Hie findt man der ganzen welten louf.
dis buochlin wurt guot zuo dem kouf;
zuo schimpf und ernst und allem spil
findt man hie narren, wie man wil;
ein wiser findt, das in erfreit;
ein narr gern von sin bruodern seit.
hie findt man doren, arm und rich,
schlim schlem; ein jeder findt sin glich.
Eine Vorrede zum Narrenschiff
Alle Land' sind jetzt voll heiliger Schrift
Und was der Seelen Heil betrifft:
Voll Bibeln, heiliger Väter Lehr'
Und andrer ähnlicher Bücher mehr
In dem Maß, dass man sich wundern mag,
Weil Niemand bessert sich danach.
Als gäb' man auf Schrift und Lehre nicht Acht,
So lebt die Welt in finstrer Nacht
Und thut in Sünden blind verharren;
All' Gassen und Straßen sind voller Narren,
Die treiben Thorheit an jedem Ort
Und wollen es doch nicht haben Wort.
Drum hab' ich gedacht zu dieser Frist,
Wie ich der Narren Schiff ausrüst':
Galeere, Füst, Krack, Naue, Bark,
Kiel, Weidling, Bagger, Rennschiff stark,
Sammt Schlitten, Karre, Schiebkarr, Wagen:
Es könnt' ein Schiff nicht alle tragen,
Die jetzt sind in der Narren Zahl;
Ein Theil sucht Fuhrwerk überall,
Der stiebt umher gleichwie die Immen,
Versucht es zu dem Schiff zu schwimmen:
Ein Jeder will der Vormann sein.
Viel Narren und Thoren kommen drein,
Deren Bildniß ich hier hab gemacht.
Wär' Jemand, der die Schrift in Acht
Nicht hätt' gehabt, oder nicht könnt' lesen,
Der sieht im Bilde wohl sein Wesen
Und schaut in diesem, wer er ist,
Wem gleich er sei, was ihm gebrist.
Den Narrenspiegel ich dies nenne,
In dem ein jeder Narr sich kenne;
Wer jeder sei, ich dem beschied,
Der in den Narrenspiegel sieht.
Wer sich recht spiegelt, der lernt wohl,
dass er nicht klug sich achten soll,
Nichts von sich halten, was nicht ist,
Denn Niemand lebt, dem Nichts gebrist,
Oder der sagen darf fürwahr,
dass er sei weis' und nicht ein Narr;
Denn wer sich für einen Narren hält,
Der wird bald klug auf dieser Welt,
Aber wer immer will witzig sein,
Ist fatuus, der Gevatter mein,
Der sich zu mir recht übel stellt,
Wenn er dies Büchlein nicht behält.
Hier ist die wahre Narrenweide;
Ein jeder findet, was ihn kleide,
Und auch wozu er sei geboren,
Und warum so viel sind der Thoren;
Welch' Ehr' und Freude Weisheit hat,
Wie sorgenvoll der Narren Statt.
Hier findet man der Welten Lauf,
Drum ist dies Büchlein gut zum Kauf.
Zu Scherz und Ernst und allem Spiel
Trifft man hier Narren, wie man will;
Ein Weiser sieht, was ihm behagt,
Ein Narr gern von den Brüdern sagt.
Hier hat man Thoren, arm und reich,
Schlim schlem, für jeden seines Gleich.
Die Kappe schneid' ich manchem Mann,
Der sich deß doch nicht nimmet an;
Wenn ich beim Namen ihn genannt,
Spräch' er, ich hätt' ihn nicht erkannt.
Doch hoff' ich, dass die Weisen alle
Drin finden werden, was gefalle,
Und sagen dann mit Wissenheit,
dass ich gab recht und gut Bescheid.
Und da ich das von ihnen weiß,
Geb' ich um Narren nicht 'nen Schweiß;
Sie müssen hören Wahrheit Alle,
Ob ihnen es auch nicht gefalle.
Wiewohl Terentius saget, dass
Wer Wahrheit spricht, erlanget Hass;
Und wer sich lange schneuzen thut,
Der wirft zuletzt von sich das Blut;
Und wenn man coleram anregt,
So wird die Galle oft bewegt.
Darum beacht' ich, was man spricht
Mit Worten hinterm Rücken, nicht,
Noch wenn man schilt die gute Lehr'.
Ich hab derselben Narren mehr,
Denen Weisheit nicht gefället wohl,
Dies Büchlein ist derselben voll.
Doch bitt' ich jeden, dass er mehr
Ansehen woll' Vernunft und Ehr'
Als mich und dies mein schwach Gedicht.
Ich hab' fürwahr ohn' Arbeit nicht
So viele Narrn zu Hauf gebracht:
Gar oft hab' ich gewacht die Nacht,
Dann schliefen, deren ich gedacht
Oder saßen vielleicht bei Spiel und Wein,
Wo sie gedachten wenig mein;
Ein Theil in Schlitten fuhr umher
Im Schnee, wo sie gefroren sehr;
Ein Theil trieb Kindereien just;
Die andern schätzten den Verlust,
Der sie desselben Tags betroffen,
Und welchen Gewinn sie möchten hoffen,
Und wie sie morgen wollten lügen
Mit Geschwätz, verkaufen und Manchen trügen.
Um solchen nachzudenken allen,
Wie mir Weis, Wort und Werk gefallen,
Hab' ich, kein Wunder ist's, gar oft
Gewacht, wann Niemand es gehofft,
Damit man tadle nicht mein Werk. –
In diesen Spiegel sollen schauen
Die Menschen alle, Männer, Frauen;
Die einen mit den andern ich mein':
Die Männer sind nicht Narrn allein,
Man findet auch Närrinnen viel,
Denen ich Kopftuch, Schleier und Wil
Mit Narrenkappen hier bedecke.
Auch Mädchen haben Narrenröcke;
Sie wollen jetzt tragen offenbar
Was sonst für Männer schändlich war:
Spitze Schuh' und ausgeschnittne Röcke,
dass man den Milchmarkt nicht bedecke;
Sie wickeln viel Lappen in die Zöpfe
Und machen Hörner auf die Köpfe,
Wie sie sonst trägt ein mächt'ger Stier;
Sie gehn einher wie die wilden Thier'.
Doch sollen züchtige Frauen mir schenken
Verzeihung, denn an sie gedenken
In keiner argen Art ich will;
Den bösen ist doch nichts zu viel,
Von denen kann man hier gewahren
Ein Theil im Narrenschiffe fahren. –
Darum mit Fleiß sich jeder suche,
Und findet er sich nicht im Buche,
So mag er sprechen, dass er sei
Der Kappe und des Kolbens frei.
Wer meint, dass ich ihn nicht berühre,
Geh' zu den Weisen vor die Thüre,
Gedulde sich, sei guter Dinge,
Bis ich von Frankfurt 'ne Kapp' ihm bringe.
Im Narrentanz voran ich gehe
Da ich viel Bücher um mich sehe,
Die ich nicht lese und verstehe.
Dass ich vornan sitz' in dem Schiff,
Das hat fürwahr besondern Griff;
Ohn Ursach ist das nicht gekommen:
Auf Bücher stellte ich mein Frommen,
Von Büchern hab' ich großen Hort,
Versteh' ich gleich drin wenig Wort',
So halt' ich sie doch hoch in Ehren:
Es darf sie keine Flieg' versehren.
Wo man von Künsten reden thut,
Sprech' ich: »Daheim hab' ich sie gut!«
Denn es genügt schon meinem Sinn,
Wenn ich umringt von Büchern bin.
Von Ptolemäus wird erzählt,
Er hatte die Bücher der ganzen Welt
Und hielt das für den größten Schatz,
Doch manches füllte nur den Platz,
Er zog daraus sich keine Lehr'.
Ich hab' viel Bücher gleich wie er
Und les' doch herzlich wenig drin.
Zerbrechen sollt' ich mir den Sinn,
Und mir mit Lernen machen Last?
Wer viel studirt, wird ein Phantast!
Ich gleiche sonst doch einem Herrn
Und lohne einem, der für mich lern'!
Wenn ich auch habe groben Sinn
Und einmal bei Gelehrten bin,
Kann ich doch sprechen: »Ita! – So!«
Des deutschen Ordens bin ich froh,
Dieweil ich wenig weiß Latein.
Ich weiß, dass vinum heißet »Wein,«
Gucklus, ein Gauch, stultus, ein Thor,
Und dass ich heiß': »domine doctor!«
Die Ohren sind verborgen mir,
Sonst säh' man bald des Müllers Thier.
Wer auf Gewalt im Rath sich stützt
Und dem Wind folgt, der grade nützt,
Der stößt die Sau zum Kessel itzt.
Viel sind, die trachten früh und spat,
Wie sie bald kommen in den Rath,
Die doch vom Rechte nichts verstehn
Und blindlings an den Wänden gehn.
Den guten Chusi man begrub,
Zum Rath man Ahitophel hub.
Wer richten soll und rathen schlecht,
Der rath' und stimm' allein nach Recht,
Auf dass er nicht ein Zaunpfahl bleibe,
Der nur die Sau zum Kessel treibe.
Fürwahr, sag' ich, es hat nicht Fug:
Es ist mit Rathen nicht genug,
Womit verkürzet wird das Rechte;
Das Bessere billig man bedächte
Und forschte nach, was man nicht weiß.
Denn wird verdreht des Rechts Geleis,
So stehst du wehrlos da vor Gott,
Und glaube mir, das ist kein Spott!
Wenn Jeder wüßt', was folgt darnach,
Wär' ihm zu urtheilen nicht zu jach;
Denn mit dem Maß wird Jedermann
Gemessen, wie er hat gethan.
Wie du mich richtest und ich dich,
So wird Gott richten dich und mich.
Ein Jeder wart' in seinem Grab
Der Urtheil', die er selbst einst gab,
Und wer damit beschweret viel,
Dem ist gesetzet auch sein Ziel,
Wo er ein kräftig Urtheil find':
Es fällt der Stein ihm auf den Grind!
Wer hier nicht hält Gerechtigkeit,
Dem droht sie dort mit Härtigkeit:
Denn Vorsicht nicht, Gewalt noch Rath
Noch Witz vor Gott Bestehen hat.
Wer setzt die Lust in zeitlich Gut
Und suchet darin Freud' und Muth,
Der ist ein Narr mit Leib und Blut.
Der ist ein Narr, wer sammelt Gut
Und nicht dabei hat Fried noch Muth
Und weiß nicht, wem er solches spart,
Wenn er zum finstern Keller fahrt.
Ein größrer Narr ist, wer verthut
Mit Ueppigkeit und leichtem Muth
Das, was ihm Gott gab als das Seine,
Darin er Schaffner ist alleine,
Wovon er Rechnung geben muss,
Die mehr einst gilt als Hand und Fuß.
Ein Narr läßt seinen Freunden viel,
Die Seel' er nicht versorgen will;
Er bangt, ihm mangle zeitlich Gut,
Drum sorgt fürs Ewige nicht sein Muth.
O armer Narr, wie bist du blind:
Die Räude scheust du, – findst den Grind! –
Ein Andrer sündigem Gut nachrennt,
Wofür er in der Hölle brennt:
Das achten seine Erben klein,
Sie helfen nicht mit einem Stein,
Sie spendeten kaum ein einzig Pfund,
Und läg' er tief im Höllengrund.
Gib, weil du lebst, zu Gottes Ehr,
Stirbst du, so wird ein Andrer Herr.
Ein Weiser hat noch nie begehrt
Nach Reichthum hier auf dieser Erd',
Wohl aber, dass er selbst sich kenne:
Den Weisen mehr als reich du nenne!
Zuletzt geschah's, dass Crassus trank
Das Gold, wonach ihn dürstet' lang;
Doch Krates warf sein Geld ins Meer,
Das hindert' ihn beim Lernen sehr.
Wer sammelt, was vergänglich ist,
Vergräbt die Seel' in Koth und Mist.
Wer neue Moden macht durchs Land,
Der gibt viel Aergerniß und Schand'
Und hält den Narren bei der Hand.
Was sonst wol war ein schändlich Ding,
Das schätzt man schlicht jetzt und gering:
Sonst trug mit Ehren man den Bart,
Jetzt lernen Männer Weiberart
Und schmieren sich mit Affenschmalz
Und lassen am entblößten Hals
Viel Ring' und goldne Ketten sehn,
Als sollten sie vor Lienhart stehn.
Mit Schwefel und Harz pufft man die Haar'
Und schlägt darein dann Eierklar,
dass es im Schüsselkorb' werd' kraus.
Der hängt den Kopf zum Fenster 'raus,
Der bleicht das Haar mit Sonn' und Feuer,
Darunter sind die Läus nicht theuer.
Die können es jetzt wol aushalten,
Denn alle Kleider sind voll Falten:
So Rock wie Mantel, Hemd wie Schuh,
Pantoffel, Stiefel, Hos' dazu,
Wildschur und die Verbrämung d'ran:
Der Juden Sitt' man sehen kann.
Vor einer Mod' die andre weicht,
Das zeigt, wie unser Sinn ist leicht
Und wandelbar zu aller Schande,
Und wieviel Neuerung ist im Lande.
Der Rock, – wie kurz und wie beschnitten! –
Reicht kaum bis zu des Leibes Mitten!
Pfui Schande deutscher Nation,
dass man entblößt, der Zucht zum Hohn,
Und zeigt, was die Natur verhehlt!
Drum ist es leider schlecht bestellt
Und hat wol bald noch schlimmern Stand:
Doch weh, wer Ursach' gibt zur Schand'!
Dem wird, der solche Schande leidet,
Ein unverhoffter Lohn bereitet.
Schon steh' ich an der Grube dicht,
Des Schinders Messer mich schon sticht,
Doch – meine Narrheit lass' ich nicht!
»Die Narrheit läßt mich nicht sein greis;
Ich bin hochalt, doch ganz unweis,
Ein böses Kind von hundert Lenzen
Läut' ich die Schell' der Jugend Tänzen.
Den Kindern geb' ich Regiment
Und mach' mir selbst ein Testament,
Das wird nach meinem Tod mir leid.
Mit bösem Beispiel und Bescheid
Treib' ich, was meine Jugend lernte;
dass meine Bosheit Ehre ernte
Wünsch' ich und rühm' mich meiner Schande,
Weil ich betrogen viele Lande
Und hab' gemacht viel Wasser trübe;
In Bosheit ich mich allzeit übe
Und ist mir leid, dass ich's nicht mag
Vollbringen mehr die alten Tag';
Doch was ich jetzt nicht mehr kann treiben,
Soll meinem Heinz empfohlen bleiben;
Mein Sohn wird thun, was ich gespart,
Er schlägt mir wol nach in die Art;
Es stehet ihm recht stattlich an
Und lebt er, wird aus ihm ein Mann.
Er sei mein Sohn, muss man einst sagen;
Dem Schelme wird er Rechnung tragen
Und wird in keinem Ding sich sparen
Und in dem Narrenschiff auch fahren!
Es soll mich noch im Grab ergetzen,
dass er mich wird so ganz ersetzen!« –
Nach solchem jetzt das Alter trachtet,
Die Weisheit es gar nicht mehr achtet.
Susannens Richter zeigten wol,
Was man dem Alter trauen soll:
Ein alter Narr der Seel' nicht schont;
Der thut schwer recht, wer's nicht gewohnt.
Wer seinen Kindern übersieht
Muthwillige Lust und sie nicht zieht,
Dem selbst zuletzt viel Leid geschieht.
Der ist vor Narrheit wol ganz blind,
Wer es nicht achtet, dass sein Kind
In guter Zucht man unterweist,
Und sich insonderheit befleißt,
dass er sie irrgehn läßt ohn' Strafe,
Wie ohne Hirten gehn die Schafe;
Der ihrem Uebermuth nicht wehrt
Und sie zu strafen nicht begehrt,
Dieweil er meint, sie sei'n zu jung,
Es hafte nicht Erinnerung
In ihrem Ohr, nicht Straf' noch Lehre. –
O großer Thor, merk' auf und höre:
Der Jugend ist nichts zu geringe,
Sie merket wol auf alle Dinge.
Der neue Topf hält vom Gericht
Geschmack und Duft und läßt ihn nicht.
Ein junger Zweig sich dreht und schmiegt,
Doch wenn man einen alten biegt,
So knackt und bricht er bald entzwei. –
Gerechte Straf' bringt kein Geschrei,
Der Ruthe Zucht vertreibt ohn' Schmerzen
Die Narrheit aus des Kindes Herzen.
Ohn' Strafe selten man belehrt,
Das Uebel wächst, dem man nicht wehrt.
Eli war brav und lebte rein,
Doch straft' er nicht die Kinder sein,
Drum straft' ihn Gott, dass er mit Klage
Sammt ihnen starb an einem Tage.
Weil man der Kinder Zucht nicht will,
Drum trifft man Catilinen viel.
Es stände besser um manches Kind,
Gäb' man ihm Lehrer wohlgesinnt,
Wie Phönix, den einst aufgesucht
Peleus zu des Achilles Zucht.
Philipp durchsuchte Griechenland,
Bis er dem Sohn den Meister fand:
Zum größten König in der Welt
Ward Aristoteles gesellt,
Der hörte Plato manches Jahr,
Dem Sokrates einst Lehrer war.
Jedoch die Väter unsrer Zeit,
Die gehen blind vor Geiz so weit
Und nehmen solchen Lehrer schon,
Der ihnen zum Narren macht den Sohn
Und schickt ihn wieder heim nach Haus
Halb närrischer als er kam daraus.
Drum ist zu wundern nichts daran,
Wenn närrische Kinder ein Narr gewann.
Der alte Krates sprach, wenn ihm
Es zuständ, wollt' mit lauter Stimm'
Er schreien: »Narren unbedacht!
Um Gut zu sammeln habt Ihr Acht
Und achtet nicht auf Euer Kind,
Für das Ihr doch auf Reichthum sinnt.
Aber Euch wird zuletzt der Lohn,
Wenn in den Rath soll gehn Euer Sohn
Und trachten Zucht und Ehre nach,
Dann ist zu solchem Ding' ihm jach,
Das man von Jugend ihn gelehrt;
Dann wird des Vaters Leid gemehrt,
Der sich verzehrt, weil er ohn' Nutzen
Erzogen einen Winterbutzen.«
Die einen gehn zu der Buben Rott'
Und lästern dort und schmähen Gott;
Die andern hängen an sich Säcke,
Die dritten verspielen Ross' und Röcke;
Die vierten prassen Tag und Nacht.
Das wird aus solchen Kindern gemacht,
Die man nicht in der Jugend zieht
Und mit einem Meister wohl versieht.
Denn Anfang, Mittel, Schluß der Ehre
Entspringt allein aus guter Lehre.
Ein löblich Ding ist edler Sinn,
Doch ist er fremd, nicht dein Gewinn:
Er kommt von deinem Elternpaar;
Ein köstlich Ding ist Reichthum gar,
Aber er ist des Glücks Zufall,
Das auf und ab tanzt wie ein Ball;
Der Ruhm der Welt sich schön anläßt:
Doch schwankt er und ist voll Gebrest;
Ein schöner Leib steht hoch in Acht
Und währt etwa bis über Nacht;
So ist Gesundheit uns sehr lieb
Und stiehlt sich weg doch wie ein Dieb;
Der Stärke Größe, die man schätzt,
Schwindet vor Krankheit und Alter zuletzt:
Drum ist unsterblich nichts so sehr
Und unvergänglich als gute Lehr'.
Einst fragte Gorgias, ob wol Heil
Ward Persiens großem Herrn zu Theil?
Drauf Sokrates: »Ich weiß noch nicht,
Ob er gelernt der Tugend Pflicht!«
Als spräch' er, was Gewalt und Gold
Ohne Tugendlehre nützen sollt'.
Wer zwischen Stein und Stein sich legt
Und viel Leut' auf der Zunge trägt,
Den Trübsal bald und Schaden schlägt.
Gar Mancher hat viel Freude d'ran,
dass er verwirren Jedermann
Und bürsten kann dies Haar auf das,
Daraus dann Feindschaft kommt und Hass.
Mit Afterred' und Lügen groß
Gibt er gar Manchem einen Stoß,
Den der erst lang nachher empfindet,
So dass aus Freundschaft Hass sich zündet;
Und dass er's wohl besiegeln möge,
Lugt er, wie viel er noch zulege,
Und will es nur beichtweise sagen,
Um nicht Verweis davonzutragen;
Ja, unter der Rose, – betheuert er, –
Es dir aus Herz geleget wär',
Und meint, damit gefall' er wohl.
Die Welt ist solcher Zwietracht voll,
dass man Einen auf der Zunge tragen
Kann weiter als im Hängewagen.
Wie Korah that und Absalon,
Die wünschten Anhang sich und Kron'
Und holten sich nur Schimpf und Schande.
Ein Alchymus in jedem Lande
Die Freund' entzweit, mit Lüg' umringt
Und die Finger zwischen die Angeln bringt;
Die werden oft geklemmt davon,
Wie dem, der wollt' empfahen Lohn,
Dieweil er Saul erschlagen hätt',
Und die, so schlugen Isboseth.
Wie zwischen zwei Mühlsteinen liegt,
Wer stets an Zwietracht sich vergnügt.
Man sieht ihm an Geberden an,
Welch' Wort' es sind und welch' ein Mann:
Man berg' den Narren hinter der Thür,
Er steckt die Ohren doch herfür.
Wer nicht kann sprechen Ja und Nein
Und pflegen Rath um Groß und Klein,
Der trag' den Schaden ganz allein.
Der ist ein Narr, der weis will sein
Und hält nicht Glimpf noch Maße ein,
Und wenn er Weisheit pflegen will,
So ist ein Gauch sein Federspiel.
Viel sind mit Worten weis und klug
Und ziehen doch den Narrenpflug.
Das macht, weil sie zu jeder Zeit
Für klug sich halten und gescheit.
Und achten nicht auf fremden Rath,
Bis ihnen sich das Unglück naht.
Tobias stets den Sohn belehrt,
dass er an weisen Rath sich kehrt;
Man rieth der Hausfrau Loths wohl gut,
Doch voll Verachtung war ihr Muth,
Drum ward von Gott sie heimgesucht
Und ward zum Zeichen auf der Flucht.
Rehabeam nicht folgen wollte
Den alten Weisen, wie er sollte;
Den Narren folgt' er, da verlor
Er Stämme zehn und blieb ein Thor.
Hätt' Nebukadnezar auf Daniel gehört,
Er wäre nicht in ein Thier verkehrt;
Und Makkabäus, der stärkste Mann,
Der großer Tugend soviel gewann,
Hätt' Jorams Rath er zu Herzen genommen,
Er wäre nicht ums Leben gekommen.
Wer allzeit folgt seinem eignen Haupt
Und gutem Rath nicht folgt und glaubt,
Der lässet Glück und Heil bei Seit'
Und will verderben vor der Zeit!
Drum Freundes Rath nimm recht in Acht,
Wo Räthe viel, – dort Glück und Macht.
Ahitophel sogar getödtet sich hat,
Weil Saul nicht folgte seinem Rath.
Wer bös an Sitte und Geberde
Und guckt, wo er zum Narren werde,
Der schleift die Kappe an der Erde.
Viel gehn in Schauben stolz daher
Und werfen den Kopf bald hin, bald her,
Dann hin zu Thal, dann auf zu Berg,
Drauf hinter sich und überzwerch,
Bald gehn sie rasch, dann sehr gemach;
Das ist ein Zeichen und Ursach',
dass leichtsinnig sie von Gemüthe,
Wovor man sich gar billig hüte.
Wer klug nach guter Sitte späht,
Dem auch sein Wesen wohl ansteht,
Und was derselbe beginnt und thut,
Das dünket jeden Weisen gut.
Die ächte Weisheit zeigt erst Scham,
Ist züchtig, still und friedesam,
Es ist bei ihr dem Guten wohl,
Drum füllt sie Gott der Gnaden voll.
Viel besser hat man gute Geberde,
Denn allen Reichthum auf der Erde,
Weil aus den Sitten man bald entnimmt,
Wie einer im Herzen ist gestimmt.
Gar Mancher nur wenig Sitte beweist,
Das macht, er hat sich nicht ihrer befleißt,
Und ist erzogen nicht dazu,
Drum hat er Sitten wie eine Kuh.
Die beste Zierde, der höchste Nam'
Sind gute Sitten, Zucht und Scham.
Noah wol guter Sitten pflag,
Doch schlug ihm Ham, sein Sohn, nicht nach.
Wer einen weisen Sohn gebärt,
Dem man Vernunft, Sitt', Weisheit lehrt,
Der danke Gott doch früh und spat,
Der ihn mit Gnad' versehen hat.
In des Vaters Nase biß Albin,
Weil der ihn nicht ließ gut erziehn.
Wer Gewalt und Unrecht einem Mann
Anthut, der Leid ihm nie gethan,
Da stoßen sich zehn andre dran.
Der ist ein Narr mit Thorenmuth,
Der einem Menschen Unrecht thut,
Weil er dadurch gar Manchem dräut,
Der sich dann seines Unglücks freut.
Wer einem Freund ein Leid anthut,
Der seine Hoffnung, Treu' und Muth
Allein gesetzet hat auf ihn,
Der ist ein Narr und ohne Sinn. –
Es gibt nicht mehr ein Freundespaar,
Wie Jonathan und David war,
Patroklus und Achill dabei,
Orest und Pylades, die zwei,
Wie Demades und Pythias
Oder der Schildknecht Saulis was,
Und Scipio, Lälius, die beiden. –
Wo Geld gebricht, muss Freundschaft scheiden;
Die Nächstenliebe so weit nicht geht,
Wie im Gesetz geschrieben steht:
Der Eigennutz vertreibt das Recht,
Die Freundschaft, Lieb', Sippschaft, Geschlecht;
Es lebt jetzt Keiner Mosi gleich,
An Nächstenlieb' wie dieser reich,
Oder wie Nehemias im Land
Und der fromme Tobias waren bekannt. –
Wem nicht der gemeine Nutzen ist werth
Wie der eigene Nutzen, deß er begehrt,
Den halt' ich für einen närrischen Gauch:
Denn was gemeinsam, ist eigen auch.
Doch Kain lebt in jedem Stand,
Dem leid ist, wenn Glück Abel fand.
Der Freunde, geht es an die Noth,
Gehn vierundzwanzig auf ein Loth,
Und die am besten wollen sein,
Gehn sieben auf ein Quentelein.
Wer jedem Narren glauben will,
Da man doch hört von Schrift soviel,
Der schickt sich wohl ins Narrenspiel.
Der ist ein Narr, der nicht der Schrift
Will glauben, die das Heil betrifft,
Und meint, dass er mit Fuge lebe,
Als ob's nicht Gott noch Hölle gebe,
Verachtet Predigt sowie Lehre,
Als ob er gar nicht säh' noch höre. –
Stünd' einer von den Todten auf,
Man liefe hundert Meilen drauf,
Damit man hörte neue Märe,
Welch Wesen in der Hölle wäre;
Ob viele Leut' dort führen ein,
Ob man auch zapfte neuen Wein
Und ander ähnlich Affenspiel.
Nun hat man doch der Schrift soviel
Vom Alten und vom Neuen Bund,
Kein ander Zeugniß zu der Stund'
Gebraucht man, noch Kapell' und Klausen
Des Sackpfeifers von Nickelshausen.
Denn Gott spricht nach der Wahrheit sein:
»Wer hier gesündigt, hat dort Pein,
Und wer sich hier zur Weisheit kehrt,
Der wird in Ewigkeit geehrt.«
Gott gab, das leidet Zweifel nicht,
Gehör dem Ohr, dem Auge Licht;
Darum ist blind der und betäubt,
Der nicht hört Weisheit und ihr gläubt
Und lauscht auf neue Mär' und Sage.
Ich fürcht', es kommen bald die Tage,
dass man mehr neuer Mär' werd' inne,
Als uns gefall' und sei nach Sinne.
Jeremias schrie und hat gelehrt
Und ward von Niemand doch gehört,
Desgleichen andre Weise mehr,
Drum kam viel Plage hinterher.
Wer nicht recht gürtet vor dem Reiten,
Nicht weise Vorsicht übt bei Zeiten,
Deß spottet man, fällt er zur Seiten.
Der ist mit Narrheit wohl geeint,
Wer spricht: »Das hätt' ich nicht gemeint!«
Denn wer bedenkt all Ding bei Zeiten,
Der sattelt wohl, eh er will reiten.
Wer sich bedenkt erst nach der That,
Deß Anschlag kommt wol oft zu spat;
Wer in der That sich rathen kann,
muss sein ein wohlerfahrner Mann,
Oder es haben's ihm Frauen gelehrt,
Die solchen Raths sind hochgeehrt.
Hätt' Adam zuvor bedacht sich baß,
Eh denn er von dem Apfel aß,
Er wär' nicht um den kleinen Biß
Gestoßen aus dem Paradies.
Hätt' Jonathas sich recht bedacht,
So nahm der Gab' er wenig Acht,
Die Tryphon ihm in Falschheit bot
Und ihn erschlug darnach zu Tod.
Guten Anschlag wußte alle Zeit
Der Kaiser Julius in dem Streit,
Doch, als er hatte Fried' und Glück,
Versäumte er ein kleines Stück,
dass er den Brief nicht las zur Hand,
Den man zur Warnung ihm gesandt.
Nikanor überschlug gering,
Verkaufte das Wildpret, eh er's fing,
Drum fiel sein Anschlag grob genug:
Zung', Hand und Haupt man ab ihm schlug. –
Ein weiser Plan allzeit gut passt,
Wohl dem, der ihn bei Zeiten faßt.
Gar Mancher eilt und kommt zu spät,
Der stößt sich bald, der zu rasch geht.
Asahel, einst als schnell bekannt,
Sank hin, durchbohrt von Abners Hand.
An meinem Seil' ich nach mir zieh'
Viel' Affen, Esel und Narrenvieh:
Ich täusche, trüge, verführe sie.
Ich, Venus mit dem strohernem Steiß
Bin nicht die Letzte des Narrenbreis;
Ich lock' zu mir der Narren viel
Und mach' zum Gauche, wen ich will,
Meine Kunden Niemand nennet all'.
Wer je gehört von Circes Stall,
Kalypso, der Sirenen Joch,
Bedenk', welch Macht ich habe noch.
Denn wer meint, dass er witzig sei,
Den tauch' ich tief in Narrenbrei,
Und wer einmal von mir wird wund,
Den macht kein kräftig Kraut gesund.
Ich habe einen Sohn, der blind:
Kein Buhler sieht, was er beginnt;
Mein Sohn ein Kind ist, nicht ein Mann:
Und kindisch ist der Buhler Plan;
Sie kennen Worte von Gewicht
Gleich einem kleinen Kinde nicht;
Mein Sohn steht nackt und bloß all Tag',
Denn Buhlschaft Niemand bergen mag;
Böse Lieb' entfliegt, nicht lang sie steht,
Daher mein Sohn geflügelt geht.
Buhlschaft ist leicht zu aller Frist,
Nichts weniger stät auf Erden ist;
Cupido trägt den Bogen blos,
An jeder Seit' einen Köcher groß,
In einem hat er Hakenpfeile,
Damit trifft er viel Narrn in Eile,
Die sind scharf, hakig, gülden, spitz
Und wen sie treffen, verliert den Witz
Und tanzt darnach am Narrenholze;
Im andern Köcher die Vogelbolze
Sind stumpf, nicht leicht, beschwert mit Blei,
Macht einer wund, so scheuchen zwei.
Wen traf Cupidos sich're Hand,
Den setzet Amor rasch in Brand,
dass er nicht löschen kann die Flamm',
Die Dido einst das Leben nahm,
Durch die Medea einst verbrannt
So Kind wie Bruder mit eigner Hand.
Kein Wiedehopf ward Tereus je,
Den Stier vermiede Pasiphae,
Phädra führ' nicht dem Theseus nach,
Sucht' nicht an ihrem Stiefsohn Schmach;
Nessus wär' nicht geschossen todt,
Troja gekommen nicht in Noth;
Es ließe Scylla dem Vater das Haar,
Hyacinth wär' keine Blume fürwahr:
Leander durchs Meer nicht schwimmen thät,
Messalina wäre in Keuschheit stät;
Mars läg' nicht in Ketten um sein Lieben,
Und fern wäre Prokris der Hecke geblieben.
Es stürzte nicht Sappho vom Felsenhang,
Keinen Kiel versehrte Sirenengesang;
Es ließe Circe wol fahren die Schiffe,
Und Cyklops mit Pan nicht kläglich pfiffe;
Leukothea nicht Weihrauch wär',
Myrrha fiel' nicht Adonis schwer.
Byblis wär' nicht ihrem Bruder hold,
Es empfinge nicht Danae durch Gold,
Nyctimene flöge nicht aus bei Nacht,
Zur Stimme nicht wäre Echo gemacht;
Es färbte nicht Thisbe die Beeren roth,
Atalante schüfe als Löwin nicht Noth.
Des Leviten Weib wäre nicht geschwächt
Und darum erschlagen ein ganz Geschlecht;
David ließe baden die Bathseba,
Und Samson nicht traute der Delila;
Nicht betete Salomo Götzen an,
Der Schwester hätt' Amon nichts Böses gethan;
Ohn' Grund wär' Joseph verklaget nit
Wie Bellerophon und Hippolyt;
Der Weise wie ein Roß nicht ginge,
Am Thurm Virgilius nicht hinge,
Ovidius hätte des Kaisers Gunst,
Wenn er nicht gelernt der Buhler Kunst. –
Es käm' zu Weisheit Mancher eh,
Wenn ihm nicht wär' zur Buhlschaft weh.
Wer viel mit Frauen hat Credenz,
Dem wird verbrannt sein Conscienz;
Es dienet Gott nicht früh noch spat,
Wer viel mit ihnen zu schaffen hat,
Die Buhlschaft dient einem jeden Stande
Zu Spott und Narrheit und zu Schande;
Noch schändlicher ist sie alsdann,
Wenn buhlt im Alter Weib und Mann.
Der ist ein Narr, der buhlen will
Und meint zu halten Maß und Ziel;
Denn dass man Weisheit pfleg' – und buhle,
Verträgt sich nicht auf einem Stuhle.
Ein Buhler wird verblendet gar:
Er meint, es nähm' ihn Niemand wahr.
Dies ist das kräftigste Narrenkraut,
Die Kappe klebt lang an der Haut.
Wer spricht, dass Gott barmherzig sei
Allein, und nicht gerecht dabei,
Der hat Vernunft wie Gäns' und Säu'.
Der schmiert sich wohl mit Eselsschmalz
Und hat die Büchse an dem Hals,
Wer sprechen darf, dass Gott der Herr
Barmherzig sei und zürn' nicht sehr,
Wenn man auch etwa Sünd' vollbringe,
Und wägt die Sünden so geringe,
dass er sie für ganz menschlich nimmt.
»Den Gänsen sei doch nicht bestimmt
Von Gott des Himmelreiches Pracht,
Drum hab' man allzeit Sünd' vollbracht
Und fang' nicht erst von Neuem an.«
Die Bibel er erzählen kann
Und andere Historien viel,
Daraus er doch nicht merken will,
dass Strafe überall darnach
Geschrieben steht mit Rach' und Plag',
Und dass es Gott nie lang' vertrug,
Wenn man ihn auf den Backen schlug.
Gott ist kein Böhme und Tatar,
Doch ihre Sprache ist ihm klar;
Ist sein Erbarmen noch so groß,
Ohn' Zahl, Gewicht und Maße los,
So bleibt doch die Gerechtigkeit
Und straft die Sünd' in Ewigkeit
An Allen, die nicht thuen recht,
Gar oft bis in das neunte Geschlecht.
Barmherzigkeit nicht lang' besteht,
Wenn Gottes Gerechtigkeit vergeht.
Wahr ist's, der Himmel kommt nicht zu
Den Gänsen; doch auch keine Kuh,
Kein Narr, Aff', Esel oder Schwein
Kommt je ins Himmelreich hinein;
Denn was gehört in des Teufels Zahl,
Das nimmt ihm Niemand überall.
Wer bauen will, der schlage an,
Was ihm der Bau wol kosten kann,
Sonst sieht er nicht das Ende an.
P>Von thörichtem Anschlag
Der ist ein Narr, der bauen will
Und nicht zuvor anschlägt, wie viel
Es kosten kann, und ob er mag
Vollbringen es nach dem Anschlag.
Groß Werk hat Mancher ausersehn
Und konnte nicht dabei bestehn.
Der König Nabuchodonosor
Hob einst in Hochfahrt sich empor,
dass Babylon die große Stadt
Durch seine Macht gebaut er hat,
Und doch kam es gar bald dazu,
dass er im Feld lag wie 'ne Kuh.
Nimrod wollt' bauen in die Luft
Einen Thurm, zu stark für des Wassers Kluft,
Und schlug nicht an, dass ihm zu schwer
Sein Bauen und nicht möglich wär'.
Es baut nicht jeder so geschickt,
Wie es Lucullus einst geglückt.
Wer nicht gern Reu' beim Bau gewinnt,
Bedenk' sich wohl, eh' er beginnt,
Denn Manchem kommt die Reu' zu spät,
Wenn Schaden ihm zum Seckel geht.
Wer großes Werk zu thun begehrt,
muss selber erst recht sein bewährt,
Ob er gelangen mög' zum Ziel,
Das er für sich erreichen will,
Damit ihn nicht des Glückes Fall
Mach' zum Gespött den Menschen all'.
Viel besser ist es, nichts beginnen
Als Schaden, Schand' und Spott gewinnen.
Die Pyramiden kosten viel,
Das Labyrinth auch dort am Nil
Und mussten doch schon längst vergehn:
Kein Bau der Welt kann lang' bestehn.
In künftige Armuth billig fällt
Wer Völlerei stets nachgestellt
Und sich den Prassern zugesellt.
Der zieht einem Narren an die Schuh,
Der weder Tag noch Nacht hat Ruh',
Wie er den Wanst füll' und den Bauch
Und mach' sich selbst zu einem Schlauch,
Als ob er dazu wär' geboren,
dass durch ihn ging viel Wein verloren,
Als müßt' ein Reif er täglich sein, –
Der passt ins Narrenschiff hinein,
Denn er zerstört Vernunft und Sinne,
Das wird er wohl im Alter inne,
Wenn ihm dann schlottern Kopf und Hände;
Er kürzt sein Leben und sein Ende.
Ein schädlich Ding ist's um den Wein,
Bei dem mag Niemand weise sein,
Wer nach der Freud' in ihm getrachtet.
Ein trunkner Mensch Niemandes achtet
Und weiß nicht Maß noch recht Bescheid.
Unkeuschheit kommt aus Trunkenheit,
Viel Uebeles aus ihr entspringt
Und weis' ist nur, wer mäßig trinkt.
Noah vertrug selbst nicht den Wein,
Der ihn doch fand und pflanzte ein,
Loth ward durch Wein zweimal zum Thor,
Durch Wein der Täufer den Kopf verlor.
Wein machet, dass ein weiser Mann
Die Narrenkapp' aufsetzen kann.
Als Israel sich fühlte wohl
Und ihm der Bauch war mehr als voll,
Begann es übermüthig Spiel,
Gottloser Tanz ihm wohlgefiel.
Darum gebot Gott Aarons Söhnen,
Sie sollten sich des Weins entwöhnen
Und Alles, was da trunken macht,
– Doch haben's Priester wenig Acht!
Als Holofernes trunken ward,
Verlor den Kopf er sammt dem Bart;
Thamyris brauchte Speis' und Trank,
Als sie den König Cyrus zwang;
Durch Wein lag nieder Bennedab,
Als er verlor all seine Hab';
Der Ehr' und Tugend ganz vergaß,
Alexander, wann er trunken was;
Er that gar oft in Trunkenheit,
Was ihm darnach ward selber leid;
Der Reiche trank wie ein Zechgeselle
Und aß des Morgens in der Helle;
Der Mensch könnt' frei, kein Knecht mehr sein,
Wenn Trunkenheit nicht wär' und Wein.
Wer Weins und feisten Dings sich fleißt,
Den Niemand reich noch selig heißt,
Ihm Weh und seinem Vater Weh'!
Dem wird nur Krieg und Unglück je,
Wer stets sich füllt wie eine Kuh
Und Jedermann will trinken zu
Und thun Bescheid deß, was man bringt.
Denn wer ohn' Noth viel Wein austrinkt,
Ist dem gleich, welcher auf dem Meer
Entschläft und liegt ohn' Sinn und Wehr:
So thun, die nur auf Praß bedacht,
Schlemmen und demmen Tag und Nacht.
Trägt denen der Wirth als Kunden zu
Einen Bug und Viertel von einer Kuh
Und bringt ihnen Mandeln, Feigen und Reis:
So bezahlen sie ihn wol auf dem – Eis.
Viel würden bald sehr weise sein,
Wenn Weisheit steckte in dem Wein,
Die in sich gießen spat und fruh.
Je Einer trinkt dem Andern zu:
»Ich bring' dir Eins! – Ich kitzle dich! –
Das kommt dir zu!« – Der spricht: »Wart', ich
Will wehrn mich, bis wir beid' sind voll!«
Damit ist Narren jetzo wohl!
Eins auf den Becher, zwei vor'n Mund,
Ein Strick an den Hals, wär' einem gesund
Und besser, als so Völlerei
Zu treiben; das ist Narretei,
Wie Seneca schon sah vorher,
Als in den Büchern geschrieben er,
dass man würd' etwa geben mehr
Dem Trunknen als dem Nüchternen Ehr',
Und dass der würd' berühmet sein,
Der etwa trunken wär' vom Wein.
Die Biersupper dazu ich meine,
Wenn Einer trinkt 'ne Tonn' alleine
Und wird dabei so toll und voll, –
Man stieß mit ihm die Thür' auf wol.
Ein Narr muss saufen erst recht viel,
Ein Weiser trinkt mit Maß und Ziel
Und ist dabei doch viel gesunder
Als wer's mit Kübeln schüttet 'runter.
Der Wein geht ein, – man merkt es nicht,
Zuletzt er wie die Schlange sticht
Und gießt sein Gift durch alles Blut
Gleichwie der Basiliscus thut.
Wer Gut hat, sich ergötzt damit
Und theilt es nicht dem Armen mit,
Dem wird versagt die eigne Bitt'.
Die größte Thorheit in der Welt
Ist, dass man ehrt vor Weisheit Geld
Und vorzieht einen reichen Mann,
Der Ohren hat und Schellen dran;
Der muss allein auch in den Rath,
Weil er viel zu verlieren hat.
Einem Jeden glaubt soviel die Welt,
Als er trägt in der Tasche Geld:
»Herr Pfenning!« der muss stets vornan.
Wär' noch am Leben Salomo,
Man ließ ihn in den Rath nicht so,
Wenn er ein armer Weber wär'
Oder ihm stünd' der Seckel leer.
Die Reichen lädt man ein zu Tisch
Und bringt ihnen Wildpret, Vögel, Fisch
Und thut ohn' Ende ihnen hofieren,
Dieweil der Arme vor der Thüren
Im Schweiß steht, dass er möcht' erfrieren.
Zum Reichen spricht man: »Esset, Herr!«
O Pfenning, man thut dir die Ehr';
Du schaffst, dass viel dir günstig sind:
Wer Pfenninge hat, viel Freund' gewinnt,
Den grüßt und schwagert Jedermann.
Hält einer um 'ne Ehfrau an,
Man fragt zuerst: »Was hat er doch?«
Wer fragt nach Ehrbarkeit denn noch
Oder nach Weisheit, Lehre, Vernunft?
Man sucht einen aus der Narrenzunft,
Der in die Milch zu brocken habe,
Ob er auch sei ein Köppelknabe.
Man achtet Kunst, Ehr', Weisheit nicht,
Wo an dem Pfenning es gebricht.
Doch wer sein Ohr vor dem Armen stopft,
Den hört Gott nicht, wenn er auch klopft.
Der setzt zwei Hasen sich zum Ziel,
Wer zweien Herren dienen will
Und ladet auf sich allzuviel.
Der ist ein Narr, dem es gefällt,
dass Gott er diene und der Welt;
Denn wo zween Herren hat ein Knecht,
Der kann ihnen dienen nimmer recht.
Gar oft verdirbt ein Handwerksmann,
Der viel Gewerb' und Künste kann.
Wer jagen will zu einer Stund
Und fahn zween Hasen mit einem Hund,
Dem wird kaum einer wol zu Theil
Und oft gar nichts, – trotz aller Eil'.
Wer mit viel Bogen schießen will,
Der trifft wol kaum einmal das Ziel;
Und wer auf sich viel Aemter nimmt,
Der kann nicht thun, was jedem ziemt;
Wer hier muss sein und doch auch dort,
Ist weder hier noch dort am Ort;
Wer thun will, was einem Jeden gefällt,
Deß Odem sei warm und kalt bestellt,
Der schlucke viel, was ihm nicht schmecke
Und strecke sich nach jeder Decke,
Der möge Pfühle unterschieben
Dem Arme Jedes nach Belieben,
Und salben Jedem wohl die Stirne
Und lugen, dass ihm keiner zürne.
Aber viel Aemter schmecken gut,
Man wärmt sich bald bei großer Glut,
Doch wer der Weine viel erprobt,
Darum noch nicht jedweden lobt.
Ein schlicht Geschmeid ist bald bereit,
Der Weise lobt Einfältigkeit;
Wer Einem dient und thut dem recht,
Den hält man für den treusten Knecht.
Der Esel stirbt und wird nie satt,
Der täglich neue Herren hat.
Wer Zung' und Mund nimmt in die Hut,
Der schirmt vor Angst sich Seel' und Muth:
Ein Specht verräth sein eigen Blut.
Der ist ein Narr, wer tadeln will,
Wozu sonst Jedermann schweigt still,
Und will unnöthig haben Hass,
Wo er doch könnte schweigen baß.
Wer reden will, wo er nicht soll,
Der taugt zum Narrenorden wohl;
Wer ohne Frage gibt Bescheid,
Der zeiget selbst sein Narrenkleid.
Von solcher Red' wird Mancher ergetzt,
Die in Schaden ihn und Leid versetzt,
Und Mancher verläßt sich auf sein Schwätzen,
dass er eine Nuß red' von einer Hätzen,
Deß Worte sind so stark und tief,
Er schwatzt ein Loch in einen Brief
Und richtet zu ein Geschwätz gar leicht.
Doch wenn er kommt dann zu der Beicht',
Wo man doch ewigen Lohn verheißt,
Geht ihm das Zünglein nicht so dreist.
Noch sind viel Nabal auf der Erde,
Die schwätzen mehr, als gut ihnen werde,
Und Mancher würde für witzig geschätzt,
Wenn er nicht selbst sich hätte verschwätzt:
Ein Specht verräth mit seiner Zungen
Das eigne Nest zusammt den Jungen.
Im Schweigen liegt oft Antwort viel,
Und Schaden hat, wer schwatzen will.
Oft trägt die Zunge, ein Glied so klein,
Unruhe und Unfrieden ein,
Befleckt gar oft den ganzen Mann
Und stiftet Streit, Krieg, Zanken an;
Es scheint oft ein groß Wunder mir,
dass man bezähmt ein jedes Thier,
Wie hart, wie wild, wie grimm es ist:
Doch für die Zung' kein Meister ist!
Die ist ein unruhiges Gut,
Das Schaden oft dem Menschen thut;
Durch sie wird oft gescholten Gott,
Den Nächsten schmähen wir mit Spott,
Mit Fluchen, Nachred' und Veracht,
Den Gott nach seinem Bild gemacht;
Gar Mancher wird durch sie verrathen,
Sie offenbart geheimste Thaten.
Durch Schwatzen Mancher sich so nährt,
dass Wein und Brod er nicht mehr begehrt;
Die Zunge braucht man in dem Recht,
dass krumm wird, was zuvor war schlecht;
Manch armer Narr verliert die Habe
Durch sie und greift zum Bettelstabe.
Dem Schwätzer kostet das Reden nicht viel,
Er kitzelt sich, lacht, wann er will,
Und redet Gutes in der Welt
Von Keinem, wie er auch sei gestellt.
Wer viel Lärm und Geräusch jetzt macht,
Den lobt man und hat seiner Acht,
Zumal wer köstlich geht einher
Mit dicken Röcken und Ringen schwer;
Die taugen jetzt wol für die Leute,
Man achtet dünnen Rocks nicht heute.
Wenn noch auf Erden Demosthenes
Oder Tullius wäre und Aeschines,
Man schätzte nicht ihre Weisheit heute,
Wenn sie nicht könnten beschei ... die Leute,
Und reden viele Worte geschmückt,
Welche zu hören Narren entzückt.
Wer vieles spricht, sagt oft zu viel,
Und muss auch schießen nach dem Ziel,
Werfen den Schlägel fern und weit
Und Ränke schmieden im Widerstreit.
Viel Schwätzen sündigt und betrügt,
Und Keines Freund ist, wer viel lügt,
Und wer vom Herren Uebles spricht,
Das bleibt verschwiegen lange nicht,
Wenn es auch fern geschäh von ihm:
Die Vögel tragen aus die Stimm',
Es nimmt zuletzt kein gutes Ende,
Denn Herren haben lange Hände.
Wer über sich viel hauen will,
Dem fallen Spän' ins Auge viel,
Und wer seinen Mund in den Himmel setzt,
Der wird mit Schaden oft geletzt.
Ein Narr den Geist auf einmal zeigt,
Der Weise Besseres hofft und – schweigt.
Unnützes Wort nicht Frommen bringt,
Und aus Geschwätz nur Schad' entspringt.
Darum ist besser stillesein
Als Schwatzen, Reden oder Schrei'n.
Sotades ward um wenig Wort'
Einst eingekerkert wie um Mord.
Es sprach nur dies Theokritus:
Einäugig sei Antigonus,
Da war's mit ihm im eignen Haus
Wie mit Tullius und Demosthenes aus.
Schweigen ist löblich, recht und gut,
Noch besser handelt, wer Rechtes thut.
Wer etwas findet und trägt das hin
Und wähnt, Gott schenk's ihm, in seinem Sinn.
So hat der Teufel betrogen ihn.
Der ist ein Narr, wer etwas findet
Und im Verstand ist so erblindet,
dass er spricht: »Gott hat mir das beschert;
Ich acht' nicht, wem es zugehört!«
Was einer nicht hat ausgesät,
Ist ihm versagt auch, dass er's mäht,
Und jeder weiß, bei seiner Ehre,
dass dies einem Andern zugehöre.
Was, wie er weiß, sein Gut nicht ist,
Das hilft ihm nicht, ob's ihm gebrist
Und er es finde ohn' Gefährde;
Er schau, dass es dem wieder werde,
Wenn er ihn weiß, der es erworben,
Oder geb' es den Erben, falls jener gestorben,
Und wenn man die nicht wissen kann,
Geb' man es einem armen Mann
Oder sonst um Gottes Willen aus;
Es soll nicht bleiben in dem Haus,
Denn es ist fortgetragen Gut,
Dadurch verdammt in Höllenglut
Gar mancher um solch Finden sitzt,
Den man oft reibt, wenn er nicht schwitzt.
Achor behielt, was nicht war sein
Und bracht' dadurch das Volk in Pein,
Zuletzt ward ihm, was er nicht meinte,
Als ohn' Erbarmung man ihn steinte.
Wer auf sich nimmt 'ne kleine Bürde,
Trüg' größre auch, wenn sie ihm würde.
Rauben und Finden Gott gleich achtet,
Weil er dein Herz und dich betrachtet.
Nichts finden macht kein Herz betrübt,
Doch Fund, den man nicht wiedergibt.
Denn was man findet und trägt ins Haus,
Das kommt gar ungern wieder heraus.
Wer guten Weg zeigt andern zwar,
Doch bleibt, wo Pfütz und Moder war,
Der ist der Sinn' und Weisheit bar.
Der ist ein Narr, der strafen will,
Was ihm zu thun ist nicht zu viel;
Der ist ein Narr und ungeehrt,
Der jedes Ding zum Schlechten kehrt,
Der einen Lappen an Alles hängt
Und nicht der eignen Bresten denkt.
Eine Hand, die an der Wegscheid steht.
Zeigt nur den Weg, den sie nicht geht,
Und wer im Aug' den Balken hat,
Thu' ihn heraus, eh' er gibt Rath:
»Bruder, hab' Acht, ich seh' an dir
Ein Fäserlein, das missfällt mir!«
Dem, der da lehrt, steht's übel an,
Wenn er sonst strafet Jedermann
Und selbst dem Laster nach doch geht,
Das andern Leuten übel steht,
Und wenn er leiden muss den Spruch:
»Herr Arzt, für dich erst Heilung such!«
Mancher den Andern Rath zuspricht,
Der sich doch selbst kann rathen nicht;
Wie Gentilis und Mesuë,
Deren jeder starb am selben Weh,
Das er von Andern gern vertrieben,
Worüber fleißig sie geschrieben.
Ein jedes Laster, das geschieht,
Um soviel deutlicher man sieht,
Als man denselben hat in Acht,
Der solches Laster hat vollbracht.
Thu' erst das Werk und darnach lehre,
Willst du verdienen Lob und Ehre.
Einst hatte Israel im Sinn
Zu strafen den Stamm Benjamin,
Obschon es lag darnieder doch
Und selbst noch trug der Sünde Joch.
Wer gern die Weisheit hört und lehrt
Und ganz zu ihr sich allzeit kehrt,
Der wird in Ewigkeit geehrt.
Die Weisheit ruft mit heller Stimm':
»Menschlich Geschlecht, mein Wort vernimm!
Erfahrung hab' in Acht, mein Kind!
Aufmerket all', die thöricht sind!
Sucht die Belehrung, nicht das Geld!
Weisheit ist besser denn die Welt
Und Alles, was man wünschen mag!
Nach Weisheit trachtet Nacht und Tag!
Nichts ist, was ihr gleicht auf der Erd';
Weisheit im Rathe ist gar werth;
All' Stärk' und all' Fürsichtigkeit
Ist einzig mein,« so spricht Weisheit.
»Durch mich dem König die Krone kommt;
Ich schaff' Gesetz, das Allen frommt;
Durch mich die Fürsten haben ihr Land,
Durch mich die Macht ihr Recht erfand.
Wer mich lieb hat, den lieb' auch ich;
Wer früh mich sucht, der findet mich.
Bei mir ist Reichthum, Gut und Ehr',
Mich hat besessen Gott der Herr
Von Anbeginn in Ewigkeit.
Durch mich macht Gott all Ding bereit,
Und ohn' mich ist gar nichts gemacht.
Wohl dem, der mich stets hat in Acht.
Drum, meine Söhne, seid nicht träge,
Selig, wer geht auf meinem Wege!
Wer mich findet, hat Glück und Heil,
Wer mich Hasst, dem wird Verderben zu Theil!«
Die Plage wird über Narren gehn,
dass sie die Weisheit werden sehn
Und den Lohn, so jener ist bereit
Und währen wird in Ewigkeit,
dass Schmerz sie greift; – sie werden sich
In Jammer nagen ewiglich.
Wer meint, vollkommen sei sein Heil
Und stetes Glück allein sein Theil,
Den trifft zuletzt der Donnerkeil. .
Das ist ein Narr, der Rühmens macht,
dass ihn das Glück stets angelacht
Und er Glück hab' in jeder Sache:
Der harrt des Schlägels auf dem Dache.
Denn der Vergänglichkeit Glücksal
Ein Zeichen ist und ein Merkmal,
dass Gott des Menschen ganz vergißt,
Der nicht zur Zeit geprüfet ist.
Im Sprüchwort man gemeinlich spricht:
»Ein Freund den andern oft besicht!«
Ein Vater straft oft sein Söhne,
dass er an Rechtthun sie gewöhne;
Ein Arzt gibt sauern und bittern Trank,
dass desto eh genes' der Krank';
Ein Bader sondirt und schneidet die Wunde,
Damit der Sieche bald gesunde,
Und weh dem Kranken, wann verzagt
Der Arzt und nicht mehr straft noch sagt:
»Das sollte der Sieche nicht haben gethan
Und deß nicht haben sich unterfahn!«
Vielmehr spricht: »Gebt ihm nur recht hin
All was er will und lüstet ihn!«
Wen also der Teufel beschei ... will,
Dem gibt er Glück und Reichthum viel.
Geduld ist besser in Armuth
Denn aller Welt Glück, Reichthum, Gut.
Auf Glück soll Niemand Stolz empfinden,
Denn wenn Gott will, so wird es schwinden.
Ein Narr schreit jeden Augenblick:
»O Glück, was läßt du mich, o Glück?
Weß zeihst du mich? Gib mir recht viel,
Denn ich ein Narr noch bleiben will!«
Drum, größre Narren wurden nie
Denn die Glück hatten allzeit hie.
Wer aller Welt Sorg' auf sich ladet,
Nicht denkt, ob es ihm nützt ob schadet,
Hab' auch Geduld, wenn man ihn badet.
Der ist ein Narr, der tragen will,
Was ihm zu heben ist zu viel,
Und der allein darauf bedacht,
Was kaum von dreien wird vollbracht.
Wer auf den Rücken nimmt die Welt,
In einem Augenblick oft fällt.
Man liest von Alexander, dass
Die ganze Welt zu eng ihm was;
Er schwitzte drin, als ob er kaum
Für seinen Leib drin hätte Raum,
Und fand zuletzt doch seine Ruh
In einem Grab von sieben Schuh.
Der Tod allein erst zeiget an,
Womit man sich begnügen kann.
Diogenes mehr Macht besaß,
Und dessen Wohnung war ein Faß;
Wiewol er nichts hatt' auf der Erde,
Gab es doch nichts, was er begehrte
Als: Alexander möchte gehn
Und ihm nicht in der Sonne stehn.
Wer hohen Dingen nach will jagen,
Der muss auch hoch die Schanze wagen.
Was hilft's dem Menschen zu gewinnen
Die Welt und zu verderben drinnen?
Was hilft's dir, dass der Leib käm' hoch
Und führ' die Seel' ins Höllenloch?
Wer Gänse nicht will barfuß lassen
Und Straßen fegen rein und Gassen
Und eben machen Berg und Thal,
Der hat nicht Frieden überall.
Zu viele Sorg' ist nirgend für,
Sie machet manchen bleich und dürr.
Der ist ein Narr, der sorgt all Tag',
Was er doch nicht abwenden mag.
Wer will zu Borg aufnehmen viel,
Dem fressen die Wölfe doch nicht das Ziel,
Und der Esel schlägt ihn, wann er will.
Der ist mehr Narr als andre Narren,
Wer stets auf Borg aufnimmt und Harren
Und nicht bei sich erwägen will
Das Wort: »Es frißt der Wolf kein Ziel!«
So thun auch die, deren Schlechtigkeit
Gott trägt auf Beßrung lange Zeit,
Und die doch täglich mehr und mehr
Sich laden auf, weßhalb der Herr
Ihrer wartet, bis kommt ihre Stund'
Und sie bezahlen zum letzten Pfund.
Es starben Frauen, Vieh und Kind,
Als einstmals kam Gomorrhas Sünd'
Und Sodoms zu dem letzten Ziel.
Jerusalem zu Boden fiel
Als Gott gewartet manches Jahr;
Die Niniviten zahlten zwar
Bald ihre Schuld und wurden quitt,
Doch beharrten sie die Länge nit;
Sie nahmen auf noch größre Schand',
Da ward kein Jonas mehr gesandt.
Alle Dinge haben Zeit und Ziel
Und gehn ihre Straße, wie Gott will.
Wer wohl sich fühlt bei seinem Borgen,
Macht ums Bezahlen sich nicht Sorgen.
Sei nicht bei denen, die rasch die Hand
Hinstrecken für dich zum Bürgepfand.
Denn so man nicht zum Bezahlen hätte,
Nähmen sie's Kissen von dem Bette.
Als Hunger einst Egypten fraß,
Nahmen sie soviel Korn auf, dass
Sie eigen wurden hinterher,
Und mussten's doch bezahlen schwer.
Denn wenn der Esel beginnt den Tanz,
Hält man ihn nicht fest bei dem Schwanz.
Wer sich erwünscht, was ihm nicht noth,
Und seine Sach' nicht setzt auf Gott,
Der kommt zu Schaden oft und Spott.
Das ist ein Narr, der Wünsche thut,
Die ihm bald schädlich sind, bald gut;
Denn wenn er's hätt' und würd' ihm wahr, –
Er blieb' der Narr doch, der er war.
Der König Midas wünscht' als Sold,
Was er berührte, würde Gold;
Als das geschah, – da litt er Noth,
Nun ward zu Gold ihm Wein und Brod.
dass man nicht säh' sein Eselsohr,
Das ihm gewachsen drauf im Rohr,
Verhüllte er mit Recht sein Haar.
Weh dem, deß Wünsche werden wahr!
Viele wünschen, dass sie leben lange,
Und machen doch der Seele bange
Mit Praß und Schlemmen im Weinhaus,
dass sie vor Zeit muss fahren aus;
Dazu, ob sie schon werden alt,
Sind sie doch bleich, siech, ungestalt;
Ihre Wangen und Leiber sind so leer,
Als ob ein Aff' ihre Mutter wär'.
Viel Freude hat nur, wer noch jung,
Das Alter ist ohn' Abwechselung,
Ihm zittern Glieder, Stimm' und Hirn,
Ihm trieft die Nas', ist kahl die Stirn,
Es ist den Frauen zuwider fast,
Sich selbst und seinen Kindern zur Last;
Ihm schmeckt und gefällt nichts, was man thut,
Es sieht viel, was ihm scheint nicht gut.
Lang leben Andre, um in Pein
Und neuem Unglück stets zu sein,
In Trauer und in stätem Leid;
Sie enden die Tag' im schwarzen Kleid;
Es konnte Nestor in alten Tagen
Sammt Peleus und Laertes klagen,
dass sie zu lang ließ leben Gott,
Weil sie die Söhne sahen todt.
Wär' Priamus gestorben eh',
Er hätt' erlebt nicht soviel Weh,
Das ihm mit Jammer ward bekannt
An Frau und Kindern, Stadt und Land.
Wenn Mithridat und Marius,
Pompejus, Krösus noch zum Schluß
Nicht worden wären also alt,
Sie wären gestorben in großer Gewalt.
Wer Schönheit sich und seinem Kind
Erwünscht, der sucht Ursach' zur Sünd.
War Helena nicht als schön bekannt,
Ließ Paris sie in Griechenland;
Wär' häßlich gewesen Lucrezia,
Dann solche Schmach ihr nicht geschah;
Wenn Dina kröpfig und höckrig war,
Bracht' Sichem nicht ihrer Ehre Gefahr.
Schönheit und Keuschheit offenbar
Gar selten bei einander war.
Zumal die hübschen Hansen nun
Begehren Büberei zu thun
Und straucheln doch, dass man sie oft
Am Narrenstrick sieht unverhofft.
Mancher wünscht Häuser, Frau und Kind,
Oder dass er viel Gulden find'
Und ähnliche Thorheit, – von der Gott wohl
Erkennt, wie sie gerathen soll;
Drum säumt er, sie uns zu ertheilen,
Und was er gibt, nimmt er zuweilen.
Etliche wünschen sich Gewalt
Und Steigen ohne Aufenthalt
Und beachten nicht, dass wer hoch steigt,
Von solcher Höhe fällt gar leicht,
Und dass, wer auf der Erde liegt,
Vorm Fall sich braucht zu fürchten nicht.
Gott gibt uns Alles, was er will;
Er weiß, was recht ist, was zu viel,
Auch was uns nütz sei und bekomme,
Und was uns schade und nicht fromme;
Und wenn er uns nicht lieber hätt'
Als wir uns selbst, und wenn er thät'
Und macht uns, was wir wünschten, wahr, –
Es reut' uns, eh' verlief' ein Jahr.
Denn die Begierde macht uns blind
Zu wünschen Ding', die schädlich sind.
Wer wünschen will, dass er recht lebe,
Der wünsche, dass der Herr ihm gebe
Gesunden Sinn, Leib und Gemüthe
Und ihn vor Furcht des Todes hüte,
Vor Zorn, vor bösem Geiz und Gier.
Wer das für sich erwirbet hier,
Hat seine Zeit gelegt baß an
Als Herkules je hat gethan
Oder als Sardanapalus hat
Trotz Wollust, Füll' und allem Staat;
Der hat Alles, was ihm ist noth,
Braucht nicht zu rufen das Glück statt Gott.
Ein Narr wünscht seinen Schaden oft:
Sein Wunsch wird Unglück unverhofft.
Wer nicht die rechte Kunst studirt,
Derselbe wohl die Schellen rührt
Und wird am Narrenseil geführt.
Der Studenten ich auch nicht schone:
Sie haben die Kappe voraus zum Lohne,
Und wenn sie die nur streifen an,
Folgt schon der Zipfel hintendran,
Denn wenn sie sollten fest studiren,
So gehn sie lieber bubeliren.
Die Jugend schätzt die Kunst gar klein;
Sie lernt jetzt lieber ganz allein,
Was unnütz und nicht fruchtbar ist.
Denn dies den Meistern auch gebrist,
dass sie der rechten Kunst nicht achten,
Unnütz Geschwätz allein betrachten:
Ob es erst Tag war oder Nacht?
Ob wol ein Mensch einen Esel gemacht?
Ob Sortes oder Plato gelaufen?
Die Lehr' ist jetzt der Schulen Kaufen.
Sind das nicht Narren und ganz dumm,
Die Tag und Nacht gehn damit um
Und kreuzigen sich und andre Leut'
Und achten bessre Kunst keinen Deut?
Darum Origenes von ihnen
Spricht, dass sie ihm die Frösche schienen
Und die Hundsmücken, die das Land
Egypten plagten, wie bekannt.
Damit geht uns die Jugend hin,
So sind zu Lips wir, Erfurt und Wien,
Zu Heidelberg, Mainz, Basel gestanden
Und kamen zuletzt doch heim mit Schanden.
Ist dann das Geld verzehret so,
Dann sind der Druckerei wir froh,
Und dass man lernt auftragen Wein:
Der Hans wird dann zum Hänselein.
So ist das Geld gelegt wohl an:
Studentenkapp' mit Schellen dran.
Sollt' Gott nach unserm Willen machen,
So ging es schlimm in allen Sachen,
Wir würden weinen mehr, denn lachen.
Der ist ein Narr, der Feuer facht,
Zu mehren des Sonnenscheines Macht,
Oder wer Fackeln setzt in Brand,
Dem Sonnenglanz zum Beistand;
Doch wer Gott strafet um sein Werk,
Der heißt wol Heinz von Narrenberg,
Die Narren all er übertrifft,
Seine Narrheit gibt er in Geschrift.
Denn Gottes Gnad' und Fürsichtigkeit
Ist so voll aller Wissenheit, –
dass sie entbehrt der Menschenlehre,
Oder dass man mit Ruhm sie mehre.
Darum, o Narr, was strafst du Gott?
Dein Wissen ist vor ihm ein Spott.
Laß Gott thun seinem Willen nach,
Sei's Gutthat, Strafe oder Rach';
Laß wittern ihn, laß machen schön,
Denn ob du auch magst bös aussehn,
Geschieht es doch nicht desto eh,
Dein Wünschen thut allein dir weh;
Dazu versündigst du dich schwer,
So dass dir Schweigen besser wär'!
Wir beten, dass sein Wille werde
So wie im Himmel, auf der Erde,
Und du Narr willst ihn strafen lehren,
Als ob er sich an dich müsst' kehren!
Gott kann es besser ordiniren
Als durch dein närrisch Phantasiren.
Der Juden Volk belehrt uns wohl,
Ob Gott will, dass man murren soll;
Wer gab ihm Rath zu jener Zeit,
Als er aus Nichts schuf Herrlichkeit?
Wer etwas ihm gegeben ehr,
Der rühm' sich deß und straf' ihn mehr.
Wer eigne Frommheit schätzt allein
Und andre hält für bös und klein,
Der stößt sich oft an hartem Stein.
Ein Narr sich auf den Trost verläßt
Und meint, er sei der Allerbest'
Und weiß nicht, dass in einer Stunde
Die Seel' ihm fährt zum Höllengrunde.
Denn diesen Trost hat jeder Narr,
Er meint, noch fern zu sein der Bahr';
Sieht andre er im Sterbekleid,
Hat einen Grund er bald bereit
Und sagt dann wol: »Der lebte so!
Der war zu wild; der selten froh!
Der hat dies, jener das gethan,
Drum that ihm Gott das Sterben an!«
Er richtet den nach seinem Tod,
Der Gnade fand vielleicht bei Gott,
Während er in größern Sünden lebt,
Wider Gott und seinen Nächsten strebt
Und scheut nicht Strafe drum noch Buß'
Und weiß doch, dass er sterben muss.
Wo, wann und wie? ist ihm nicht kund,
Bis ihm die Seel' fährt aus dem Mund;
Doch glaubt er nicht an eine Hölle,
Bis er kommt über ihre Schwelle,
Dann wird ihm wol der Sinn aufgehn,
Wird er inmitten der Flammen stehn!
Einen jeden dünkt sein Leben gut,
Doch Gott das Herz erkennen thut;
Für böse schätzt man manchen Mann,
Den Gott doch kennt und lieb gewann.
Auf Erden Mancher wird geehrt,
Der nach dem Tod zur Hölle fährt.
Ein Narr ist, wer es wagt und spricht,
Er sei befleckt von Sünden nicht:
Doch jedem Narren das gebrist,
dass er nicht sein will, was er ist.
Wem nach viel Pfründen hier ist noth,
Deß Esel fällt oft in den Koth:
Viel Säcke sind des Esels Tod.
Ein Narr ist, wer 'ne Pfründe gewann,
Der er allein kaum Recht thun kann,
Und nimmt soviel Säck' auf den Rücken,
Bis dass der Esel muss ersticken.
Pfründ', die geziemet, nähret wohl;
Wer mehr sich nimmt, derselbe soll
Acht haben, dass ein Aug' er wahre,
Damit ihm das nicht auch ausfahre;
Denn wenn er Pfründen noch gewinnt,
Wird er auf beiden Augen blind,
Dann hat er Tag und Nacht nicht Ruh',
Wie er zahllose nehm' dazu.
Dem Sack ist ganz der Boden aus,
Bis dass er fährt zum Todtenhaus.
Aber man thut jetzt dispensiren,
Wodurch sich Mancher läßt verführen,
Der meint, dass er sei sicher ganz,
Bis elf und Unglück wird sein' Schanz'.
Viel Pfründen Mancher besitzen thut,
Der nicht zu einem Pfründlein gut,
Dem er möcht' recht Genüge thun,
Der tauscht und kauft nun ohne Ruhn,
dass er wol irr wird in der Zahl
Und thut ihm also weh die Wahl,
dass er sitz' auf der rechten Stelle,
Um dort zu leben als guter Geselle.
Das ist eine sorgenvolle Collekt':
Wahrlich, der Tod im Hafen steckt!
Wo man Pfründen jetzo verleiht,
Sind Simon und Hiesi nicht weit.
Merk: will viel Pfründen ein Geselle,
So harrt er der letzten in der Hölle,
Da wird er finden eine Präsenz,
Die mehr bringt als sechsmal Absenz.
Wer singt cras, cras gleichwie ein Rabe,
Der bleibt ein Narr bis hin zum Grabe;
Noch größre Kapp' er morgen habe.
Der ist ein Narr, dem Gott gebeut,
dass er sich bessern soll noch heut
Und ab von seinen Sünden stehn,
Ein besser Leben sich ersehn,
Und der nicht gleich sich bessern mag,
Nein, Frist sich setzt zum andern Tag
Und singt cras, cras! des Raben Sang,
Und weiß nicht, ob er lebt so lang.
Viel Narren sind verlorn gegangen,
Die allzeit: Morgen! Morgen! sangen.
Was Sünd' und Narrheit sonst angeht,
Da eilt man zu so früh wie spät;
Was Gott betrifft und Rechtes thun,
Das schleicht gar langsam näher nun,
Dem suchen Aufschub stets die Leute.
»Morgen ist besser beichten denn heute!
Wir lernen Rechtthun morgen schon!«
So spricht gar mancher verlorne Sohn.
Derselbe Morgen kommt nimmer je,
Er flieht und schmilzt gleichwie der Schnee.
Erst wenn die Seel' nicht bleiben mag,
Dann kommt dem Morgen erst sein Tag,
Dann wird von Weh der Leib gekränkt,
dass er nicht an die Seele denkt.
So sind auch in der Wüste vergangen
Der Juden viel; deren sollte gelangen
Kein einziger in jenes Land,
Das Gott verhieß mit milder Hand.
Wer heut' nicht fähig zur Reue ist,
Hat morgen noch mehr, was ihm gebrist.
Wen heute beruft die Gottesstimm',
Weiß nicht, ob sie ruft morgen ihm,
Drum sind viel Tausend jetzt verloren,
Die morgen sich zu bessern schworen!
Heuschrecken hütet an der Sonnen
Und Wasser schüttet in den Bronnen,
Wer hütet die Frau, so er gewonnen.
Viel Narrentag' und viel Verdruß
Hat, wer der Frauen hüten muss;
Denn welche wohl will, thut selbst recht,
Die übel will, die macht bald schlecht,
Wie sie zu Wege bring' all Tag
Ihr bös Fürnehmen und Anschlag.
Legt man ein Malschloß schon dafür
Und schließt all Riegel, Thor und Thür
Und setzt ins Haus der Hüter viel,
So geht es dennoch, wie es will.
Was half der Thurm, drein Danaë ging,
Dafür, dass sie ein Kind empfing?
Penelope war frei und los
Und hatt' um sich viel Buhler groß,
Ihr Mann blieb zwanzig Jahre aus,
Und sie blieb fromm in ihrem Haus.
Der sprech' allein, dass er noch sei
Von Weiber-List und Truge frei,
Und hab' die Frau auch lieb und hold,
Den seine Frau nie täuschen wollt'.
Eine Frau, die hübsch, doch närrisch ist,
Gleicht einem Roß, dem's Ohr gebrist;
Wer mit derselben ackern will,
Der macht der krummen Furchen viel.
Das sei der frommen Frau Geberde:
Die Augen schlagen zu der Erde,
Nicht Artigkeit von Jedermann
Eintauschen, jeden gäffeln an,
Noch hören all, was man ihr sagt:
Viel Kupplern Schafsgewand behagt.
Hätt' Helena nicht, als Paris schrieb,
Antwort gegeben, er sei ihr lieb,
Und Dido durch ihre Schwester Ann',
Sie wären beid' ohn fremden Mann.
Wer durch die Finger sehen kann
Und läßt die Frau einem andern Mann,
Da lacht die Katz' die Maus süß an.
Ehbrechen wägt man als gering,
Als ob man schnellt' einen Kieseling.
Ehbruch hat des Verbots nicht Acht,
Das Kaiser Julius gemacht.
Man scheut jetzt Straf noch Tadel nicht,
Das macht, die in der Ehe Pflicht
Zerbrechen Töpf' und Häfen gleich
Und: Schweig du mir, so ich dir schweig!
Und: kratz du mich, so kratz' ich dich!
Man kann die Finger halten sich
Vor's Auge so, dass man doch sieht,
Und wachen bei geschlossenem Lid.
Man kann jetzt leiden Frauenschmach,
Und folgt nicht Straf' noch Rache nach.
Stark ist im Land der Männer Magen,
Sie können Schande viel vertragen
Und thun, was ehemals Cato that,
Der dem Hortens die Frau abtrat.
Gar wen'gen gehen jetzt zu Herzen
Aus Ehbruch Leid' und Sorg' und Schmerzen,
Wie die Atriden straften recht,
Da ihre Frauen man geschwächt,
Oder wie Collatinus that,
Als man Lucrezia Schmach anthat.
Drum ist der Ehbruch jetzt so groß,
Auf allen Straßen ist Clodius los.
Wer jetzt mit Geißeln die wohl strich',
Die wegen Ehbruchs rühmen sich,
Wie man Salustio gab Lohn, –
Trüg Mancher Striemen viel davon.
Wär' solche Plag' für Ehbruch da,
Wie Abimelech einst geschah,
Sowie den Söhnen Benjamin,
Oder würd' ihm solcher Gewinn,
Wie David geschah mit Bersabe, –
Mancher würd' brechen nicht die Eh'.
Wer leiden mag, dass sein Weib sei
Im Ehbruch, und er wohnt ihr bei,
So er das kündlich weiß und sieht,
Den hält für klug nicht mein Gemüth.
Er gibt ihr Ursach mehr zu Fall;
Dazu die Nachbarn munkeln all,
Er hab' mit ihr Theil und gemein,
Und ihre Beute sei auch sein.
Sie sprech' zu ihm: »Hans, guter Mann,
Dich seh' ich doch am liebsten an!« –
Die Katz' den Mäusen gern nachgeht,
Wenn sie das Mausen erst versteht;
Und die viel Andre hat versucht,
Wird also schandbar und verrucht,
dass Ehr' und Scham sie nicht mehr achtet,
Nach Ueppigkeit allein sie trachtet.
Ein Jeder schau, dass er so lebe,
dass er der Frau nicht Ursach gebe;
Er halt' sie freundlich, lieb und schön
Und scheu' nicht jeder Glock' Getön,
Noch keif' er mit ihr Nacht und Tag;
Er sehe, was die Glocke schlag',
Dann laß dies treuer Rath dir sein:
Führ' nicht viel Gäste bei dir ein!
Vor allen schaue der genau,
Wer hat 'ne feine, schöne Frau,
Denn Niemand ist zu trauen wol,
Die Welt ist falsch und Untreu' voll.
Es blieb' die Frau dem Menelaus,
Wenn Paris nicht kam in das Haus;
Hätt' Agamemnon den Aegisth
Nicht zu Haus gelassen, wie Ihr wißt,
Und ihm vertraut Hof, Gut und Weib,
Er hätt' verloren nicht den Leib,
Gleichwie Kandaules, der Thor so groß,
Der zeigte sein Weib einem Andern bloß.
Wer Freude nicht will haben allein,
Dem geschieht ganz recht, wird sie gemein;
Drum soll man halten das für's Beste,
Wenn Ehleut' nicht gern haben Gäste.
Zumal denen nicht zu trauen ist:
Die Welt steckt voll Betrug und List!
Wer Argwohn hat, der glaubt gar bald,
Man thue, was ihm nicht gefallt,
Wie Jakob mit dem Rock geschah,
Den er mit Blut besprenget sah;
Ahasverus dachte, dass Haman meinte
Die Esther zu schmähen, der doch weinte;
Für Sarah fürchtete Abraham eh,
Bevor er kam gen Gerare.
Besser ist ängstlich hüten das Haus
Als brüten fremde Eier aus.
Wer viel ausfliegen will zu Wald,
Der gleichet der Grasmücke bald.
Wer brennende Kohlen ins Kleid sich legt
Und Schlangen in seinem Busen trägt
Und in der Tasche zieht eine Maus, –
Solche Gäste nützen wenig dem Haus.
Mancher hält sich für witzig gern
Und bleibt 'ne Gans doch heuer wie fern,
Lernt nicht Vernunft noch Zucht begehrn.
Ein Narr ist, wer viel Gutes hört
Und doch nicht seine Weisheit mehrt,
Wer allzeit wünscht Erfahrung viel
Und sich davon nicht bessern will,
Und was er sieht, begehret auch,
Damit man merk', er sei ein Gauch.
Denn das plagt alle Narren sehr:
Was neu ist, das ist ihr Begehr;
Doch ist die Lust dran bald verloren
Und etwas Andres wird erkoren.
Ein Narr ist, wer durchfährt viel Land
Und wenig Kunst lernt und Verstand,
Der als eine Gans geflogen aus
Und kommt als Gagak heim nach Haus.
Nicht genug ist's, dass er gewesen sei
Zu Rom, Jerusalem, in der Türkei,
Sondern dass etwas gelernt er hat,
dass er kann Vernunft, Kunst, guten Rath;
Das halt' ich für ein Wandeln gut.
Denn wär' voll Kreuze auch dein Hut,
Und könntest du schei ... Perlen fein,
So schätzte ich doch nicht allein,
dass du viel Land besucht und sahst
Und – wie die Kuh ohn' Weisheit stahst.
Denn wandern bringt nicht große Ehre,
Es sei denn, dass man klüger wäre.
Hätt' Moses in Egyptenland
Und Daniel nicht gelernt Verstand,
Als er war in Chaldäa fern,
Man würde sie nicht also ehrn.
Mancher kommt staubig zu der Beicht',
Der rein zu werden meint und leicht,
Und geht doch wieder fort unrein
Und trägt am Hals den Mühlenstein.
Wer stets im Esel hat die Sporen,
Der rückt ihm oft bis auf die Ohren:
Leicht zürnen passt wol einem Thoren.
Der Narr das Eselreiten liebt,
Der unnütz sich mit Zorn betrübt
Und um sich schnappet wie ein Hund,
Kein gutes Wort läßt aus dem Mund,
Keinen Buchstaben kennt als nur das R
Und meint, man soll ihn fürchten sehr,
Weil er kann zürnen nach Behagen.
Drum hört man gute Gesellen sagen:
»Wie thut der Narr sich so zerreißen!
Unglück will uns mit Narrn beschei ...!
Er wähnt, man hab' nicht Narren zuvor
Gesehen als Hans Eselsohr!«
Zorn hindert eines Weisen Muth,
Der Zornige weiß nicht, was er thut.
Archytas sprach zu seinem Knecht,
Als ihm von dem geschah Unrecht:
»Ich würde dies nicht schenken dir,
Spürt' ich nicht jetzo Zorn in mir!«
Mit Plato solches auch geschah;
An Sokrates nicht Zorn man sah.
Wen leicht sein Zorn zu Ungeduld
Bringt, der fällt bald in Sünd' und Schuld.
Geduld besänftigt Widrigkeit,
Eine weiche Zunge Härtigkeit;
All' Tugend Ungeduld zerbricht,
Wer zornig ist, der betet nicht.
Vor schnellem Zorn dich allzeit hüte,
Denn Zorn wohnt in des Narrn Gemüthe.
Viel leichter wär' eines Bären Zorn,
Hätt' er die Jungen auch verlorn,
Als dulden, was ein Thor dir thut,
Der auf die Narrheit setzt den Muth.
Ein Weiser thut gemach zu Zeiten,
Dem Jähen ziemet Eselreiten.
Wer auf den eignen Sinn ausfleugt
Und gern zu Vogelnestern steigt,
Der fällt zur Erde oft und leicht.
Der kratzt sich mit den Dornen scharf,
Wen dünkt, dass Niemands er bedarf,
Und meint, er sei allein so klug,
Für alle Dinge weis genug;
Der irrt gar oft auf ebnem Wege
Und führt sich leicht auf wilde Stege,
Auf denen Heimkehr nicht wird sein.
Weh dem, der fällt und ist allein!
Zu Ketzern wurden oft verkehrt,
Die rechter Tadel nicht belehrt,
Verlassend sich auf eigne Kunst,
dass sie erlangten Ruhm und Gunst.
Viel Narren fielen schnell und jach,
Die stiegen Vogelnestern nach
Und suchten Weg, wo keiner was;
Ohn' Leiter mancher niedersaß;
Verachtung oft den Boden rührt;
Vermessenheit viel Schiff' verführt,
Und dem folgt Nutzen nie noch Ehre,
Wer nicht will, dass man ihn belehre.
Die Welt wollt' Noah hören nie
Bis untergingen Leut' und Vieh;
Korah wollt' thun, was Schand' erwarb,
Drum er mit seinem Volke starb.
Das sondre Thier, das frißt gar viel.
Wer eignen Kopf gebrauchen will,
Sich zu zertrennen untersteht
Den Rock, der doch nicht ist genäht.
Wer hofft, vom Narrenschiff zu weichen,
Der muss vom Wachs ins Ohr sich streichen,
Das that Ulysses auf dem Meer,
Als er sah der Sirenen Heer
Und ihm durch weisen Sinn entkam,
Womit ihr Stolz ein Ende nahm.
Wer sitzet auf des Glückes Rade,
Der luge, dass kein Fall ihm schade,
Und dass er etwan komm' zum Bade.
Der ist ein Narr, der hochauf steigt,
Damit er Schmach und Schande zeigt,
Und sucht stets einen höhern Grad
Und denkt nicht an des Glückes Rad.
Was hochauf steigt in dieser Welt,
Gar plötzlich oft zu Boden fällt.
Kein Mensch so hoch hier kommen mag,
Der sich verheißt den künft'gen Tag,
Und dass er Glück dann haben will,
Denn Klotho hält ihr Rad nicht still,
Oder der Güter und Gewalt
Vorm Tod einen Augenblick behalt'.
Wer Macht hat, der hat Angst und Noth,
Viel sind um Macht geschlagen todt.
Die Herrschaft hat nicht langen Halt,
Die man muss schirmen mit Gewalt.
Wo keine Lieb' und Gunst der Gemein',
Da ist viel Sorg' – und Freude klein.
Es muss viel fürchten, wer da will,
dass ihn auch sollen fürchten viel.
Nun ist die Furcht ein böser Knecht,
Sie mag nicht lange hüten recht.
Wer hat Gewalt, derselbe lerne
Liebhaben Gott und ehr' ihn gerne.
Wer Gerechtigkeit hält in der Hand,
Deß Macht mag haben gut Bestand;
Deß Herrschaft war wohl angelegt,
Um dessen Tod man Trauer trägt.
Weh dem Regenten, nach deß Tod
Man sprechen muss: »Gelobt sei Gott!«
Wer einen Stein wälzt auf die Höh',
Auf den fällt er und thut ihm weh,
Und wer vertrauet auf sein Glück,
Fällt oft in einem Augenblick.
Wer krank ist und liegt in der Noth
Und folgt nicht eines Arztes Gebot,
Der hab' den Schaden, der ihm droht!
Der ist ein Narr, der nicht versteht,
Was ihm ein Arzt in Nöthen räth,
Und der nicht recht diät will leben,
Wie ihm der Arzt hat aufgegeben,
Und der für Wein nun Wasser nimmt
Und andres, was ihm sonst nicht ziemt,
Und lugt, dass er sein Lüstchen labe,
Bis man ihn hinträgt zu dem Grabe.
Wer bald der Krankheit will entgehn,
Der soll dem Anfang widerstehn,
Denn Arzenei muss wirken lang,
Wenn Krankheit schon nahm Ueberhang.
Wer gern will werden bald gesund,
Der zeig' dem Arzte recht die Wund'
Und dulde, dass man sie aufbreche
Oder mit Sonden darein steche,
Sie hefte, wasche und verbinde,
Ob man ihm auch die Haut abschinde,
Damit ihm nur das Leben bleibe
Und man die Seel' nicht von ihm treibe.
Ein guter Arzt darum nicht flieht,
Wenn auch der Kranke halb hinzieht;
Ein Siecher billig dulden soll
Auf Hoffnung, dass ihm bald werd' wohl.
Wer einem Arzt in Krankheit lügt
Und in der Beicht' den Priester trügt
Und Falsches sagt dem Advocaten,
Der ihm doch soll zum Guten rathen,
Der hat sich ganz allein gelogen,
Zu seinem Schaden sich betrogen.
Ein Narr ist, wer zum Arzte geht
Und folgt nicht dessen Worten stät,
Doch alter Weiber Nath hält fest
Und in den Tod sich segnen läßt
Mit Amulet und Narrenwurz,
Deß nimmt zur Helle er den Sturz.
Des Aberglaubens ist jetzt viel,
Womit man Heilung suchen will, –
Wenn ich den all zusammensuch',
Mach' ich wol draus ein Ketzerbuch.
Der Kranke nach Gesundheit schmachtet
Und überall nach Hilfe trachtet;
Den Teufel riefe Mancher an,
dass er der Krankheit möcht' entgahn,
Wenn er von ihm Hilf' wartend wäre
Und nicht müßt' sorgen größre Schwere.
Der wird in Narrheit ganz verrucht,
Wer wider Gott Gesundheit sucht
Und ohne Weisheit doch begehrt,
dass er will weis sein und gelehrt,
Der ist gesund nicht, sondern blöde,
Nicht klug, vielmehr in Thorheit schnöde;
In stäter Krankheit er verharrt
Und ist in Blindheit ganz ernarrt.
Krankheit aus Sünden oft entspringt,
Denn Sünde großes Siechthum bringt.
Drum wer der Krankheit will entgehn,
Dem soll Gott wohl vor Augen stehn,
Der soll sich erst der Beichte nahn,
Eh' er will Arzenei empfahn,
Und soll zuvor die Seele heilen,
Eh' er zum Leibesarzt will eilen.
Doch redet jetzo mancher Gauch:
»Was sich beleibt, beseelt sich auch!«
Doch wird es sich zuletzt so leiben,
dass weder Leib noch Seele bleiben,
Und ewige Krankheit den ficht an,
Der hier will zeitlicher entgahn.
Viel sind verfault und längst schon todt,
Die, hätten sie gesuchet Gott,
Sich Gnad' erworben, Hilf' und Gunst,
Eh' sie gesucht Arzneienkunst
Und Leben hofften ohne Gnaden,
Hinstarben zu der Seele Schaden.
Hätt' Makkabäus recht vertraut
Auf Gott und nicht auf Rom gebaut,
Wie er zuerst gesonnen war,
Er hätt' gelebt noch lange Jahr'.
Hiskias wär' gestorben todt,
Hätt' er sich nicht gekehrt zu Gott
Und so erworben, dass Gott wollte,
dass er noch länger leben sollte.
Hätt' sich Manasse nicht bekehrt,
Gott hätt' ihn nimmermehr erhört.
Der Herr zu dem Bettsiechen sprach,
Der lange Jahr' gewesen schwach:
»Geh hin, bleib rein und sei kein Narr,
dass dir nicht Schlimmeres widerfahr!«
Mancher gelobt in Krankheit viel,
Wie er sein Leben bessern will,
Von dem spricht man: »Der Sieche genas
Und wurde schlimmer, als er was!«
Er meinet Gott damit zu äffen:
Bald wird ihn größre Plage treffen!
Wer laut den Anschlag kündet an
Und spannt sein Garn vor Jedermann,
Vor dem man leicht sich hüten kann.
Ein Narr ist, wer will sahen Sparrn
Und offenkundig stellt das Garn;
Denn leicht ein Vogel dem entflieht,
Wenn er es offen vor sich sieht.
Wer nichts als drohen thut all' Tage,
Da sorgt man nicht, dass er fest schlage;
Wer seinen Rath schlägt offen an,
Vor dem bewahrt sich Jedermann.
Hätt' nicht Nikanor seinen Rath
Verändert, als so fremd er that,
So hätt' ihn Judas nicht errathen
Und sich so bald bewahrt vor Schaden.
Der dünket mich ein Weiser sehr,
Weiß er den Plan, sonst Niemand mehr,
Zumal wenn ihm sein Heil liegt an.
Es will jetzt horchen Jedermann
Und sich in solche Händel stecken,
Die hinten kratzen, vorne lecken.
Den halt' ich nicht als weisen Mann,
Wer sein Rath nicht bergen kann.
Denn Narrenrath und Buhlerwerk,
Eine Stadt, erbaut auf einem Berg,
Und Stroh, das in den Schuhen steckt,
Die viere werden bald entdeckt.
Ein Armer wahrt wol Heimlichkeit,
Eines Reichen Sache trägt man weit;
Sie wird durch treulos Hausgesind'
Verrathen und verschwatzt geschwind.
Ein jedes Ding kommt leichtlich aus
Durch die Genossen in dem Haus.
Es schadet uns kein schlimmrer Feind
Als die, so Wohnung mit uns eint;
Die bringen viel um Leib und Gut,
Vor denen man nicht auf der Hut.
Wer einen Thoren sieht fallen hart
Und sich darnach doch nicht bewahrt, –
Greift einem Narren an den Bart.
Täglich sieht man der Narren Fall
Und spottet ihrer überall;
Sie sind verachtet bei den Klugen,
Die selbst die Narrenkapp' oft trugen;
Es schilt ein Narr den andern Narren
Und fährt auf dessen Weg den Karren
Und stößt sich dort zu jeder Frist,
Wo erst ein Narr gefallen ist.
Hippomenes sah manchen Gauch
Vor sich enthaupten, wollte auch
Sich und sein Leben wagen ganz,
Und fast war Unglück seine Schanz.
Ein Blinder schilt den andern blind,
Wiewol sie beid' gefallen sind;
Ein Krebs den andern schalt, um dass
Er hinter sich gegangen was,
Und ging ihrer keiner vorwärts doch,
Denn einer hinter dem andern kroch.
Dem Stiefvater folgt oft und viel,
Wer nicht dem Vater folgen will.
Hätt' Phaëton nicht den Wagen bestiegen,
Thät Ikarus so hoch nicht fliegen,
Wären gefolgt den Vätern beide, –
Sie blieben verschont von Tod und Leide.
Noch nie bei Gott zu Gnaden kam,
Wer nachgefolgt Jerobeam,
Obschon er sah, dass Rach' und Plag'
Kam stets ohn' Unterlaß darnach.
Wer einen Narrn sieht fallen hart,
Mög' selbst sich halten wohlbewahrt,
Denn das ist gar ein weiser Mann,
Wer sich durch Narren bessern kann.
Der Fuchs wollt' nicht zur Höhle gehn,
Weil kein Thier wieder er gesehn.
Glock' ohne Klöpfel gibt nicht Ton,
Hängt auch darin ein Fuchsschwanz schon:
Nicht jedes Wort dem Ohr bringt Lohn.
Wer bei der Welt auskommen will,
Der muss jetzt leiden Kummers viel
Und sehen viel vor seiner Thür
Und hören manche Ungebühr.
Darum in großem Lobe stehn,
Die nicht mehr mit der Welt umgehn,
Und sind durchgangen Berg und Thal,
dass sie die Welt nicht brächt' zu Fall
Und sie vielleicht vergingen sich.
Doch läßt die Welt sie nicht ohn' Stich,
Wiewol sie nicht verdienen kann,
dass man trifft solche bei ihr an.
Wem recht zu thun ist Herzenspflicht.
Der achte nicht, was Jeder spricht,
Bleib' vielmehr auf dem Vorsatz steif,
Und hör' nicht auf des Narren Pfeif';
Hätten Propheten und Weißagen
Sich an Nachred' in ihren Tagen
Gekehrt und nicht gesagt Bescheid, –
Es wär' ihnen längst geworden Leid.
Es lebt auf Erden gar kein Mann,
Der recht thun jedem Narren kann;
Wer Jedermann könnt' dienen recht,
Der müßte sein ein guter Knecht
Und früh vor Tag dazu aufstehn
Und selten wieder schlafen gehn.
Der muss Mehl haben mehr denn viel,
Wer Jedem das Maul verstopfen will,
Denn es steht nicht in unsrer Macht,
Was jeder Narr kläfft, schwatzt und sagt.
Die Welt muss treiben, was sie kann,
Sie hat's vor Manchem mehr gethan.
Ein Gauch singt Kuckuk oft und lang
Wie jeder Vogel seinen Sang.
Man kann die Narren gut entbehrn,
Die stets mit Steinen werfen gern
Und sind von Straf' und Weisheit fern.
Ihr Narren, wollt von mir begehrn
Anfang der Weisheit, Furcht des Herrn!
All Kunst der Heiligen liegt bereit
Im Wege der Fürsichtigkeit.
Von Weisheit wird der Mensch geehrt,
Von ihr so Tag wie Jahr gemehrt.
Ein Weiser ist nütz der Gemeine,
Ein Narr den Kolben trägt alleine;
Er dünkt sich weise wie ein Gott
Und treibt mit allen Weisen Spott.
Der macht sich selbst Gespöttes viel,
Wer einen Spötter lehren will;
Wer straft den bösgesinnten Mann,
Der hängt sich selbst ein Läpplein an.
Einen Weisen straf', der hört dich gern
Und eilt, dass er von dir mehr lern'.
Wer einen Gerechten strafen thut, –
Der nimmt von ihm die Straf' für gut;
Der Ungerechte schändet Viel
Und ist doch oft der Schande Ziel.
Der Häher ein Spottvogel ist,
Und doch gar Vieles ihm gebrist.
Wirft man den Spötter vor die Thür,
So kommt mit ihm all Spott dafür,
Und was er Zank und Speiwort treibt,
dasselbe vor der Thüre bleibt.
Hätt' David nicht sein selbst geschont,
Wär' Nabals Spotte schlecht gelohnt;
Sannabalach den Spott bereute,
Als man Jerusalem erneute.
Von Bären wurde den Kindern vergolten,
Die glatzig den Propheten gescholten.
Simei nennt viel Söhne sein,
Die werfen gern mit Koth und Stein.
dass ich nur Zeitliches betrachte
Und auf das Ewige nicht achte,
Das schafft, weil mich ein Affe machte.
Ein Narr ist, wer sich rühmt mit Spott,
dass er das Himmelreich ließ Gott,
Und wünscht nur, dass er leben mag
In Narrheit bis zum jüngsten Tag
Und bleiben mög' ein guter Gesell',
Fahr' er dann hin, wo Gott befehl'.
Ach Narr, gäb' es selbst Erdenfreud',
Die Tag und Nacht währt' ohne Leid,
dass sie nicht würd' verbittert dir,
So möcht' ich denken doch in mir,
dass du dir wünschest eine Sach',
Die närrisch ist und klein und schwach.
Denn der fürwahr als Thor sich brüstet,
Den hier die Läng' zu leben lüstet,
Wo nichts ist denn das Jammerthal:
Kurz Freud', lang Leid steckt überall.
Gedenken soll man wol dabei,
dass hier kein bleibend Wesen sei,
Dieweil wir werden all gesandt
Von hinnen in ein fremdes Land.
Viel sind vorauf, uns ruft der Tod,
Wir müssen doch einst schauen Gott,
Es sei zur Freude oder Straf'.
Drum sage an, du thöricht Schaf,
Ob größre Narrn je war'n auf Erden,
Als die, so dies mit dir begehrten?
Du willst von Gotte scheiden dich
Und wirst dich scheiden ewiglich.
Ein Honigtröpflein dir gefällt,
Und hast dort Galle ungezählt;
Einen Augenblick währt hier die Freud',
Dort ewig Freude sowie Leid.
Drum, wer mit Frevel treibt solch Wort,
Den irrt sein Anschlag hier und dort.
Wer Vogel und Hund zur Kirche führt
Und Andere im Beten irrt,
Derselbe den Gauch wol streicht und schmiert.
Man darf nicht fragen, wer die seien,
Bei denen die Hund' in der Kirche schreien,
Während man Mess' hält, predigt und singt,
Oder bei denen der Habicht schwingt
Und läßt seine Schellen so laut erklingen,
dass man nicht beten kann noch singen.
Da muss behauben man die Hätzen,
Das ist ein Klappern und ein Schwätzen!
Durchhecheln muss man alle Sachen
Und Schnippschnapp mit den Holzschuhn machen,
Und Unfug treiben mancherlei.
Da lugt man, wo Frau Kriemhild sei,
Ob sie nicht wolle um sich gaffen
Und machen aus dem Gauch 'nen Affen?
Ließ Jedermann den Hund im Haus,
dass man nicht stehle etwas draus,
Ließ man den Gauch stehn auf der Stangen,
Dieweil zur Kirche man gegangen,
Und brauchte Holzschuh' auf der Gassen,
Wo wenig Dreck man möchte fassen,
Und betäubte nicht Jedermann die Ohren,
So kennte man wol nicht die Thoren.
Doch macht Natur sie offenbar
Und Narrheit zeigt sich hell und klar.
Es gab uns Christus das Exempel,
Der trieb die Wechsler aus dem Tempel,
Und die da hatten Tauben feil,
Trieb er in Zorn aus mit dem Seil.
Sollt' er jetzt offen Sünd' austreiben,
Wer würde in der Kirch' wol bleiben!
Er trieb' wol oft den Pfarrer aus
Und ließ den Meßner nicht im Haus!
Dem Gotteshaus ziemt Heiligkeit,
Das sich der Herr zur Wohnung weiht.
Wen Muthwille ins Feuer bringt,
Und wer von selbst in den Brunnen springt,
Dem geschieht schon Recht, wenn er ertrinkt.
Der ist ein Narr, wer betet stät
Und thut, – so dünkt ihn, – heiß Gebet
Und ruft zu Gott oft überlaut,
dass er komm' von der Narrenhaut,
Und doch die Kapp' nicht missen kann;
Er zieht sie täglich selber an
Und meint, Gott woll' ihn hören nicht;
So weiß er selbst nicht, was er spricht.
Wer in den Brunnen keck erst springt
Und dann, voll Furcht, dass er ertrinkt,
Laut schreit, dass man ein Seil ihm brächt',
Deß Nachbar spricht: »Es geschieht ihm Recht!
Er ist gefallen selbst darein,
Er könnt' geblieben draußen sein!«
Empedokles in Narrheit kam
Und sprang selbst in des Aetna's Flamm'.
Hätt' Jemand ihn daraus befreit,
Der thät ihm Unrecht an und Leid:
Denn er war worden Narr so sehr,
Er hätt' es doch versucht noch mehr.
So thut, wer meint, Gott solle ihn
Mit Wort und Gewalt recht zu sich ziehn,
Ihm geben Gnad' und Gaben viel,
Und doch sich drein nicht schicken will.
Mancher verkürzt sich den Lebenstag,
dass Gott ihn nicht mehr hören mag,
Weil er ihm nicht die Gnad' verleiht,
dass er erfleht, was ihm gedeiht.
Wer betet, wie ein Thor gesinnt,
Der schlägt den Schatten, bläst den Wind.
Mancher mit Bitten von Gott begehrt,
Was, ihm verliehn, nur Leid gewährt.
Drum, wer da lebt im Stand voll Sorgen,
Trag' seinen Schaden heut' wie morgen!
Narrheit hat gar ein groß Gezelt;
Es lagert bei ihr alle Welt,
Zumal wer Macht hat und viel Geld.
Noth ist, dass viele Narren sind,
Denn viel sind an sich selbst ganz blind,
Die mit Gewalt wollen witzig sein,
Da Jedermann mit klarem Schein
Wol ihre Narrheit sieht. Doch wagt
Es Keiner, dass »du Narr!« er sagt.
Und wenn sie großer Weisheit pflegen,
Ist's fast nur solcher Gäuche wegen;
Und wenn sie Niemand loben will,
So loben sie sich oft und viel,
Da doch der weise Mann gibt Kunde,
dass Lob stinkt aus dem eignen Munde.
Die in sich selbst Vertrauen setzen
Sind Narren und thörichte Götzen,
Wer aber klug im Wandel ist,
Der wird gelobt zu aller Frist.
Das Land ist selig, dessen Herrn
Die Weisheit leitet wie ein Stern,
Deß Rath auch ißt zu rechter Zeit
Und sucht nicht Gier noch Ueppigkeit.
Weh, weh dem Erdreich, das gewinnt
Einen Herren, der noch ist ein Kind,
Deß Fürsten prassen in der Früh'
Und achten nicht der Weisheit Müh'!
Doch ist ein Kind, das weise ist,
Viel besser noch zu jeder Frist
Denn ein König, der – ein alter Thor –
Die Zukunft nicht bedenkt zuvor.
Weh dem Gerechten über Weh,
Wenn Narren steigen in die Höh'!
Jedoch wenn Narren untergehn,
Gar wol Gerechte dann bestehn.
Das ehrt ein Land so nah wie fern,
Wenn ein Gerechter wird zum Herrn,
Aber sobald ein Narr regiert,
So werden viel mit ihm verführt.
Der thut nicht Recht, wer bei Gericht
Nach Freundschaft und nach Ansehn spricht,
Der selbst auch um den Bissen Brod
Wahrheit und Recht zu lassen droht.
Gerecht Urtheil steht Weisen wohl,
Ein Richter Niemand kennen soll.
Gericht soll sein für Freundschaft blind;
Susannen-Richter noch viel sind,
Die Muthwill treiben und Gewalt;
Gerechtigkeit, die ist ganz kalt.
Die Schwerter sind verrostet beide
Und wollen nicht recht aus der Scheide;
Sie schneiden nicht, wo es ist noth:
Gerechtigkeit ist blind und todt.
Jetzt singen All des Geldes Lied;
Jugurtha, als von Rom er schied,
Da sprach er: »O du feile Stadt,
Wie wärst du bald so schach und matt,
Wenn sich ein Käufer stellte ein!«
Man findet Städte groß und klein,
Wo man Handschmierung gerne nimmt
Und alsdann thut, was sich nicht ziemt.
Freundschaft und Lohn Wahrheit verkehrt,
Wie Mosis Schwäher schon ihn lehrt,
Neid, Pfennige, Freundschaft, Macht und Gunst
Zerbrechen jetzt Recht, Brief und Kunst.
Die Fürsten waren sonst wol weis,
Die Räthe alt, gelehrt und greis,
Da stand es wohl in jedem Lande,
Da ward gestrafet Sünd' und Schande
Und Friede war rings in der Welt.
Jetzt hat die Narrheit ihr Gezelt
Geschlagen auf und liegt zur Wehr;
Sie zwingt die Fürsten und ihr Heer,
dass Weisheit sie und Kunst aufgeben
Und nur nach eignem Nutzen streben
Und wählen sich kindischen Rath.
Darum es leider übel staht
Und künftig hat noch bös're Gestalt:
Narrheit ist groß bei großer Gewalt.
Gar mancher Fürst hätt' lang regiert
Durch Gottes Gnad', wenn nicht verführt
Und karg er würd' und ungerecht
Durch Reizung falscher Räth' und Knecht.
Die nehmen Gab', Geschenk und Miete;
Vor solchen ein Fürst sich billig hüte!
Wer Gabe nimmt, der ist nicht frei,
Geschenk bewirkt Verrätherei,
Wie von Ehud geschah Eglon
Und Dalida verrieth Samson.
Andronîcus güldne Gefäße nahm,
Drob Onyas zu Tode kam;
Um Ben-Hadads Bündniß war's geschehn,
Als er die Gaben angesehn;
Tryphon voll Trug bewirken wollte,
dass Jonathas ihm glauben sollte,
Drum schenkt' er Gaben ihm zuvor,
dass jener würd' ein blinder Thor.
In Thorheit will man hier beharren
Und ziehen einen schweren Karren,
Dort wird der Wagen nachgefahren.
Gott läßt die Narren nicht verstehn
Die Wunder, die von ihm geschehn
So sonst wie jetzt; darum verdirbt
Gar mancher Narr, der zeitlich stirbt
Allhier und dort ist ewig todt,
Weil er nicht kennen lernte Gott
Und leben nach dem Willen sein.
Hier hat er Plag', dort trägt er Pein,
Hier muss er Karrenbürde tragen,
Dort wird er ziehen erst im Wagen.
Drum, Narr, so frag' nicht nach dem Steg,
Der führet auf der Höllen Weg!
Gar leicht dahin man kommen mag,
Der Weg steht offen Nacht und Tag
Und ist gar breit und glatt zu sehn,
Denn viele Narren auf ihm gehn.
Aber der Weg zur Seligkeit,
– Der Weisheit nur ist er bereit, –
Der ist gar eng, schmal, steil und hart,
Und Wenige wagen drauf die Fahrt
Und haben drauf zu gehn den Muth.
Der Narren Frag', die man oft thut,
Will ich damit beschlossen haben:
Warum man Narren mehr sieht traben
Oder die fahren zu der Helle
Denn Volks, das nach der Weisheit stelle?
Die Welt in Ueppigkeit ist blind,
Viel Narren, wenig Weise sind.
Viel sind berufen zu dem Mahl,
Klein ist, – merkt's! – der Erwählten Zahl.
Sechshunderttausend Mann allein
Ohne die Fraun und Kinder klein
Führt' Gott einst durch des Meeres Sand: –
Zween kamen ins gelobte Land.
Ein Gesellenschiff fährt
jetzt daher,
Das ist von Handwerksleuten schwer,
Von allem Gewerbe und Hantiren,
Sein Geräth thut Jeder mit sich führen.
Kein Handwerk hat mehr seinen Werth,
Ueberlastet ist jedes und beschwert;
Ein jeder Knecht will Meister werden,
Drum sind jetzt Handwerk viel auf Erden.
Mancher zum Meister sich erklärt,
Dem nie ein Handwerk ward gelehrt.
Einer dem Andern werkt zu Leide
Und treibt sich selbst oft über die Haide;
dass wohlfeil er es schaffen kann,
Sieht er oft die Stadt mit dem Rücken an.
Was dieser nicht will billig geben,
Da sieht man zwei oder drei daneben,
Die meinen das zu liefern wol,
Doch die Arbeit ist nicht, wie sie soll;
Man sudelt Waare jetzt in Eil',
dass man sie billig halte feil.
Dabei kann man nicht lange bleiben:
Theuer kaufen und wohlfeil vertreiben!
Mancher erleichtert Andern den Kauf
Und nimmt darüber zum Thor den Lauf.
Wohlfeilen Kauf liebt Jedermann,
Und ist doch keine Bürgschaft dran;
Denn wenig Kosten legt man an,
Wenn man es schnell nur schaffen kann,
Und wenn es nur ein Ansehn habe.
Das Handwerk trägt man so zu Grabe,
Es kann kaum noch ernähren sich.
»Was du nicht thust, das thu' nun ich
Und leg' nicht Zeit noch Kosten an,
Wenn ich nur recht viel liefern kann!«
Ich selbst, dass ich die Wahrheit sage,
Vertrieb mit solchen Narrn viel Tage,
Eh ich von ihnen hab' gedichtet.
Noch sind sie nicht recht zugerichtet,
Ich hätt' bedurft noch manchen Tag:
Kein gut Werk Eile leiden mag.
Ein Maler, der Apelles brachte
Ein Werk, das er in Eile machte,
Und sprach, er hätt' geeilt damit,
Fand die gewünschte Antwort nit.
»Das Werk,« sprach jener, »zeigt wol an,
Du wandtest wenig Fleiß daran;
dass du nicht viel in kurzer Frist
Dergleichen schufst, ein Wunder ist!«
So nützt bei keiner Arbeit Eile.
Die Probe es nicht leiden mag:
Zwanzig Paar Schuh auf einen Tag,
Ein Dutzend Degen zu bereiten.
Viel schaffen und dann Borg erleiden
Vertreibt gar Manchem oft das Lachen.
Böse Zimmerer viel Späne machen,
Die Maurer lassen große Brüche,
Die Schneider machen weite Stiche,
Da wird die Nath gar schwach davon.
Auf einen Tag den Wochenlohn
Die Drucker in der Schenk' verzehren,
Das ist so ihre Lebensart,
Ist doch die Arbeit schwer und hart
Mit Drucken und mit Bosseliren,
Mit Setzen, Schlichten, Corrigiren,
Auftragen mit der schwarzen Kunst,
Farb' brennen in des Feuers Brunst,
Dann reiben, und die Stäbchen spitzen.
Viel sind, die lang bei der Arbeit sitzen
Und schaffen doch kein besser Werk,
Das macht, sie sind von Affenberg
Und haben die Kunst nicht besser begriffen.
Mancher fährt gern in solchen Schiffen,
Denn es sind gute Knechte drin,
Die große Arbeit und kleinen Gewinn
Erlangen und verzehren leicht,
Weil stets ihr Hals vom Weine feucht.
Um Künftiges haben sie wenig Sorgen,
Will man nur heut noch ihnen borgen.
Einen Restkauf Mancher machen kann,
Wo er nicht viel gewinnt daran.
Man kann jetzt nichts verkaufen mehr,
Man hab' denn Gott geschworen vorher;
Und schwört man lange ein und aus,
So wird ein Fischerschlag dann draus.
Dabei merkt man, dass alle Welt
Gar fest am köln'schen Bieten hält:
»Dat half af!« gilt jetzt Nacht und Tag;
»Berath dich Gott!« bricht nicht den Sack.
So fahren die Zünfte all daher,
Doch sind viel Schiffe noch halb leer.
Den Eltern gleicht der Kinder Gesicht,
Wo man vor ihnen schämt sich nicht
Und Krüg' und Töpf' und Häfen bricht.
Wer vor Frauen und Kindern viel
Von Buhlschaft, Bosheit reden will,
Dem wird nicht unvergolten bleiben,
Was er vor ihnen wagt zu treiben.
Nicht Zucht, noch Ehr' ist mehr auf Erden:
Es lernen Frau und Kind Geberden
Und Wort. Die Frau von ihrem Mann,
Das Kind nimmt's von den Eltern an,
Und wenn der Abt die Würfel leiht,
So sind die Mönche spielbereit.
Die Welt ist jetzt voll böser Lehre,
Man findet keine Zucht noch Ehre:
Die Väter tragen Schuld daran,
Die Frau lernt es von ihrem Mann,
Der Sohn zum Vater sich gesellt,
Die Tochter zu der Mutter hält.
Drum Niemand sich zu wundern eile,
dass in der Welt manch Narr verweile.
Der Krebs gleichwie sein Vater tritt,
Es zeugt der Wolf kein Lämmlein nit,
Brutus und Cato sind beid' todt,
Drum Catilina's Rotte droht.
Sind Väter weis' und tugendreich,
Die zeugen Kinder ihnen gleich.
Diogenes einen Jungen sah
Betrunken; zu dem sprach er da:
»Du zeigst des Vaters Sitte schon,
Man sieht, du bist eines Trunkenen Sohn!«
Drum sehe man bedachtsam zu,
Was man vor Kindern red' und thu';
Gewohnheit, – andere Natur, –
Führt Kinder leicht auf schlechte Spur.
Drum lebe Jeder recht im Haus,
dass Aergerniß nicht komm' daraus!
Wollust durch Einfalt Manchen fällt,
Manchen sie auch am Flügel hält,
Viel haben ihr End' darin erwählt.
Wollust der Welt, die gleichet sich
Einem üppigen Weib, das öffentlich
Sitzt auf der Straß' und schreit sich aus,
dass Jedermann komm' in ihr Haus
Und die Gemeinschaft mit ihr theil',
Weil sie um wenig Geld sei feil,
Begehrend, dass man mit ihr übe
In Bosheit sich und falscher Liebe.
Drum gehn in ihren Schooß die Narren
Gleichwie der Ochs am Schinderkarren
Oder ein harmlos Schäflein geil,
Das nicht versteht, wie es ins Seil
Gefallen ist und in den Strang,
Bis ihm der Pfeil sein Herz durchdrang.
Denk', Narr, es gilt die Seele dein!
Du fällst tief in die Höll' hinein,
Wenn es in ihren Arm dich zieht.
Der wird dort reich, wer Wollust flieht.
Such' nicht der Zeiten Lust und Freude
Wie einst Sardanapal, der Heide,
Der dachte, dass man leben soll
Der Wollust, Freud' und Fülle voll;
Des Todten keine Freuden harren!
Das war der Rath recht eines Narren,
Der suchte sich so kurze Freud',
Doch gab er selbst sich recht Bescheid!
Wer sich mit Wollust will beladen,
Kauft kleine Lust mit Schmerz und Schaden.
Kein' Erdenfreud' ist also süße,
dass nicht zuletzt ihr Gall' entfließe;
Die Freude dieser ganzen Zeit
Wird doch zuletzt zu Bitterkeit,
Gleichwol setzt Meister Epikur
Das höchste Gut in Wollust nur.
Wer Heimlichkeit nicht kann bewahren
Und jeden Plan muss offenbaren,
Dem muss wol Schaden widerfahren.
Das ist ein Narr, wer offenbart
Der Frau, was er geheim bewahrt,
Der starke Simson büßte ein
Dadurch die Haar' und Augen sein.
Es ward auch ebenso verrathen
Der Seher Amphiaráus mit Schaden.
Die Schrift schon sagt, dass man den Frauen
Nicht Heimlichkeit soll anvertrauen;
Wer Heimliches nicht kann verschweigen,
Wer Blendwerk ausübt und dergleichen
Und krümmt die Lippen wie ein Thor,
Da hüt' ein Weiser sich davor!
Gar Mancher rühmt sich großer Sache,
Wo er des Nachts auf Buhlschaft wache,
Will man sein Wort dann recht ergründen,
Wird man ihn auf dem Mist oft finden;
Daraus gar oft ersieht man auch
Und merket, wo er ätzt den Gauch.
Willst du, dass ich etwas nicht sage,
So schweig, weil solches leicht ich trage;
Kannst du nicht Heimlichkeit bewahren,
Die du mir musstest offenbaren,
Was forderst Schweigen du von mir,
Da du's nicht halten kannst bei dir?
Hätt' Ahab nicht der Jezabel
Vertrauet sein Geheimniß schnell,
Hätt' er verschwiegen Naboths Wort,
Es wär' geschehen nicht ein Mord.
Wer etwas will im Herzen tragen,
Der hüte sich, es auszusagen,
Dann ist er sicher, dass man nicht
Es inne wird und davon spricht.
Jesajas sprach: »Nicht allgemein,
Nein, mein soll das Geheimniß sein!«
Wer nicht aus anderm Grunde je
Denn Gutes willen schritt zur Eh',
Der hat viel Zank, Leid, Hader Weh.
Wer in den Esel kriecht um Schmeer,
Ist an Vernunft und Weisheit leer;
Einen guten Tag und keinen je
Hat, wer ein alt Weib nimmt zur Eh',
Er wird auch wenig Freude sehn,
Weil keine Kinder ihm erstehn,
Und hat auch dann nur gute Zeit,
Sieht er den Pfennigsack recht weit,
Und der klingt oft ihm um die Ohren,
Durch den er worden ist zum Thoren.
Daher denn oftmals es geschehn,
dass wenig Glück dabei zu sehn,
Zieht man das Gut nur in Betracht
Und läßt Frommheit und Ehr' ohn' Acht.
Hat man sich übel dann beweibt,
Nicht Freud' noch Freundschaft fürder bleibt.
Man wär' wol leichter in der Wüste,
Als dass man lange wohnen müßte
Bei einem zornigbösen Weib,
Die bald verdörrt des Mannes Leib.
Dem möge trauen, wem's beliebt,
Wer um das Geld die Jugend gibt!
Weil schön ihm riecht des Fettes Rauch,
Dürft' er den Esel schinden auch.
Wenn schon viel Zeit vergangen ist,
Fänd' er doch nichts als Koth und Mist.
Viel stellen Ahabs Tochter nach,
Und fall'n wie er in Sünd' und Schmach.
Der Teufel Asmodeus fand
Viel Macht jetzt in der Ehe Stand.
Doch selten ist ein Boas jetzt,
Der eine Ruth begehrt und schätzt,
Drum hört man nichts als Ach und Weh
Und criminor te! kratznor a te!
missgunst und Hass füllt alle Land',
Man findet Neid in jedem Stand:
Den Neidhart deckt noch nicht der Sand.
Feindschaft und Neid macht Narren viel,
Von denen ich hier reden will.
Der Neid den Ursprung daher nimmt:
Du missgönnst das, was mir bestimmt,
Und hättest gerne selbst, was mein,
Oder magst sonst nicht hold mir sein.
Der Neid ist solche Todeswund',
Die nimmermehr wird recht gesund;
Er hat die Eigenschaft bekommen,
Wenn er sich etwas vorgenommen,
So hat nicht Ruh' er Tag und Nacht,
Bis dass sein Anschlag ist vollbracht.
So lieb ist ihm nicht Schlaf noch Freud',
dass er vergäß sein Herzeleid;
Drum hat er einen bleichen Mund,
Ist dürr und mager wie ein Hund,
Die Augen roth, und Niemand kann
Mit vollem Blick er sehen an.
Das ward an Saul mit David klar,
An Josephs Brüdern offenbar.
Neid lacht nur, wenn versinkt das Schiff,
Das er geleitet selbst ans Riff;
Und nagt und beißt der Neid recht sehr,
Frißt er nur sich und sonst nichts mehr,
Wie Aetna sich verzehrt allein.
Drum ward Aglaurus auch zum Stein.
Welch Gift trägt in sich Neid und Hass,
Das spürt man zwischen Brüdern baß;
Das zeigen Cain und Esau, nicht minder
Thyest, Eteokles, Jacobs Kinder;
Die waren von größerm Neid entbrannt,
Als wenn sie nicht sich Brüder genannt:
Entzündet sich verwandt Geblüt,
Dann es viel mehr als fremdes glüht.
Wem Sackpfeifen Freude macht,
dass Harf' und Laut' er drob verlacht,
Wird auf den Narrenschlitten gebracht.
dass Narrheit sich im Herzen regt,
Zeigt dies: ein Narr es nie erträgt
Noch mit Geduld es leiden mag,
dass man von weisen Dingen sag'.
Ein Weiser gern von Weisheit hört,
Wodurch ihm Weisheit wird gemehrt.
Die Sackpfeif' ist des Narren Spiel,
Der Harfen achtet er nicht viel.
Kein Gut dem Narren in der Welt
Mehr als wie Kolb' und Pfeif' gefällt.
Kaum läßt sich tadeln, wer verkehrt;
Der Narren Zahl ohn' End' sich mehrt.
O Narr, bedenk' zu aller Frist,
dass du ein Mensch und sterblich bist
Und nichts als Lehm, Asch', Erd' und Mist.
Denn unter aller Creatur,
Die hat Vernunft in der Natur,
Bist die geringste du, ein Schaum,
Ein Hefensack und Bastart kaum.
Was rühmst du doch an dir Gewalt
Und Adel, Jugend, Geld, Gestalt,
Da Alles unter der Sonne ist
Unnütz, wenn Weisheit ihm gebrist.
Besser, dass dich ein Weiser straf',
Als dass dich anlach' ein närrisch Schaf.
Denn wie eine brennende Distel kracht,
So ist ein Narr auch, wenn er lacht.
Drum selig der Mensch, der in sich hat
Die Furcht des Herrn an jeder Statt.
Des Weisen Herz auch Trauer betrachtet,
Ein Narr allein auf Pfeifen achtet.
Man sing' und sag' mit Bitten und Flehn,
Er solle von seinen eilf Augen abgehn:
Er wird nicht Lehre noch Strafe verstehn.
Wer sich des Arzeneins nimmt an
Und doch kein Siechthum heilen kann,
Der ist ein guter Gaukelmann.
Der geht wol heim mit andern Narrn,
Wer Tödtlichkranken schaut den Harn
Und spricht: »Wart, bis ich dir verkünde,
Was ich in meinen Büchern finde!«
Dieweil er geht zu den Büchern heim,
Fährt der Sieche hin gen Todtenheim.
Viel maßen sich der Arztkunst an,
Von denen Keiner etwas kann,
Als was das Kräuterbüchlein lehrt
Und man von alten Weibern hört.
Die treiben Kunst, die ist so gut,
dass sie all' Bresten heilen thut,
Und ist kein Unterschied dabei,
Ob Jung, Alt, Kind, Mann, Frau es sei,
Ob feucht, ob trocken, heiß und kalt;
Ein Kraut hat so Kraft und Gewalt,
Gleichwie die Salb' im Alabaster,
Daraus der Scherer macht sein Pflaster
Und alle Wunden heilt damit,
Es sei Geschwür, Stich, Bruch und Schnitt:
Herr Kukulus verläßt sie nit.
Wer zu der Heilung nur ein Unguent
Für Augen roth, blind, triefig kennt,
Purgiren will ohn' Wasserglas,
Der ist ein Narr, wie Zuohsta was.
Dem gleichet wol ein Advocat,
Der in keiner Sache gibt uns Rath;
Ein Beichtvater gleicht dem sicherlich,
Der nicht kann unterrichten sich,
Was denn bei jeder Art von Sünden
Und Uebeln Mittel sein zu finden
Und ohne Vernunft geht um den Brei.
Gar Mancher wird durch Narren verführt
Und verdirbet eher, als er es spürt.
Nie Macht so groß auf Erden kam,
Die nicht zu Zeiten End' auch nahm,
Wenn ihr das Ziel und Stündlein kam.
Man findet Narren mannigfalt,
Die sich verlassen auf Gewalt,
Als ob sie ewig sollte stehn,
Die doch wie Schnee pflegt zu zergehn.
Der Kaiser Julius war genug
Wol reich und stark, an Sinnen klug,
Eh denn er mit Gewalt gebracht
An sich der Römer Reich und Macht.
Als er das Scepter an sich nahm,
Ihm Sorg' und Angst in Haufen kam;
Da war er nicht an Rath so klug:
Denn bald darob man todt ihn schlug.
Darius hatte reiches Land
Und konnte bleiben heim ohn' Schand'
Und hätt' behalten Gut und Ehr';
Doch weil er wollte suchen mehr
Und haben das, was sein nicht war,
Verlor er auch das Seine gar.
Und Xerxes bracht' nach Griechenland
Des Volks soviel wie Meeressand,
Das Meer mit Schiffen er bedeckte,
dass er die ganze Welt erschreckte.
Und doch was war's, das er gewann?
Er griff Athen so grausig an,
Wie sonst der Löwe packt ein Huhn
Und – floh doch, wie die Hasen thun.
Als König Nabuchdonosor
Mehr Glück zufiel als je zuvor
Und er Arfaxat überwand,
Wollt' er erst haben alle Land!
Er setzte Gottes Macht sich für
Und – ward verwandelt in ein Thier.
Gar leicht ich Euch noch viele nennte
Aus dem alten und neuen Testamente,
Aber es dünkt mich das nicht noth.
Gar wenig sind in Ruhe todt
Und sterben auf dem eignen Bette,
Die man sonst nicht getödtet hätte.
Drum merket ihr Gewaltigen all:
Ihr sitzet zwar in Glückes Fall,
So seid nun witzig und achtet aufs Ende,
dass Gott das Rad Euch nicht umwende!
Fürchtet den Herrn und dienet ihm!
Wenn Euch sein Zorn ergreift und Grimm,
Der kürzlich wird entflammen sehr,
Wird Eure Gewalt nicht bleiben mehr.
Sie wird vielmehr mit Euch zergehn;
Ixîons Rad bleibt nimmer stehn,
Denn es läuft um von Winden klein,
Drum selig, wer hofft auf Gott allein!
Es fällt und bleibt nicht in der Höhe
Der Stein, den wälzt mit Sorg' und Wehe
Den Berg auf Sisyphus, der Narr.
Glück und Gewalt währt nicht viel Jahr',
Denn nach der Alten Spruch und Sage
Wächst Haar und Unglück alle Tage.
Unrechte Macht nimmt gründlich ab,
Das zeigt mit Jezabel Ahab,
Und hat ein Herr sonst keinen Feind,
muss er befürchten sein Gesind
Und die ihm nächste Freunde sind.
Die bringen ihn um seine Macht;
So hat des Herren Reich gebracht
An sich Zambri durch Mord und Schlag
Und ward ein Herr auf sieben Tag'.
Held Alexander die Welt bezwang:
Ein Diener vergab ihn mit einem Trank.
Darius floh und war ohn' Noth:
Sein Diener Bessus stach ihn todt.
So endet Gewalt und großes Gut,
dass Cyrus trank sein eigen Blut.
Auf Erden Macht so hoch nie kam,
Die nicht ein End' mit Trauern nahm.
Der Freunde Stärke Keinen hegte,
dass er sich einen Tag zulegte
Und sicher wär' einen Augenblick,
dass er sollt' haben Macht und Glück.
Denn was die Welt aufs Höchste schätzt,
Das wird verbittert doch zuletzt;
Und wer sich stolz erhob und stand,
Der schau' und gleit' nicht auf den Sand,
dass ihm nicht werde Spott und Schand'.
So ist es närrisch um Macht bestellt,
Da man sie selten lange behält!
Und so ich beschaue die Reiche daher:
Assyrien, Persien und andre mehr,
Macedonien, Medien, Griechenland,
Karthago und der Römer Stand,
So haben sie all gehabt ihr Ziel.
Das römische Reich bleibt, so Gott will;
Der hat gesetzt ihm Maß und Zeit,
Der geb', es werd' so groß und weit,
dass ihm sein unterthan all Land',
Wie es nach Fug und Recht bewandt!
Wer unverdienten Lohn will sehn,
Auf einem schwachen Rohr bestehn,
Deß Anschlag wird auf Krebsen gehn.
Man findet manchen Narren auch
Der aus der Schrift färbt seinen Gauch
Und dünkt sich vornehm und gelehrt,
Wenn er die Bücher umgekehrt
Und hat verzehrt den Psalter schier
Bis an den Vers: Beatus vir,
Und meint, hab' Gott ihm Gut bescheert,
So werde ihm das nie versehrt.
Soll er dann fahren zu der Helle,
So will er sein ein guter Geselle
Und leben recht mit Andern wohl,
Ihm werde, was ihm werden soll.
Narr, laß von solcher Fantasei,
Du steckst sonst bald im Narrenbrei,
dass Gott ohn' Arbeit Lohn verspricht.
Darauf verlaß dich! Brate nicht
Und wart', vom Himmel könnt' gerathen
Dir in den Mund 'ne Taub' gebraten.
Denn sollt' es einfach so zugehn,
So würde jeder Knecht besehn,
Er arbeit' oder sei ein Gauch,
Denselben Lohn, – das ist nicht Brauch!
Was sollte Gott mit ewigem Dank
Dir lohnen deinen Müßiggang,
Oder einem Knecht, der schlafen wollt',
Mit seinem Reich und großem Sold?
Ich wähn', auf Erden Niemand lebe,
Dem Gott ohn' Gnade etwas gebe,
Oder dem er stehe in Pflicht,
Denn er ist uns verschuldet nicht.
Ein freier Herr schenkt, wem er will,
Und gibt uns wenig oder viel,
Wie ihm beliebt; wen geht es an?
Er weiß, warum er es gethan.
Ein Hafuer aus dem Erdkloß macht
Geschirr, wie er sich hat erdacht,
Formt Kacheln, Häfen, Wasserkrüge,
Damit es jedem Wunsch genüge,
Die Kachel spricht ihm nicht darein:
»Ich sollt' ein Krug, ein Hafen sein!«
Gott weiß, dem es allein zukommt,
Wie jedes Ding dem Menschen frommt,
Warum er Jacob hat erwählt
Und Esau ihm nicht gleichgezählt,
Warum er Nebukadnezar,
Der viel gesündigt manches Jahr,
Gestraft und dann zur Reu' ließ kommen
Und in sein Reich hat aufgenommen,
Doch Pharao mit Geißeln hart
Bestraft, der doch nur böser ward.
Dieselb' Arznei macht einen gesund
Und macht den andern noch mehr wund.
Denn jener, nachdem er empfand
Die Straf' aus Gottes starker Hand,
Gedachte der Sünden mit Seufzen im Stillen,
Der andre folgte dem freien Willen,
Und merkte Gottes Gerechtigkeit,
Weil er missbraucht seine Barmherzigkeit.
Denn Gott hat immer an jeden gedacht,
Er weiß, warum er's also gemacht.
Wenn es als billig ihm gefallen,
Hätte er Rosen gemacht aus allen,
Aber auch Disteln haben er wollte,
Dran man Gerechtigkeit sehen sollte.
Der war ein neidisch-schalkhafter Knecht,
Der meinte, ihm thäte sein Herr nicht recht,
Da er ihm gab den bedungenen Sold
Und einem andern, was er wollt';
Der wenig Arbeit hatte gethan,
Den ließ er gleichen Lohn empfahn.
Man findet viel gerechte Leut',
Die haben auf Erden schlechte Zeit,
Gott läßt es ihnen also gehn,
Als wäre viel Sünd' von ihnen geschehn.
Dagegen findet man Narren oft,
Die haben viel Glück und unverhofft
Und sind in ihren Sünden so frei,
Als ob ihr Werk ganz heilig sei.
Drum ist verborgen Gottes Gericht,
Seine letzten Gründe weiß man nicht,
Je mehr man die zu erforschen begehrt,
Je weniger man davon erfährt,
Und wer da wähnt, er hab' sie enthüllt,
Ist recht mit Finsterniß erfüllt.
Denn Alles wird uns aufgespart
Für künftige, unsichre Fahrt.
Drum lasse Gottes Allwissenheit,
Die Ordnung seiner Fürsichtigkeit
Stehn, wie sie steht! Thu' recht und wohl!
Gott ist barmherzig, gnadenvoll!
Laß wissen ihn Alles, was er weiß:
Thu' recht! und Lohn ich dir verheiß';
Harr' aus! So geb' ich dir mein Wort,
Du kommst nicht in die Hölle dort!
Wer löschen will eines Andern Feuer
Und brennen läßt die eigne Scheuer,
Der ist gut auf der Narrenleyer.
Wer große Müh' und Ungemach
Erträgt und läuft dem Fremden nach,
Sucht, wie er Andern Nutzen schaffe,
Der ist mehr als ein Andrer – Affe,
Wenn er nicht in der eignen Sache
Schaut, dass er fleißig sei und wache.
Der Narren Büchlein billig liest,
Wer weis ist und – sein selbst vergißt.
Wer rechte Liebe will gewinnen,
Der soll bei sich zuerst beginnen,
Wie auch Terentius ermahnt:
»Ich bin mir allernächst verwandt!«
Ein Jeder schau auf seine Schanze,
Bevor er sorg', wie ein Andrer tanze.
Der will verderben, sobald es geht,
Wer Andern schneidet und sich nicht sät
Und wer eines Andern Kleid in Eile
Fein säubert und sich beschmutzt die Weile.
Wer löschen will eines Andern Haus,
Wenn ihm die Flamm' schlägt oben aus
Und seines brennt mit aller Macht,
Hat seines Nutzens wenig Acht.
Wer eines Andern Kahn zieht vor
Und hindert sich, – der ist ein Thor.
Will einer fremde Sachen laden
Und sich versäumen, der hab' Schaden.
Wer darin Ueberredung leidet,
Was Schaden ihm und Spott bereitet,
Der kann die Länge sich nicht wehren:
Der Narr erwischt ihn bei den Gêren,
Und wird ihn Witz mit Schaden lehren.
Dem liegt der Tod am schwersten an,
Der sonst erkannte Jedermann,
Doch wenn er nun sein Ende fand,
Sich selbst noch niemals hatt' erkannt.
Wer Dienst begehret alle Tage,
Ob er auch Dank und Lohn versage,
Ist werth, dass ihn die Pritsche schlage.
Der ist ein Narr, wer viel begehrt
Und nicht thut, was der Ehre werth,
Und macht dem Müh' und Arbeit viel,
Dem er doch wenig lohnen will.
Wer einer Sach' will haben Gewinn,
Der setzt auch billig in seinen Sinn,
dass er die Kosten wende an,
Will anders er mit Ehren stahn.
Gar selten in seinem Wesen bleibt
Ein müd' Roß, das man übertreibt.
Ein willig Roß wird stätig bald
Durch seines Futters Vorenthalt.
Wer einem viel zumuthet zwar,
Doch lohnt ihm nicht, der ist ein Narr.
Und wer nicht schätzen mag für gut,
Was man um billigen Lohn ihm thut,
Der darf zu Zeiten nicht beklagen,
Will man die Arbeit ihm versagen;
Den soll man mit der Pritsche schlagen.
Weß einer will, dass er genieße,
Der schau', dass er auch wiederschieße.
Undankbarkeit nimmt bösen Lohn,
Sie macht den Brunnen Wassers ohn.
Aus alter Pump' nicht Wasser fließt,
Wenn man kein Wasser darein gießt.
Ein Thürenangel balde quiert,
Wenn man ihn nicht mit Oele schmiert.
Unwürdig man dem Großes schenkt,
Wer an das Kleine nicht gedenkt;
Und dem versagt man alle Gabe,
Der für die kleine weiß kein Lob;
Denn der ist ohne Sinn und grob.
Drum nie der Weisen Lieb' empfand,
Wer undankbar je ward erkannt.
Des Narrenbrei's ich nie vergaß,
Da mir gefiel das Spiegelglas;
Hans Eselsohr mein Bruder was.
Der rühret wohl den Narrenbrei,
Wer wähnet, dass er witzig sei
Und sich gefällt selbst immerdar.
In den Spiegel sieht er hell und klar
Und kann doch nicht bemerken das:
Einen Narrn beschauet er im Glas.
Doch sollt' er schwören einen Eid,
Fragt man nach Weisen um Bescheid,
So meint er doch, er wär's allein,
– Wo sollte sonst noch einer sein? –
Und schwür' auch, dass ihm nichts gebreste,
Sein Thun und Lassen sei das beste.
Den Spiegel er nicht von sich legt,
Wo er auch liegt und sich bewegt,
Gleichwie der Kaiser Otho that,
Der vor dem Kampf zum Spiegel trat
Und schor die Backen täglich zwilch
Und wusch sie dann mit Eselsmilch,
Solch Ding gefällt den Weibern gut,
Ohn' Spiegel keine etwas thut;
Bis dass der Schleier sitzt im Haar
Und überm Putz vergeht ein Jahr.
Wem so gefällt Gestalt und Werk,
Das ist der Aff' von Heidelberg.
Pygmalion gefiel sein Bild,
Er ward in Narrheit drob ganz wild;
Und blieb Narziß vom Wasser weit,
Er hätt' gelebt noch lange Zeit.
Gar Mancher blickt den Spiegel an,
Der doch nichts Hübsches sieht drin stahn,
Und wer so ist ein närrisch Schaf,
Der will doch nicht, dass man ihn straf',
So geht er seines Wesens hin,
Bleibt mit Gewalt ohn' Witz und Sinn.
Das Best' am Tanzen ist, dass man
Nicht immerdar nur geht voran,
Sondern bei Zeit umkehren kann.
Die hielt ich fast für Narren ganz,
Denen Lust und Freude macht der Tanz,
Die im Kreise laufen und drehn sich toll
Um Füße müd' und staubesvoll;
Aber so ich bedenke dabei,
Wie Tanz mit Sünd' entsprungen sei,
So kann ich merken und betrachte,
dass ihn der Teufel auf wol brachte,
Als er das goldne Kalb erdachte.
Und schuf, dass man Gott ganz verachte,
Noch viel damit zu Weg' er bringt.
Aus Tanzen Unheil oft entspringt:
Da ist Hoffahrt und Ueppigkeit
Und Vorlauf der Unlauterkeit,
Da schleift man Venus bei den Händen,
Da thut all' Ehrbarkeit sich enden.
Drum weiß ich auf dem Erdenreich
Keinen Scherz, der so dem Ernst sei gleich,
Als dass man Tanzen hat erdacht,
Auf Kirchweih und Primiz gebracht:
Da tanzen Pfaffen, Mönch' und Laien,
Die Kutte muss sich hinten reihen;
Da läuft man, wirft umher wol Eine,
dass man hoch sieht die bloßen Beine;
Ich will der andern Schande schweigen.
Der Tanz schmeckt süßer da als Feigen.
Wenn Kunz mit Greten tanzen mag,
– Ihn hungert nicht den ganzen Tag,
Dann werden sie des Kaufes eins,
Wie man den Bock geb' um die Geis.
Soll das nun Kurzweil sein genannt,
So hab' ich Narrheit viel erkannt.
Viel warten lange auf den Tanz,
Die doch der Tanz nie sättigt ganz.
Wer Lust verspürt, dass er hofiere
Nachts auf der Gasse vor der Thüre,
Den lüstet, dass er wachend friere.
Jetzt wär' schier aus der Narrentanz,
Aber das Spiel doch noch nicht ganz,
Wenn nicht hier wären auch die Löffel,
Die Gassentreter und die Göffel,
Die durch die Nacht nicht ruhen können,
Wenn sie nicht auf der Gasse rennen
Und schlagen Laute vor der Thür,
Ob nicht das Mädchen schau' herfür.
Nichts Andres von der Straß' sie bringt,
Bis man mit Kammerlaug' sie zwingt
Oder sie grüßt mit einem Stein.
Es ist die Freud' in Wahrheit klein:
In Winternächten zu erfrieren,
Wenn sie der Gäuchin so hofieren
Mit Saitenspiel, mit Pfeifen, Singen,
Am Holzmarkt über die Blöcke springen.
Das thun Studenten, Pfaffen, Laien,
Die pfeifen zu dem Narrenreihen,
Und einer schreit, jauchzt, brüllt und plärrt,
Als würd' zur Schlachtbank er gezerrt.
Ein Narr es da dem andern kündet,
Wo man ihn hinbeschieden findet,
Dort muss man ihm ein Hofrecht machen.
So heimlich hält er seine Sachen,
dass Jedermann davon muss sagen,
Die Fischer es auf Kübeln schlagen.
Gar Mancher läßt die Frau im Bette,
Die lieber Kurzweil mit ihm hätte
Und tanzt dafür am Narrenseil.
Wenn das gut endet, braucht es Heil!
Ich schweige derer, die es freut,
dass sie stolziern im Narrenkleid,
Doch wenn man Narren jene hieße,
Gar Mancher sich am Namen stieße.
Voll Furcht, mir gingen Narren ab,
Hab' ich durchsucht den Bettelstab,
Und wenig Witz ich funden hab'.
Der Bettel hat auch Narren viel,
Man schafft sich Geld durch Bettelspiel
Und will mit Betteln sich ernähren.
Mönchsorden, Pfaffen sich beschweren,
dass sie, die Reichsten, wären arm.
Ach, Bettel, dass sich Gott erbarm!
Du bist um Nothdurft auserdacht
Und hast viel Geld zusammenbracht.
Doch schreit der Prior: »Mehr ins Haus!«
Dem Sack, dem ist der Boden aus.
Desgleichen thun die Heilthumführer,
Die Stirnenstößer, Stationirer,
Die keiner Kirms vorübergehn,
Wo sie nicht öffentlich ausstehn
Und schrein, sie führten in dem Sack
Das Heu, das tief vergraben lag
Unter der Krippe zu Bettelheim,
Oder von Bileams Esel ein Bein,
Eine Feder aus Sanct Michels Flügel
Und von Sanct Jörgens Roß den Zügel
Oder die Bundschuh' von Sanct Claren.
Mancher treibt Bettel in solchen Jahren,
Wo jung er ist, stark und gesund
Und werken könnte jede Stund',
Nur dass er sich nicht gern mag bücken,
Ihm steckt ein Schelmenbein im Rücken.
Seine Kinder müssen's jung verstehn,
Ohn' Unterlaß zum Bettel gehn
Und lernen wol den Bettelschrei,
Sonst bräch' er ihnen den Arm entzwei
Und ätzte ihnen Wunden und Beulen,
Damit sie könnten schrein und heulen.
Ihrer sitzen vierundzwanzig noch
Zu Straßburg in dem Dummenloch,
Ohn' die man setzt' in den Waisenkasten.
Aber Bettler pflegen selten zu fasten:
Zu Basel auf dem Kohlenberk
Da treiben sie ihr Bubenwerk.
Sie wälschen durch das Terich roth
Und haben ihr bequemes Brod.
Jeder Stabil ein Hörnlüten hat,
Die foppt, färbt, ditzet durch die Stadt,
Dem Pred'ger heischt Geld ihre Stimme,
Der lugt, wo sei der Joham grimme,
Und läuft durch alle Schöchelboß,
Wo Rübling junen ist recht los;
Hat er besevelt hier und dort,
So schwänzt er sich dann wieder fort,
Veralchend über den Breithart
Stiehlt er die Breitfüß' und Flughart,
Damit er sie flößle und Lüßling abschneide;
Grantner, Klantvetzer geben ihm Geleite.
Gar wunderlich geht's jetzt in der Welt:
Wie trachtet man doch so nach Geld!
Herolde, Sprecher, Parzivante,
Die straften öffentlich sonst Schande
Und hatten dadurch Ehre viel;
Jetzt jeder Narr laut sprechen will
Und tragen Stäblein rauh und glatt,
Damit er werde Bettels satt.
Ihm wär' es Leid, wenn heil das Gewand;
Bettler besch ... jetzt alle Land'.
Des Einen Kelch muss silbern sein,
Gehn täglich sieben Maß hinein;
Der geht auf Krücken im Tageslicht,
Wenn er allein ist, braucht er's nicht.
Dieser kann fallen vor den Leuten,
dass Jedermann muss auf ihn deuten;
Der leihet Andern die Kinder ab,
dass er einen großen Haufen hab'.
Der einen Esel mit Körben beschwert,
Wie einer der nach Sanct Jacob fährt.
Der eine hinkt, der muss sich bücken,
Der bindet sich ein Bein auf Krücken
Oder ein Todtenbein unter's Wamms.
Wenn man recht schaute nach der Wunden,
Säh' man, wie das wär' angebunden.
Noch bin ich nicht am Bettelziel,
Denn es sind leider Bettler viel
Und werden stets noch mehr und mehr,
Denn Betteln, – das schmerzt Niemand sehr,
Nur den, der es aus Noth muss treiben;
Sonst ist's gar gut ein Bettler bleiben:
Vom Bettelwerk verdirbt man nit,
Viel schaffen Weißbrod sich damit
Und trinken nicht den schlichten Wein:
Es muss Reinfall, Elsässer sein.
Gar Mancher verläßt auf Betteln sich,
Der spielt, buhlt, hält sich üppiglich;
Denn hat er verschlemmt sei Gut und Hab',
Schlägt man ihm Betteln doch nicht ab:
Ihm ist erlaubt der Bettelstab.
Mit Betteln nähren viele sich,
Die reicher sind als du und ich!
Mancher, der ritt' gern spat und fruh,
Käm' er vor Frauen nur dazu:
Die lassen dem Esel selten Ruh'.
In meiner Vorred' hab' ich schon
Erklärt, gethan Protestation,
Ich wollte der guten Frauen nicht
Mit Arg gedenken in mei'm Gedicht;
Aber man würde bald über mich klagen,
Wollte ich nichts von den bösen sagen.
Eine Frau, die gern von Weisheit hört,
Die wird nicht leicht zur Schand' bethört;
Eine gute sänftigt des Mannes Zorn.
Ahasverus hatt' einen Eid geschworn,
Doch Esther macht' ihn weich und lind;
Abigáil beschwichtigte David geschwind.
Eine böse Frau gibt bösen Rath,
Wie Ochosyas Mutter that;
Herodias ihre Tochter hieß,
dass man den Täufer köpfen ließ;
Durch Frauen Rath ward so verkehrt
Sal'mo, dass er Abgötter ehrt'.
Eine Frau wird bald zu einer Hätze,
Wenn ihr sonst wohl ist mit Geschwätze,
Sie schnattert »lip lep« Tag und Nacht.
Pieris hat viel Junge gebracht,
Deren Zunge ist so wohl vergiftet,
dass sie wie Kohle Feuer stiftet;
Die klagt, die klatscht, die dritte lügt
Und hechelt durch, was kriecht und fliegt,
Die vierte zankt auf der Lagerstatt,
Der Ehmann selten Frieden hat,
muss hören oft noch Predigt an,
Wenn ein Barfüßer liegen und schlafen kann.
Es zieht die Strebkatz mancher Mann,
Der doch das Mehrtheil nie gewann.
Manche Frau ist fromm und verständig genug
Und nur dem Mann allein zu klug,
So dass sie es nicht leiden mag,
dass er ihr etwas lehr' und sag'.
Es kommt ein Mann gar manche Stund'
Ins Unglück durch der Gattin Mund,
Amphîon dies zu Theben geschah,
Als er die Kinder all sterben sah.
Wenn Frauen sollten reden viel,
Dann käm' Calpurnia bald ins Spiel.
Eine böse Frau zur Bosheit neigt,
Die Herrin Josephs uns dies zeigt.
Keinen größern Zorn man jemals spürt,
Als wenn ein Weibsbild zornig wird,
Die wüthet, wie die Löwin schnaubt,
Der man die Jungen hat geraubt,
Wie eine Bärin, die da säugt:
Medea dies und Prokne zeigt.
Wenn man die Weisheit ganz ergründet,
Kein bittrer Erdenkraut man findet,
Als Frauen, deren Herz ein Garn
Und Strick, darein viel Thoren fahrn.
Die Erde von drei Dingen kracht,
Das vierte trägt nicht ihre Macht:
Ein Knecht, der worden ist ein Herr,
Ein Narr, der sich gefüllet sehr,
Ein neidisch, bös und giftig Weib,
Wer die vermählet seinem Leib;
Das Viert' all Freundschaft ganz verderbt:
Die Dienstmagd, so die Frau beerbt.
Drei Dinge man nicht sättigen mag,
Das vierte schreit: »Herzu nur trag'!«
Eine Frau, die Helle, der Erdenball,
Der schluckt des Wassers Güsse all,
Nie sagt das Feuer: »Nun höre auf!
Es ist genug; trag nimmer zu Hauf!«
Drei Ding' ich nicht erfassen kann,
Ins vierte Einsicht ich nicht gewann:
Wie in der Luft ein Adler fliegt,
Auf glattem Fels die Schlange kriecht,
Ein Schiff einherfährt auf dem Meere,
Und wie ein Mann hat kindische Lehre.
Der Weg einer Frau dem ähnlich ist,
Die zum Ehebruch trägt ein Gelüst,
Die schleckt und leckt sich ihren Mund
Und spricht: »Nichts Böses ward mir kund!«
Ein rinnend Dach zu Winters Frist
Gleicht einer Frau, die zänkisch ist;
Es hat an Höll' und Teufel genug,
Wer mit einer solchen zieht am Pflug.
Vasthi der Nachkommen viel gewann,
Die wenig achten ihren Mann.
Von solchem Weib sei nichts gesagt,
Das anzurichten ein Süpplein wagt,
Wie Agrippina und Pontia,
Die Beliden und Klytämnestra,
Die ihren Mann erstach im Bett,
Wie mit Pheräus die Hausfrau thät.
Gar selten ist eine Lucrezia
Oder des Cato Porzia;
Ueppiger Frauen gibt es viel,
Denn Thais treibt gar oft ihr Spiel.
Viel Aberglauben man jetzt braut;
Aus Sternen man die Zukunft schaut;
Ein jeder Narr fest darauf baut.
Der ist ein Narr, der mehr verheißt,
Als sein Vermögen ihm erweist
Und ihm erlaubt zu thun der Muth.
Verheißen steht den Aerzten gut,
Doch ein Narr verspricht an einem Tag
Mehr, als die Welt je leisten mag.
Das Künft'ge füllt jetzt jedes Hirn,
Was Firmament sowie Gestirn
Und der Planeten Lauf uns sage,
Oder Gott in seinem Rath anschlage.
Man meinet, dass man wissen solle,
Was Gott all mit uns wirken wolle,
Als ob Gestirn Nothwendiges bringe
Und ihm nachgingen alle Dinge
Und Gott nicht Herr und Meister wär',
Der eines leicht macht, andres schwer,
Und schafft, dass manch Saturnuskind
Doch Frömmigkeit und Heil gewinnt,
Dagegen Jupiter und Sol
Oft Kinder haben, Bosheit voll.
Einem Christenmenschen nicht zusteht,
dass er mit Heidenkunst umgeht
Und merkt auf der Planeten Lauf,
Ob dieser Tag sei gut zum Kauf,
Zum Bauen, Kriegen, Eheschließen,
Zur Freundschaft und was ähnlich diesen.
All unser Wort, Werk, Thun und Lassen
Soll sein aus Gott und Gott umfassen.
Darum auch der Gott nicht vertraut,
Wer so auf die Gestirne baut,
dass Stunden, Monde, Tag' und Jahre
So glücklich seien, dass man wahre
Sich vor und nach, und läßt das sein,
Was nicht zu dieser Zeit kann sein,
dass es nur nicht geschehen mag
An einem unglücksvollen Tag.
Denn wer nicht etwas Neues trägt
Und um Neujahr nicht Singens pflegt
Und Tannenreisig steckt ans Haus,
Der meint, er leb' das Jahr nicht aus;
Das hielt Egypten schon für wahr!
Desgleichen, wem zum neuen Jahr
Von Anderen nichts wird geschenkt,
Der meint, dass schlecht das Jahr anfängt.
So gibt's Unglauben allerlei
Mit Wahrsagung und Vogelschrei,
Mit Formeln, Segen, Träumenbuche,
Und dass man bei dem Mondschein suche
Oder der schwarzen Kunst nachjage;
Nichts gibt es, dem man nicht nachfrage.
Ein Jeder schwört, es fehl' ihm nit,
Doch fehlt's um einen Bauernschritt.
Nicht dass der Sterne Lauf allein
Sie deuten, – jedes Ding so klein,
Das Allerkleinst' im Fliegenhirn
Will man jetzt wissen aus Gestirn,
Und was man reden, rathen werde,
Wie einer Glück hab', – die Geberde
Und Absicht, Unfall, Kränklichkeit
Wird frevelnd aus Gestirn prophezeit.
Von Narrheit ist die Welt betäubt
Und jedem Narrn man jetzo gläubt.
Viel Practik und Weissagekunst
Verbreitet jetzt der Drucker Gunst;
Die drucken alles, was man bringt
Und was man schändlich sagt und singt.
Da schaut nun Niemand strafend drein,
Die Welt, die will betrogen sein!
Wenn man die Kunst jetzt trieb und lehrte
Und nicht so sehr zur Bosheit kehrte
Und was sonst Schaden bringt der Seel',
Die Moses trieb und Daniel,
So wär's nicht eine böse Kunst,
Sie wäre Ruhmes werth und Gunst.
Jetzt weissagt man, das Vieh werd' sterben,
Oder wie Korn und Wein verderben,
Wenn es geb' Regen oder Schnee,
Wann schön es sei, und wann es weh'.
Die Bauern fragen nach solcher Schrift,
Dieweil es ihren Gewinn betrifft,
dass sie Korn hinter sich und Wein
Behalten, bis die theurer sei'n.
Als Abraham las in solchem Buche
In Chaldäa auf der Sternensuche,
Entbehrte Licht und Trost er sehr,
Die sand' in Canaan ihm der Herr.
Mit ernstem Sinn verträgt sich's nicht,
Wenn man von solchen Dingen spricht,
Als wollte man Gott damit zwingen,
Sie so, nicht anders zu vollbringen.
Erloschen ist Gottes Lieb' und Gunst,
Drum sucht man jetzt des Teufels Kunst.
Als König Saul von Gott abfiel,
Des Teufels Werk ihm wohlgefiel.
Wer ausmisst Himmel, Erd' und Meere
Und darin sucht Lust, Freud' und Lehre,
Der schau', dass er dem Narren wehre.
Ich halt' auch den nicht für ganz weis,
Der allen Sinn legt, allen Fleiß,
Wie er erkunde Städt' und Land,
Und nimmt den Zirkel in die Hand,
dass er dadurch berichtet werde,
Wie breit, wie lang, wie weit die Erde,
Wie tief und fern sich zieh' das Meer,
Was unterstütz' die letzte Sphär';
Wie sich das Meer am End' der Welt
Hält, dass es nicht zu Thal abfällt;
Ob um die Welt man fahren kann;
Welch Volk man treffe gradweis an;
Ob's unter unserm Füßen gebe
Auch Leut', ob dorten nichts mehr lebe,
Und wie sie sich dort halten fest,
dass sie die Erd' nicht luftwärts läßt;
Wie man mit einem Stab schlägt an,
dass man die Welt durchmessen kann.
Archimenides, der wußte viel,
Der macht' im Sande Kreis und Ziel,
dass ihm durch Rechnen würd' viel kund,
Und wollt' nicht aufthun seinen Mund;
Er fürchtete, es könnt' sein Hauch
Verwehen seine Kreise auch,
Und eh' er reden wollt' ein Wort,
Ertrug er lieber selbst den Mord.
In Meßkunst war er sehr behende
Und konnt' ausecken nicht sein Ende.
Dikäarchus befliß sich dessen,
Die Höh' der Berge auszumessen
Und fand, dass Pelion höher was
Denn alle Berge, die er maß;
Doch maß er nicht mit seiner Hand
Die Alpen hoch im Schweizerland,
Und maß auch nicht, wie tief das Loch,
Da er hin musst' und sitzet noch.
Ptolemäus wußte auf den Grad,
Welch Läng' und Breit' das Erdreich hat;
Die Läng' zieht er vom Orient
Und endet sie im Occident,
dass hundertachtzig Grad er macht,
Sechzig und drei gen Mitternacht
Die Breite vom Aequinoctial;
Nach Mittag hin ist sie mehr schmal:
Er findet fünfundzwanzig Grad
Des Lands, so man erkundet hat.
Das rechnet Plinius schrittweis aus,
Und Strabo machte Meilen draus.
Doch hat man noch gefunden viele
Der Länder hinter Norwegen und Thyle:
Wie Island und Pylappenland,
Die vordem man noch nicht gekannt.
Man hat seitdem von Portugal
Und von Hispanien überall
Goldinseln gefunden und nackte Leut',
Von denen gewußt man keinen Deut.
Marinus hat nach dem Meer die Welt
Berechnet und drin sehr gefehlt;
Plinius, der weise Meiner, spricht,
Es zeuge von Verständniß nicht,
Wolle man die Größe der Welt verstehn
Und drüber hinaus vorzeitig gehn
Und rechnen weit bis hinter's Meer.
Denn Menschengeist irrt darin sehr,
dass er solches berechnet alle Zeit
Und weiß mit eignem Maß nicht Bescheid
Und meint, die Dinge zu verstehn,
Welche die Welt nie in sich gesehn.
Herkules soll haben ins Meer
Gesetzt zwei eherne Säulen schwer,
Die eine, wo Afrika begann,
Die andre fängt Europa an;
Er hatte wol Acht auf das Ende der Erd',
Und wußt' nicht, was ihm für ein Ende bescheert,
Denn der kein Wunderwerk nahm in Acht,
Der ward durch Frauenlist umgebracht.
Bacchus zog um mit großem Heer
Durch die Lande der Welt und durch das Meer;
Es war sein Vorsatz ganz allein,
dass Jeder lernte trinken Wein,
Und wo's nicht Wein gab oder Reben,
Lehr't er bei Bier und Met zu leben.
Silenus blieb auch nicht zu Haus,
Fuhr mit im Narrenschiffe aus
Und sonst Gesindel und Metzen viel
Mit großer Freud' und Saitenspiel.
Er mocht' ein Trunkenbold wol sein,
dass ihm so wohl war bei dem Wein.
Hätt' er mit Arbeit sich beschwert,
Er hätte allein das Trinken gelehrt.
Man treibt mit Prassen noch viel Schande;
Jetzt fährt er erst recht um im Lande
Und macht gar Manchen im Praß verrucht,
Deß Vater nie den Wein versucht.
Aber was ist dem Bacchus geschehn?
Er musste zuletzt von den Seinen gehn
Und fahren hin, wo er jetzt trinkt,
Was ihm mehr Durst als Freude bringt,
Wiewol die Heiden ihn dennoch
Verehrten als Gott und hielten hoch,
Von denen gekommen ist hernach,
dass man feiert im Land den Bacchustag,
Und hat nach dem Tode dem Ehre erdacht,
Der uns viel Uebles nur gebracht.
Die bösen Gewohnheiten währen lang,
Was Unrecht ist, nimmt Ueberhang,
Denn stets der Teufel dazu treibt,
dass man in seinem Dienste bleibt. –
Doch will ich jetzo wiederum kommen
Auf das, was ich mir vorgenommen;
Welche Noth wohnt einem Menschen bei,
dass er Größres suche, als er sei?
Er weiß nicht, was ihm Guts entspringe,
Wenn er erfährt so hohe Dinge
Und seines Todes Zeit nicht kennt,
Die wie ein Schatten hinnen rennt.
Ist auch die Kunst gewiß und wahr,
So ist das doch ein großer Narr,
Der es im Sinn wägt so geringe,
dass er will wissen fremde Dinge
Und die erkennen eigentlich
Und kann doch nicht erkennen sich,
Denkt auch nicht, wie er sich belehre.
Er sucht nur Erdenruhm und Ehre
Und denkt nicht an das ewige Reich,
Wie weit das ist und wundergleich,
Drin Wohnungen so viele sind.
Das Irdische macht Narren blind,
Die suchen Freud' und Lust darin,
Zum Schaden mehr als zum Gewinn.
Viel haben erkundet fremdes Land,
Von denen Keiner sich selbst erkannt.
Wer klug wird, wie Ulysses ward,
Der lange fuhr auf seiner Fahrt
Und sah viel Land, Leut', Städt' und Meere
Und mehrte in sich gute Lehre;
Oder wie that Pythagoras,
Der aus Memphis geboren was,
Oder wie Plato durch Egypten kam,
Den Lauf dann nach Italien nahm,
Damit er täglich sich belehrte
Und seine Kunst und Weisheit mehrte;
Wie Apollonius durchfuhr die Land',
Wo ihm Gelehrte waren bekannt
Und suchte sie auf und stellt' ihnen nach,
dass er würd' weiser jeden Tag,
Und überall fand, was ihn belehrte,
Womit er seine Kunst vermehrte, –
Wer solche Reisen und Fahrten thät,
dass er wüchse in seiner Weisheit stät,
Dem wäre zu übersehen dies,
Wiewol ich es nicht gänzlich pries,
Denn wer den Sinn aufs Reisen stellt,
Dient nicht nur Gott, – dient auch der Welt.
Die Haut zusammt dem Haar verlor
Besiegt Marsyas einst, der Thor,
Und blies die Sackpfeif' nach wie vor.
Die Eigenschaft hat jeder Narr,
dass er es nicht kann nehmen wahr,
Wie man sein spottet; drum verlor
Marsyas Haut und Haar, der Thor.
Denn Narrheit ist oft also blind,
dass Narren stets der Meinung sind,
Sie seien witzig, wenn man lache
Und Possenspiel aus ihnen mache;
Stellt er sich ernstlich zu der Sache,
Man ihn so lang für witzig hält,
Bis ihm die Pfeif' aus dem Aermel fällt.
Viel Freunde hat, wer reich an Gut,
Dem hilft man, dass er Sünde thut,
Und jeder lugt, wie er ihn schinde;
Dies währt so lang, bis er wird arm,
Dann spricht er: »Ach, dass Gott erbarm!
Wie hatt' ich vordem Nachlauf viel,
Und jetzt, – kein Freund mich trösten will!
Hätt' ich das vor der Zeit betrachtet,
Ich wär' noch reich und nicht verachtet!«
Die größte Thorheit ist fürwahr,
Wenn man verschlemmt in einem Jahr,
Womit man seine Zeit soll leben;
Wenn man durch Ueppigkeit im Geben
Strebt Feierabend bald zu sehn
Um dann – dem Bettel nachzugehn.
Wenn ihm dann stößt in seine Händ'
Verachtung, Armuth, Spott, Elend
Und er zerrissen läuft und bloß,
So kommt ihm wol der Reue Stoß;
Wohl dem, der Freunde sich erwirbt
Mit Gütern, die er, wann er stirbt,
muss lassen; jene stehn ihm bei,
Wie er auch sonst verlassen sei.
Dagegen ist manch Narr auf Erden,
Der annimmt mürrische Geberden,
Und zöge man ihm ab das Fell,
Blieb doch der frühere Gesell,
Der etwa nur die Ohren schüttelt.
Er ist ein Narr mit allem Fleiß
Und doch lobt Niemand seine Weis'!
Wiewol er gleich dem Narren thut,
Scheint doch sein Scherz Niemandem gut.
Drum sprechen etliche Gesellen:
»Der Narr will sich gern närrisch stellen
Und kann nicht Weise noch Geberd'!
Er ist ein Narr und gar nichts werth!«
Das ist ein seltsam Ding auf Erden:
Mancher will sein ein witz'ger Mann,
Der sich doch nimmt der Thorheit an,
Und meint, dass man ihn rühmen soll,
Sagt man: »Der kann die Narrheit wohl!«
Dagegen sind viel Narren auch,
Die ausgebrütet hat ein Gauch;
Die wähnen, dass sie klug gesprochen,
Es sei gehauen oder gestochen;
Sie dünken sich für weis gezählt,
So man sie doch für Narren hält.
Stößt man auch einen Narren klein,
Wie man dem Pfeffer thut im Stein,
Und stößt ihn noch so lange Jahr, –
Er bleibt ein Narr doch, wie er war.
Denn jedem Narren das gebrist,
dass Wahnolf Trugolfs Bruder ist.
Es ließ sich Mancher gern halb schinden,
An allen Vieren mit Seilen binden,
Erwüchse ihm nur Geld daraus
Und hätt' er Goldes viel im Haus;
Er litt' auch, dass er läg' zu Bett,
Wenn er der Reichen Siechthum hätt';
Er ließ' sich einen Buben schelten,
Wollt' man's mit Zins und Gab' entgelten.
Mit Wenigem Niemand sich begnügt,
Wer viel hat, mehr dazu noch fügt.
Aus Reichthum Uebermuth entspringt,
Denn Reichthum selten Demuth bringt.
(Was soll ein Dreck, wenn er nicht stinkt?)
Viel sind allein und ohne Kind;
Ohn' Bruder, ohne Freund sie sind,
Die werden nicht von Arbeit matt,
Ihr Auge macht kein Reichthum satt,
Sie denken nicht: »Wem wirkst du vor;
Wem kargest du, o Gauch und Thor?«
Gott gibt gar Manchem Gut und Ehr',
Und seiner Seele fehlt nichts mehr,
Als dass ihm Gott nicht auch verleiht,
dass er es brauch' zur rechten Zeit.
Und hab' mit Maß von dem Genuß
Was er einst Völlern lassen muss.
Das macht, weil er sich selbst nichts gönnt!
Denn Tantalus sitzt in Wassersflut
Und löscht doch nicht des Durstes Glut,
Und sieht er gleich die Aepfel an,
Hat er doch wenig Freude dran!
Wer mit Kindern und Narren sich befasst,
Dem sei ihr Scherz auch nicht verHasst,
Weil er sonst zu den Narren passt.
Ein Narr bemerkt allein wol nicht,
Wenn er mit einem Narren spricht;
Ein Narr ist auch, wer widerbillt
Und sich mit einem Trunknen schilt,
Mit Narrn und Kindern scherzen will
Und übelnehmen Narrenspiel.
Wer will mit Jägern gehn, der hetze,
Wer kegeln will, derselb' aufsetze;
Der heule, wer bei Wölfen ist,
Es liege still, wem nichts gebrist.
Denn Wort auf Wort ist Narrenweise,
Doch gut für böse hoch ich preise.
Wer Böses gibt für Gutes aus,
Dem kommt das Böse nicht vom Haus;
Wer lacht, damit ein andrer weint,
Den trifft das Gleiche, eh er's meint.
Ein Weiser gern bei Weisen steht,
Ein Narr mit Narren gern umgeht;
dass Keinen leiden mag ein Narr,
Macht seinen Hochmuth offenbar.
Denn mehr Leid einem Narrn geschieht,
dass er noch etliche vor sich sieht,
Als Freud' er hat, dass ihm die Andern
Zu Füßen fallen und nachwandern.
Und dass du merkst, wie ich es meine:
Ein Stolzer ist gern Herr alleine.
Haman fand nicht Gefallen dran,
dass ihn verehrte Jedermann,
Viel mehr der Kummer ihn beschwerte,
dass Mardochai ihn nicht ehrte.
Man braucht auf Narren nicht zu merken,
Man kennt sie wol an ihren Werken;
Wer weise ist, wie jeder soll,
Der bleibt von Narren verschonet wol.
Wer in die Höhe wirft den Ball
Und glaubt nicht, dass er wieder fall',
Der will die Leut' erzürnen all.
Der ist ein Narr, wer andern thut,
Was ihm von keinem scheint als gut.
Schau' jeder, was er andern thu',
Damit man es auch ihm füg' zu.
Was einer rufet in den Wald,
dasselb' ihm allzeit wiederhallt;
Wer andre stößet in den Sack,
Wart selbst auch auf den Backenschlag.
Wer vielen sagt, was jedem gebrist,
Der hört gar oft auch, wer er ist.
Was Adonisédech war gewohnt
An andern, so ward ihm gelohnt;
Berillus sang selbst in der Kuh,
Die er gerüstet andern zu;
Das Gleiche geschah auch Busiris,
Dem Diomed und Phalaris;
Man gräbet andern wol ein Loch,
Darein man dann fällt selber doch.
Einen Galgen Haman andern baute,
Daran man ihn bald selber schaute.
Trau jedem wol, doch für dich lug!
Denn wahrlich! Treu' ist jetzt oft Trug,
Schau erst, was hinter jedem steck':
Denn Trauwohl ritt viel Pferde weg!
Iß nicht mit einem neidischen Mann;
Geh nicht zu Tisch mit ihm heran,
Denn er von Stund' an Pläne macht,
An die du nie bei dir gedacht.
Er spricht zu dir: »Freund, iß und trink!«
Doch ist sein Herz an dir ganz link,
Als ob er spräch: »Wol gönn' ich's dir,
Als hätt's ein Dieb gestohlen mir!«
Es lacht dich Mancher an im Scherz,
Der insgeheim gern äß dein Herz.
Du musst im Sommer die Gabel drehn,
Willst du im Winter nicht hungrig gehn
Und oft den Bären tanzen sehn.
Man findet hier gar manchen Thoren,
Der ist ins Trödeln so verloren,
dass er sich nirgend schicken kann
Zu allem, was er fähet an.
Kein Ding bei Zeiten er bestellt,
Nichts über Nacht hin er behält,
Als dass er so gleichgiltig ist
Und nicht bedenkt, was ihm gebrist,
Und was er haben muss zur Noth.
Selbst wenn ihm diese es gebot,
Denkt er nicht weiter alle Stund'
Als von der Nase bis zum Mund.
Nur wer im Sommer schafft mit Fleiß,
dass er im Winter zu leben weiß,
Den nenn' ich einen weisen Mann.
Doch wer im Sommer ruhen kann
Und schlafen allzeit an der Sonnen,
muss haben Güter schon gewonnen,
Oder muss durch den Winter sich
Behelfen schlecht und kümmerlich,
muss an den eignen Fingern nagen
Und harten Hunger oftmals tragen.
Wer nicht im Sommer machet Heu,
Der läuft im Winter mit Geschrei,
Hat wol zusammengebunden das Seil
Und ruft, dass man ihm Heu geb' feil.
Der Träge im Winter ungern pflügt,
Im Sommer er am Bettel liegt
Und muss manch böse Zeit ertragen,
Viel heischen, wenig nur erjagen.
Schau', Narr, die Ems' am frühen Morgen!
Lern' dich bei guter Zeit versorgen,
dass du nicht müssest Mangel leiden!
Wenn andre Freude sich bereiten!
Den sticht die Hechel oft nicht lind,
Wer immer zanket wie ein Kind
Und machen will die Wahrheit blind.
Von solchen Narrn will ich auch sagen,
Die in jeder Sache wollen tagen,
Und nicht mit Liebe kommen ab,
Wenn man zuvor nicht Zank drum hab';
Damit die Sache lang sich ziehe,
Man der Gerechtigkeit entfliehe,
Lassen sie bitten sich, mahnen, treiben,
Ausleuten, verbannen, Achtbrief schreiben,
Und steifen sich drauf, dass sie das Recht
Wol biegen, dass es nicht bleib' schlecht,
Als ob es wär' eine wächserne Nase.
Sie denken nicht, dass sie der Hase,
Der in der Schreiber Pfeffer schwimmt.
Vogt, Advocat, wer sonst noch stimmt
Und hat Gewalt, will auf seinen Tisch
Auch haben einen Zuber Fisch.
Die können dann die Sache breiten,
Ihr Garn wol nach dem Wildpret spreiten,
So dass ein Sächlein wird zur Sache,
Ein kleines Rünselein zum Bache.
Man muss jetzt theure Redner dingen
Und sie von fernen Landen bringen,
dass sie die Sache wohl verklügen
Und mit Geschwätz die Richter trügen.
Dann muss man viele Tag' anstellen,
Damit der Tagsold mög' anschwellen
Und wird verritten und verzehrt,
Mehr als die Sache selbst ist werth.
In Petersilie zehrt Mancher mehr,
Als ihm die Tagfahrt bringt nachher,
Und meint die Wahrheit doch zu blenden,
Wenn er die Sach' nicht bald läßt enden.
Ich wollt', wem wohl mit Zanken wär',
dass der am Steiß trüg' Hecheln schwer.
Wüst, schandbar Wort oft Sünde schürt,
Und oft zu schlechter Sitt' es führt,
Wenn man zu fest die Sauglock' rührt.
Grobian ein neuer Heiliger ist,
Den feiert jeder zu dieser Frist
Und ehret ihn an jedem Orte
Mit schändlichwüstem Werk und Worte,
Und will das ziehn zu einem Schimpf,
Wiewol der Gürtel hat wenig Glimpf.
Herr Glimpfius todt ist für die Welt:
Der Narr die Sau bei den Ohren hält
Und schüttelt sie, dass die Sauglock' klingt
Und sie den Moringer ihm singt.
Die Sau hat jetzt allein den Tanz,
Sie hält das Narrenschiff beim Schwanz,
dass es nicht untergeh' vor Schwere,
Was schade doch auf Erden wäre.
Denn wo die Narren nicht trinken Wein,
Gilt er jetzt kaum ein Oertelein;
Aber die Sau bringt jetzt viel Junge,
Weisheit kennt nicht des Pöbels Zunge;
Sie läßt Niemand beim Bretspiel sein,
Die Krone trägt die Sau allein;
Wer fest die Sauglock' läuten kann,
Der muss jetzt immer sein vornan.
Wer jetzt kann treiben solches Werk,
Wie einst der Pfaff' von Kahlenberg,
Oder Mönch Eilsam mit seinem Bart,
Der meint, er thu' eine gute Fahrt.
Von Manchem ist Weis' und Wort geschehn,
Wenn das Orestes gehört und gesehn,
Der doch der Sinne war beraubt,
Er hätt' es von keinem Verständ'gen geglaubt.
Sauberinsdorf ist worden blind,
Das schafft, die Bauern jetzt trunken sind.
Herr Ellerkunz den Vortanz hat
Mit Wüstgenug und Seltensatt.
Ein jeder Narr will Sauwerk treiben,
dass ihm die Büchse möge bleiben,
Die man umträgt mit Eselsschmeer.
Die Eselsbüchse wird selten leer,
Wiewol ein jeder drein will greifen
Und damit schmieren seine Pfeifen.
Die Grobheit ist jetzt kommen aus,
Und wohnt beinah in jedem Haus,
dass man nicht viel Vernunft mehr treibt.
Was man jetzt redet oder schreibt,
Das ist aus dieser Büchs entnommen.
Zumal wenn Prasser zusammenkommen,
Dann hebt die Sau die Mette an:
Die Prim' ist von Sanct Grobian,
Die Terz erschallt im Eselton,
Hutmacherknecht singt dann die Sext,
Von groben Filzen ist der Text;
Die wüste Rott' sitzt in der Nôn',
Die schlemmt und demmt aus vollem Ton,
Darnach die Sau zur Vesper klingt,
Schandbare Wort und Unflat singt,
Bis die Complêt den Anfang nimmt,
In der man »All sind voll!« anstimmt.
Das Eselsschmalz ist ohne Ruh,
Mit Schweinefett vermischt dazu;
Das streichet einer dem andern an,
Den er möcht' haben zum Cumpan,
Der wüst soll sein und es nicht kann.
Man schont nicht Gott noch Ehrbarkeit,
Vom Wüstesten weiß man Bescheid;
Wer kann der Allerschlimmste sein,
Dem bietet man ein Glas mit Wein.
Das Haus erdröhnt, man lacht und johlt
Und bittet, dass er's wiederholt.
Man ruft: »Das ist ein guter Schwank,
Dabei wird uns die Zeit nicht lang!«
Ein Narr den andern schreiet an:
»Du guter Gesell! Du lustiger Mann!
Feti gran schier, e belli schier!
Welch' Erdenfreud' sonst haben wir
Als bei so guten Gesellen sein?
Drum laßt uns fröhlich prassen und schrein!
Uns bleibt nur wenig Zeit auf Erden,
Die möge uns recht froh doch werden;
Denn wer mit Tode stirbt, liegt so
Und ist zu keiner Zeit mehr froh!
Wir haben von Keinem je vernommen,
Der von der Helle sei wiederkommen
Und uns nun sagte, wie's da stünde!
Ist gute Gesellschaft denn wol Sünde?
Laß Pfaffen schwätzen ohne Ende!
Ja, dass sie dies und jenes schände!
Wär' es so sündig, wie sie schreiben,
Sie thäten es nicht selber treiben!
Wenn nicht der Pfaff' vom Teufel sagte,
Der Hirt vom Wolf sein Leiden klagte,
Wo bliebe denn dann ihr Gewinn?«
Das ist der Thoren Wort und Sinn,
Die leben mit der groben Rott',
Der Welt zur Schande und auch Gott, –
Doch werden sie zuletzt zum Spott!
Es trachtet Mancher nach geistlichem Stand,
Der anzieht Pfaffen- und Klostergewand
Und bald möcht' reuig ändern den Stand.
Noch Anderes wird jetzt gelehrt,
Das auch ins Narrenschiff gehört,
Deß Jedermann bedient sich gern:
Jeder Bauer will einen geistlichen Herrn,
Der sich mit Müßiggang ernähr',
Ohn Arbeit leb' und sei ein Herr.
Nicht, dass er dies aus Andacht wähle,
Oder aus Achtung für's Heil der Seele,
Sondern zu haben einen Herrn,
Der die Geschwister mög' ernährn.
Er läßt ihn wenig sehn ins Buch,
Man spricht: »Er weiß dazu genug!
Braucht nicht auf größre Kunst zu sinnen,
Kann er nur eine Pfründ' gewinnen!«
Man schätzt die Priesterschaft gering,
Als ob es sei ein leichtes Ding.
Drum gibt es jetzt viel junge Pfaffen,
Die soviel können wie die Affen,
Und Seelsorg' sieht man treiben die,
Denen man vertraute kaum ein Vieh;
Sie wissen soviel vom Kirchenregieren,
Als Müllers Esel kann quintiren.
Die Bischöfe sind Schuld daran,
Die sollten nehmen zum Ordensmann,
Oder für die Seelsorg' erlesen
Nur einen Mann von tücht'gem Wesen,
dass einer sei ein weiser Hirt,
Der die Schafe nicht mit sich verführt.
Aber jetzt wähnen die jungen Laffen,
Wenn sie allein auch wären Pfaffen,
So hätt' ihrer Jeder, was er wollt'.
Doch ist fürwahr nicht Alles Gold,
Was man am Sattel gleißen sieht,
Mancher beschmutzt die Hände damit
Und läßt sich jung zum Priester weihn
Um später sich selbst zu maledein,
dass er nicht länger hat geharrt;
Gar Mancher von ihnen Bettler ward.
Wenn er eine rechte Pfründ' gewann,
Eh er die Priesterschaft nahm an,
Er wär' soweit gekommen nit.
Viel weiht man, um der Herren Bitt'
Oder auf Dieses und Jenes Tisch,
Davon er doch ißt wenig Fisch.
Man lehnet Brief' einander ab,
Damit man einen Titel hab'
Und wähnt den Bischof zu betrügen,
Um ins Verderben sich zu lügen.
Kein ärmer Vieh auf Erden ist
Denn Priesterschaft, der Brod gebrist:
Sie hat Abzüg' schon überall:
Vikar, Bischof zusammt Fiskal,
Der Lehnsherr, dann die Freunde sein,
Die Wirthschaftrin, die Kinder klein,
Die geben ihm erst rechte Püff',
dass er komm' in das Narrenschiff
Und damit aller Freud' vergesse.
Ach Gott, es hält gar mancher Messe,
Dem besser wär', er dächt' nicht dran
Und rührte den Altar nicht an;
Denn Gott gedenkt des Opfers nicht,
Das sündenvoll mit Sünd geschicht.
Einst hörte Moses Gott den Herrn:
»Ein jedes Thier, das mach' sich fern
Und komm' dem heilgen Berg nicht nah,
dass es nicht Plage treffe da!«
Wo angerühret Ozas Hand
Die Arche, dort den Tod er fand;
Mit Dathan starb und Abyran
Korah, der's Weihrauchfaß rührt' an.
Geweihtes Fleisch scheint oft nicht theuer;
Es wärmt sich gern am Klosterfeuer,
Dem doch zuletzt wird Höllenglut.
Man predigt klugen Leuten gut!
Jetzt stößt manch Kind man in den Orden,
Eh es ein Mensch noch ist geworden;
Eh es versteht, ob das ihm sei
Gut oder bös, steckt es im Brei.
Wenn auch Gewohnheit viel vermag,
Reut es doch Viele manchen Tag,
Die fluchen Denen aller Orten,
Die Ursach' des Gelübdes worden.
Gar wenig jetzt ins Kloster gehn
Zu solcher Zeit, wo sie's verstehn;
Gar wenig kommen durch Gottes Willen,
Die Meisten um ihren Hunger zu stillen.
Des Standes haben sie nicht Acht
Und thuen Alles ohn' Andacht,
Zu meist in all den Orden ganz,
Wo man nicht hält die Observanz.
Solch Klosterkatzen sind gar geil,
Das macht, es bindet sie kein Seil.
Doch besser gehört keinem Orden an,
Als dass Unrecht thut ein Ordensmann.
Mancher wendet viel Kosten aufs Jagen,
Das ihm doch wenig Nutzen wird tragen,
Kann er auch manchen Waidspruch sagen.
Auch Jagen nicht ohn' Narrheit bleibt,
Die Zeit damit man nur vertreibt,
Denn wiewol es sein soll Scherz und Spiel,
So macht es doch der Kosten viel;
Denn Leit- und Windhund, Rüden, Bracken,
Die füllen nicht mit Luft die Backen;
Jagdvögel auch und Federspiel
Bringen wenig Nutzen und kosten viel.
Nicht Huhn noch Hasen fähet man,
Es kostet ein Pfund den Jägersmann.
Dazu bedarf man viel Müh und Zeit,
Wie man ihm nachlauf', geh' und reit'
Und suche durch Berg, Thal, Wald und Hecken,
Wo man sich kann bergen, warten, verstecken.
Mancher verscheucht mehr als er jagt,
Das schafft, er hat nicht recht gehagt;
Ein andrer nennt einen Hasen sein,
Den kaufte er auf dem Kornmarkt ein.
Mancher will gar muthig sein,
Wagt sich an Löwen, Bären und Schwein',
Oder steigt nach den Gemsen gar,
Und sein letzter Lohn ist – große Gefahr.
Die Bauern jetzt im Schnee jagen,
Des Adels Vorzug will nichts mehr sagen:
Der kann dem Wildpret lang nachlaufen, –
Der Bauer thät es heimlich verkaufen.
Nimrod, der erste Jäger, war
Von Gott verlassen offenbar;
Esau, der jagte stolzvermessen
Und hat in Sünde Gott vergessen.
Denn Jäger wie Eustachius
Und Hubert lang man suchen muss,
Die meinten nicht zu dienen Gotte,
Wenn sie nicht ließen der Jäger Rotte.
Der lug' und treff', wer schießen will!
Zum rechten Griff das rechte Ziel!
Sonst gibt es Narrenschüsse viel!
Wollt' es die Schützen nicht verdrießen,
Ich stellt' auch an ein Narrenschießen,
Macht' einen Schießrain am Gestade,
Wer den verfehlte, dem wär's Schade.
Dazu wär'n Gaben auch bestellt:
Der Nächste beim Ziel, das wär' der Held,
Wenn ihm nicht würd' Verstechen kund.
Drum hüt' er sich, halt' nicht zum Grund
Noch in die Höh', vielmehr aufs Ziel,
Wenn er den Zweck berühren will,
Und thu den Anschlag nicht zu eilig!
Viele schießen zu hoch, sich zum Verdruß,
Dem bricht der Bogen, die Sehn' oder Nuß,
Der thut beim Anschlag manchen Schlipf,
Dem wird verrückt Stuhl oder Schipf
Deß Armbrust geht los, wenn er sie nur rührt,
Das macht, die Sehne ist geschmiert;
Dem steckt das Ziel nicht so wie eh'r,
Den Merkpunkt findet er nicht mehr,
Der hat gemacht der Schüsse viel,
Doch sind sie alle weit vom Ziel,
So dass ihm wird die Sau kaum wol,
Wenn man zuletzt verstechen soll.
Kein Schütze sich so wohl verhält,
Er findet immer, was ihm fehlt,
Dann dies, dann jenes, damit er hätte
Ein Wehrwort, das den Glimpf ihm rette,
Und hätte er nicht gefehlt darin,
Dann wäre die Gabe sein Gewinn.
Sodann weiß ich noch Schützen mehr,
Die hören, dass fern ein Schießen wär',
Zu dem von allen Landen Leut'
Hinziehen zur bestimmten Zeit,
Die besten, die man finden kann,
Deren jeder oft schon Preise gewann,
Denn jeder Schuß trifft grad' ins Ziel, –
Nun kenn' ich doch der Gecken viel,
Die wissen, dass sie nichts gewinnen
Und ziehen dennoch kühn von hinnen,
Dort zu versuchen auch ihr Heil:
Deren Zehrung nehm' ich für ihr Theil.
Vom Glücksspiel will ganz still ich sein:
Die Sau wird ihm im Aermel schrein!
Gar weise Mancher schießen will,
Und Wenige treffen in das Ziel.
Das macht, man zielt nicht recht aufs Feld,
Zu niedrig oder zu hoch man hält,
Der läßt sich bringen aus dem Visier
Und dem zerbricht der Anschlag schier,
Der thut wie Jonathan einen Schuß
Und dem fährt ganz heraus die Nuß.
Wer weise treffen will das Ziel,
Bedarf dazu wol solcher Pfeile,
Wie Herkules deren hatte viel,
Mit denen er traf, was er begehrte,
Und was er traf, fiel todt zur Erde.
Wer recht mit Weisheit schießen will,
Der schau, dass er halt' Maß und Ziel,
Denn fehlt er, oder hält nicht drauf,
Nimmt zu den Narren er den Lauf.
Wer schießen will und fehlt den Rain,
Der trägt die Sau im Aermel sein;
Wer jagen, stechen, schießen will,
Hat wenig Nutzen und Kosten viel.
Ritter Peter von Altenjahren,
Ich muss Euch greifen an die Ohren!
Mich dünkt, dass beid' wir Narren waren,
Wiewol Ihr führet Ritterssporen.
Die Gecken, Narren ich auch bringe,
Die sich berühmen hoher Dinge
Und wollen sein, was sie nicht sind,
Und wähnen, alle Welt sei blind
Und sie ihr fremd und unbekannt.
Mancher will edel und hoch sein genannt,
Deß Vater doch machte bumblebum
Und mit dem Küferwerk ging um,
Oder hat sich also begangen,
dass er focht mit einer stählernen Stangen,
Oder rannte mit einem Judenspieß,
dass er gar viele zu Boden stieß,
Und will, dass man ihn Junker nenne,
Als ob man nicht seinen Vater kenne,
dass man spreche: Meister Hans von Menz,
Und auch sein Sohn, Junkherr Vincenz.
Viel rühmen hoher Dinge sich
Und prahlen stets zu Widerstich
Und sind doch Narren in der Haut,
Wie Ritter Peter von Pruntraut,
Der will, dass man zu ihm Ritter sage,
Dieweil er im Stechen am Murtener Tage
Gewesen sei, wo ihm so noth
Zu fliehen war, dass ihm der Koth
Die Hosen hat so hoch beschlämmt,
dass man ihm waschen musst' das Hemd.
Doch Schild und Helm er zeigen kann
Als Zeugniß, er sei ein Edelmann:
Er führt einen Habicht, gefärbt wie der Reiher
Und auf dem Helme ein Nest voll Eier,
Wobei ein Hahn in der Mauser sitzt,
Der möchte die Eier brüten itzt.
Derselben Narren findet man mehr,
Die wollen haben große Ehr',
dass man sie hat voran gesehn.
Ja, da es wollt' ans Fliehen gehn,
Lugten sie hinter sich lange Zeit,
Ob ihnen folgten auch andre Leut?
Mancher rühmet sein Fechten groß,
Wie er den erstach und jenen schoß,
Der doch von ihm so weit wol war,
dass keine Büchse ihm bracht' Gefahr.
Noch andre trachten nach edeln Wappen,
Wie sie führen mögen viel Löwentappen,
Einen gekrönten Helm und ein gülden Feld:
Die sind des Adels von Bennefeld.
Gar Manche sind edel durch ihre Frauen,
Deren Väter saßen in Ruprechtsauen;
Seiner Mutter Schild gar Mancher führt,
Weil er vielleicht im Vater irrt.
Viel haben Brief' und Siegel gut,
Als seien sie von edlem Blut;
Sie wollen die ersten sein nach Recht,
Die edel sind in ihrem Geschlecht,
Und dieses ich nicht straf' noch achte,
Weil man aus Tugend den Adel machte.
Wer gute Sitt', Ehr', Tugend kann,
Den halt' ich für einen Edelmann,
Aber wer hat keine Tugend nit,
Nicht Zucht, Scham, Ehr', noch gute Sitt'.
Den halt' ich alles Adels leer,
Und wenn ein Fürst sein Vater wär'.
Adel allein bei Tugend steht,
Aus Tugend aller Adel geht. –
Desgleichen will Mancher Doctor sein,
Der nie Clementin noch Sext sah ein,
Nie Institut, Decret, Digest geschaut,
Nur dass er hat 'ne Eselshaut,
Drauf steht sein Recht geschrieben an:
Der Brief zeigt Alles, was er kann,
Und dass er gut sei auf der Pfeif'.
Drum stehet hier Herr Doctor Greif,
Ein sehr gelehrter und witziger Mann,
Der greift einen Jeden beim Ohre an,
Weiß mehr als mancher Doctor kann.
Der ist in vielen Schulen gestanden
In nahen und in fernen Landen,
Wo nie ein Gauch ging aus noch ein,
Der doch mit Gewalt will Doctor sein;
Man muss zu ihnen Herr Doctor sagen,
Dieweil sie rothe Röcke tragen
Und weil ein Aff' ihre Mutter ist.
Ich weiß noch einen, heißt Hans Mist,
Der alle Welt will überreden,
Er sei zu Norwegen und Schweden,
Zu Algier gewesen und zu Granat,
Und wo der Pfeffer wächst und staht;
Der doch nie kam so weit hinaus:
Hätt' seine Mutter daheim zu Haus
Pfannkuchen oder Würst gebachen,
Er hätt's geschmeckt und hören krachen.
Des Rühmens ist auf Erden so viel,
dass es nicht kennet Zeit noch Ziel,
Denn jedem Narren das gebrist,
dass er sein will, was er nicht ist.
Viel haben zum Spiel so großen Trieb,
Sie haben sonst keine Kurzweil lieb,
Auch wenn ihnen wenig übrig blieb.
Noch find' ich närrischer Thoren viel,
Die haben Freude nur am Spiel
Und wähnen, sie könnten leben nit,
Sollten sie nicht umgehn damit
Und spielen Tag und Nacht im Saus
Mit Karten und Würfeln in vollem Braus;
Die ganze Nacht hindurch sie säßen,
dass sie nicht schliefen und nicht äßen,
Aber ein Trunk muss sein zur Hand,
Denn Spielen setzt die Leber in Brand,
dass man wird dürr und durstesvoll.
Des Morgens drauf spürt man das wohl:
Einer welken Birn' gleicht des Einen Gesicht,
Der Andre hinter der Thüre sich bricht,
Ein Dritter hat solche Farb' angenommen,
Als sei er aus dem Grab just gekommen,
Oder sein Angesicht ergleißt,
Wie ein Schmiedknecht sich vor Tag befleißt.
So eingenommen ist ihm sein Kopf, –
Den ganzen Tag muss gähnen der Tropf,
Als ob er Fliegen fangen wollt';
Wenn einer verdienen könnt' viel Gold,
dass er bei einer Predigt säße
Eine Stunde und des Schlafs vergäße, –
Er hüllte den Kopf tief in die Gören,
Als sollte der Prediger aufhören.
Aber sitzt man lange beim Spiel,
Dann achtet man des Schlafs nicht viel.
Viel Frauen, die sind auch so blind,
dass sie vergessen, wer sie sind,
Und, was verbietet jedes Recht,
Sie mischen sich mit anderm Geschlecht;
Sie sitzen bei den Männern frei,
Zuchtlos und ohne natürliche Scheu
Und spielen, würfeln spät und früh,
Was doch den Frauen steht nicht zu.
Sie sollten an der Kunkel lecken
Und nicht zum Spiel bei Männern stecken.
Wenn Jeder spielt mit seines Gleichen,
So braucht ihn Scham nicht zu beschleichen.
Als Alexanders Vater wollte,
dass der um Preise laufen sollte,
Dieweil der Knabe schnell im Lauf,
Sprach er zu seinem Vater drauf:
»Zwar billig wäre, dass ich thäte,
Was mich mein Vater hieß und bäte,
Und gewißlich gern ich laufen wollte,
Wenn ich mit Königen es sollte;
Drum dürfte man nur dann mich bitten,
Wenn unter Gleichen wird gestritten!«
Doch jetzt ist es dahin gekommen,
dass Pfaffen, Edle, Bürger mit Frommen
Nicht minder als mit Köpplern leben,
Die oft nicht sehr nach Ehre streben.
Zumal die Pfaffen sollten nicht viel
Mit Laien treiben Scherz und Spiel,
Wenn sie nur wollten beachten, dass
Zwischen ihnen stets war Neid und Hass,
Der Neidhart, der in ihrer Brust,
Regt bei Gewinn sich und Verlust,
Zumal da ihnen verboten ist
Würfeln und Spielen zu jeder Frist.
Nur wer sich selbst mit Spielen vergnügt,
Ein solcher gar selten unterliegt
Und bleibt ohne Sorg', dass er verliere
Und dass ihn treffen Flüch' und Schwüre.
Wenn ich nun aber sagen soll,
Was ziemt einem rechten Spieler wohl,
So will Virgilen ich beibringen,
Der also redet von solchen Dingen:
»Veracht' das Spiel zu aller Zeit,
dass dich nicht trübe Gier und Neid,
Denn Spiel entstammt unsinn'ger Begier
Und zerstöret alle Vernunft in dir.
Ihr Tapfern, hütet Eure Ehre,
dass Euch das Spiel die nicht versehre!
Ein Spieler muss haben Geld und Muth,
Und wenn er verliert, es halten für gut,
Darf nicht ausbrechen in Zorn, Fluch, Schwur,
Hat er Geld, so harr' er der Schanze nur.
Denn Mancher kommt zum Spiele schwer,
Der doch zur Thür hinausgeht leer.
Wer spielt allein um großen Gewinn,
Dem geht gar selten es nach Sinn.
Wer gar nicht spielt, hat Frieden gut,
Wer spielt, setzt ein Gut, Muth und Blut.
Wer in allen Schenken setzen will
Und suchen Glück bei jedem Spiel,
Der muss viel einzusetzen haben
Und oft ohn' Geld nach Hause traben.
Hat einer drei Seuchen und trachtet nach mir,
Der hat bald böser Schwestern vier!«
Spiel mag gar selten sein ohn' Sünd',
Ein Spieler ist nicht Gottes Kind:
Denn Spieler all' des Teufels sind.
Viel Narren reif sind bis zum Drücken,
Die Thoren sind in manchen Stücken,
Denen sitzt der Esel auf dem Rücken.
So viele sind im Narrenorden,
Ich wäre fast vergessen worden
Und um des Schiffes Abfahrt kommen,
Hätt' ich nicht des Esels Ruf vernommen.
Ich bin, den alle Dinge drücken,
Will mich in einen Winkel bücken,
Ob wol der Esel vorbei will gehn,
Nicht stets auf meinem Rücken stehn,
Und wenn ich nur Geduld recht hab',
Hoff' ich, vom Esel zu kommen ab;
Doch hab' ich sonst Gesellen gut,
Die drückt das, was mich drücken thut:
Der Eine folgt nicht gutem Rath,
Der zürnt, wenn er nicht Ursach hat;
Der kaufet Unglück, trauert ohn' Grund,
Ist lieber im Krieg als daheim und gesund;
Der sieht seinen Kindern Muthwillen nach,
Der ist mit dem Nachbar zum Streite jach;
Der leidet, dass der Schuh ihn drückt,
Die Frau ins Wirthshaus nach ihm schickt, –
Die stehen all' im Narrenbuche.
Wer mehr verzehrt, als er gewinnt,
Und borget viel, was ihm zerrinnt,
Wer seine Frau führt Andern vor,
Der ist ein Narr, Gauch, Esel, Thor;
Wer bedenkt die Menge der Sünden sein,
Und was er drum muss leiden Pein,
Und kann doch fröhlich sein damit,
Der taugt nicht selbst zum Eselritt, –
Es muss der Esel auf seinen Rücken,
Um ihn zu Boden ganz zu drücken.
Der ist ein Narr, dem Gutes gefällt,
Und der dem Bösen nach doch stellt.
Hiermit sind viele Narren berührt,
Die dieser Esel mit sich führt.
Wenn Reuter und Schreiber greifen an
Einen feisten, schlichten, geringen Mann,
Ist der es, so den Streit fing an.
Schreiber und Reuter trifft auch der Spott,
Sie seien in der Narrenrott';
dass ihre Nahrung gleich, ist klar:
Der schindet heimlich, der offenbar!
Der wagt sein Leben, sei's trocken, sei's naß,
Und der setzt die Seele ins Tintenfaß.
Der Reuter steckt viele Scheuern an,
Der Schreiber bedarf einen Bauersmann,
Der feist sei und kann triefen wohl,
Damit er riechen mach' seinen Kohl.
Ja, thäte jeder, was ihm ziemte,
So wären sie beide Geldes werth,
Der mit der Feder, der mit dem Schwert, –
Man möchte sie beide entbehren nit,
Wäre nicht über der Hand ihr Schnitt,
Würde durch sie nicht das Recht versehrt
Und Mann und Roß aus dem Stegreif ernährt.
Da nun aber auf eignen Gewinn
Jeder von ihnen stellt Muth und Sinn,
So wollen sie verzeihen mir,
dass ich im Narrenschiff sie führ'.
Ich habe sie drum gebeten nicht,
Den Fuhrlohn jeder selbst verspricht
Und will sich auf eine Nuß verdingen,
Bekannte genug ins Schiff zu bringen.
Schreiber und Gleißner sind noch viel,
Die treiben jetzt wild Reuterspiel
Und nähren sich kurz vor der Hand,
Gleichwie die Kriegsknecht in dem Land.
Wahrlich, es ist eine Schande groß,
dass man nicht eilend die Straßen macht frei,
dass Pilger und Kaufmann sicher sei,
Aber ich weiß wohl, was das thut:
Man sagt, das Geleitgeld schmecke zu gut!
Ich bin gelaufen fern und weit,
Das Fläschlein war nie leer die Zeit;
Dies Brieflein, Narrn, ist Euch geweiht.
Wenn ich der Boten auch vergäße
Und ihnen Thorheit nicht zumäße,
Sie mahnten mich wol selber dran.
Den Narrn gebührt ein Botenmann,
Der trag' im Mund, und sei nicht laß,
Ein Brieflein, dass es nicht werd' naß,
Geh säuberlich wie auf dem Dache,
Damit das Ziegelwerk nicht krache,
Und luge, dass ihm nicht zur Last
Mehr wird, als du befohlen hast;
Er wisse, was ihm aufgetragen,
Vor Wein bald nicht mehr aufzusagen
Und halt' sich unterwegs lang auf,
dass Mancher kreuze seinen Lauf;
Er acht' auf Zehrung in der Nähe,
Die Briefe dreimal er umdrehe,
Ob er erspähe, was er trage,
Und was er weiß, bald weiter sage,
Und Nachts die Tasch' leg' auf die Bank;
Hat er vom Wein dann einen Schwank,
So kommt er ohne Antwort wieder:
Das sind, so mein' ich, Narrenbrüder.
Sie laufen dem Narrenschiffe nach
Und finden's zwischen hier und Aach;
Doch sollen sie sich deß vermessen
Und ihres Fläschleins nicht vergessen,
Denn ihre Leber, ihr Geschirr
Wird ihnen vom Laufen und Lügen dürr.
Doch wie der Schnee uns Kühlung leiht,
Wenn man ihn trifft zur Sommerszeit,
Also ein treuer Bot' erquickt
Den, welcher ihn hat ausgeschickt.
Der Bot' ist Lob und Ehre werth,
Der bald bestellt, was man begehrt.
Hier kommen Kellner, Köch', Ehalten,
All, die des Hauses Sorg' verwalten
Und redlich in dem Schiffe schalten.
Ein Bötlein uns vorüberlief,
Das fragte nah dem Narrenschiff,
Dem gaben wir versalzne Suppen,
dass er das Fläschlein wohl möcht' luppen;
Wie schnell ist er davon geflogen,
Das Fläschlein hat er oft gezogen,
Wir wollten ihm ein Brieflein geben,
Doch er thät eilig weiterschweben.
Drum kommen wir die Straß' hier schlecht,
Kellner und Köche, Magd, Ehalt, Knecht,
Die in der Küche zu schaffen haben.
Wir tragen auf nach Kundschaft und Gaben,
Draus kein Bedenken uns entsteht,
Aus unserm Seckel es nicht geht;
Zumal, wenn unsre Herrschaft aus
Und sonsten Niemand ist im Haus,
Dann schlemmen wir und taberniren,
Auch fremde Prasser heim wir führen
Und geben da gar manchen Stoß
Den Kannen, Krügen, Flaschen groß.
Wenn Nachts die Herrschaft geht zur Ruh,
Und Thor und Riegel sind fest zu,
So trinken wir dann nicht vom bös'sten
Und zapfen aus dem Faß dem größten,
So kann man es so leicht nicht spüren.
Ins Bett wir dann einander führen,
Doch ziehen wir zwei Socken an,
dass uns der Herr nicht hören kann,
Und hört man dann doch etwas krachen,
Wähnt man, dass es die Katzen machen.
Alsdann nach einer kleinen Frist,
Vermeint der Herr, dass ihm noch ist
Im Fäßlein mancher gute Trunk,
Doch horch! der Zapf macht glunk, glunk, glunk!
Das ist ein schlimmes Zeichen, dass
Gar wenig mehr ist in dem Faß.
Sodann wir fleißig darauf achten,
dass wir zurichten viele Trachten,
Und damit Lust und Magen reizen;
Mit Kochen, Sieden, Braten, Beizen,
Mit Rösten, Backen, Pfefferbrei,
Mit Zucker, Gewürz und Spezerei
Bereiten Trank wir und Gericht,
dass an der Stiege sich Mancher bricht,
Oder er muss es von sich purgiren
Mit Syropen und mit Klystiren.
Drob machen wir nicht viel Geschrei,
Werden wir doch selbst voll dabei,
Da wir uns selber nicht vergessen:
Das Beste wir vom Hafen essen;
Denn wären wir auch vor Hunger gestorben,
Es hieß doch, wir seien durch Schlemmen verdorben.
Der Kellner spricht: »Brat' mir 'ne Wurst,
Herr Koch, so lösch' ich dir den Durst!«
Der Kellner ist des Weins Verräther,
So ist der Koch des Teufels Bräter,
Hier wird er gewohnt das Küchenfeuer,
Drum scheint die Höll' ihm nicht ungeheuer.
Kellner und Köche sind selten leer,
Sie tragen auf und mühn sich sehr:
Zum Narrenschiff steht ihr Begehr.
Als Joseph nach Egypten kam,
Der Köche Fürst ihn zu sich nahm,
Und Zion gewann Nabursadam.
Ich hätt' vergessen fast bei mir,
dass ich nicht noch ein Schiff einführ',
Nun ich der Bauern Narrheit führ'.
Die Bauern ziemlich einfach waren
Noch kürzlich in vergangnen Jahren;
Gerechtigkeit war bei den Bauern;
Als die entfloh der Städte Mauern,
Wollt' sie in strohernen Hütten sein,
Bevor die Bauern tranken Wein,
Den sie jetzt gerne bei sich dulden.
Sie stecken sich in große Schulden;
Wiewol jetzt Korn und Wein gilt viel,
Nehmen sie doch auf Borg und Ziel
Und wollen bezahlen nicht bei Zeiten,
Man muss sie bannen und verleuten.
Der Zwillch schmeckt ihnen nicht mehr sehr,
Sie wollen keine Joppen mehr;
Es muss sein leydnisch und mechelsch Kleid
Und ganz zerhacket und gespreit
Mit aller Farb', Wild über Wild,
Und auf dem Aermel ein Guckuksbild.
Der Bauer jetzt das Stadtvolk lehrt,
Wie es in Bosheit wird gemehrt;
Von den Bauern kommt jetzt aller Schund,
Sie haben täglich neuen Fund,
Keine Einfalt ist mehr in der Welt,
Die Bauern stecken ganz voll Geld,
Sie speichern Wein und Weizen auf
Und Andres und erschwern den Kauf
Und machen es so lange theuer,
Bis Blitz und Donner kommt mit Feuer
Und ihnen abbrennt Korn und Scheuer.
Desgleichen zu unsern Zeiten auch
Ist auferstanden mancher Gauch,
Der sonst ein Bürger und Kaufmann war,
Und jetzt ein Edler und Ritter gar.
Der Edle gern ein Freiherr ist,
Der Graf ein Fürst zu dieser Frist,
Der Fürst die Krone des Königs begehrt;
Viel werden Ritter, die kein Schwert
Gezogen je für Gerechtigkeit.
Die Bauern tragen seiden Kleid
Und goldne Ketten an dem Leib;
Es geht daher ein Bürgersweib
Hochmüthiger denn eine Gräfin thut.
Wo Geld ist, ist auch Uebermuth;
Was eine Gans an der andern nimmt wahr,
Drauf ist sie gerichtet ganz und gar,
Das muss sie haben; es schmerzt sonst sehr.
Der Adel hat keinen Vorzug mehr.
Man sieht eines Handwerksmannes Weib,
Die höhern Werth trägt auf dem Leib
An Rock, Ring, Mantel, Borte schmal,
Als sie im Haus hat allzumal.
Den Bettelstab manch Biedermann
Mit seinem Weibe drum gewann,
muss trinken im Winter aus irdenem Krug,
dass er thue dem Weib im Sommer genug;
Und hat sie heut Alles, was sie verlangt,
– Gar bald es bei dem Trödler hangt.
Wer Frauengelüste will folgen doch,
Den friert gar oft, spricht er auch: »Schoch!«
In allen Landen ist große Schande,
Keiner begnügt sich mit seinem Stande;
Niemand bedenkt, was die Vorfahren waren,
Denn die Welt ist jetzo voll von Narren.
Drum will ich's sagen ohne Verdruß;
Der Dreispitz in den Sack jetzt muss!
Viel Narren freut nichts in der Welt,
Es sei denn, dass es schmeck' nach Geld;
Die gehören auch ins Narrenfeld.
Geldnarren sind auch überall
So viel, dass man nicht kennt die Zahl,
Die lieber haben Geld als Ehr'.
Nach Armuth fragt jetzt Niemand mehr;
Man kommt auf Erden dort kaum aus,
Wo nichts als Tugend ist im Haus.
Weisheit thut man nicht Ehr' mehr an,
Und Ehrbarkeit muss hinten stahn;
Sie kommt kaum noch auf grünen Zweig,
Man will jetzt, dass man ihrer schweig';
Und wer auf Reichthum sich befleißt,
Hat dies allein auch nur im Geist
Und achtet Sünd' nicht, Wucher, Schand',
Nicht Mord, Verrath am eignen Land;
Das ist gemein jetzt in der Welt.
All Bosheit findet man um Geld:
Gerechtigkeit um Geld ist feil;
Durch Geld käm Mancher an das Seil,
Käm er mit Geld nicht aus der Haft.
Um Geld bleibt Sünd' oft ungestraft,
Ich sag' dir deutsch, wie ich das meine:
Man henkt die kleinen Dieb' alleine;
Eine Brems nicht in dem Spinnweb klebt,
Die kleine Mücke nur drin schwebt.
Ahab war ehmals nicht zufrieden,
dass ihm ein Königreich beschieden,
Bis er den Weinberg Naboths nahm,
Der arm ohn Recht zu Tode kam.
Der Arme muss stets in den Sack;
Was Geld gibt, ist gut von Geschmack.
Armuth, die jetzo ganz unwerth,
War etwa lieb und hochgeehrt
Und angenehm der goldnen Welt.
Da hat Niemand geachtet Geld
Oder etwas besessen allein:
All Dinge waren da gemein,
Und man an Dem Genügen fand,
Was ohne Arbeit jedes Land
Und die Natur ohn' Sorgen trug.
Doch als gebraucht erst ward der Pflug,
Fing man auch gierig an zu sein,
Da kam auch auf: »Wär' mein, was dein!«
All Tugend wär' noch auf der Erde,
Wenn man nur Ziemliches begehrte.
Armuth ist eine Gab' von Gott,
Wiewol sie jetzt der Welt ein Spott;
Das macht allein, weil Niemand ist,
Der denkt, wie Armuth nichts gebrist,
Und dass der nichts verlieren mag,
Der nichts gehabt in seinem Sack,
Und dass der leicht mag schwimmen weit,
Der nackend ist und ohne Kleid.
Ein Armer singt frei durch die Welt,
Dem Armen selten etwas fehlt.
Die Freiheit hat ein armer Mann,
dass er doch betteln gehen kann,
Obschon man ihn sieht übel an;
Und wenn man ihm auch gar nichts reicht,
So bleibt sein Gut wie vorher leicht.
Bei Armuth fand man bessern Rath,
Als Reichthum je gegeben hat,
Das zeigt uns Quintus Curius
Und der berühmte Fabricius,
Der wollte nicht haben Gut noch Geld,
Sondern hat Ehr' und Tugend erwählt.
Armuth gab ehmals Fundament
Und Anfang allem Regiment;
Armuth gebaut hat jede Stadt;
All Kunst Armuth erfunden hat;
Armuth kann ohne Uebel gehn,
All Ehr' aus Armuth mag erstehn;
Bei allen Völkern auf der Erde
War Armuth lang in hohem Werthe;
Es hat durch sie der Griechen Hand
Viel Städt' bezwungen, Leut' und Land.
Aristîdes war arm und gerecht,
Epaminoudas streng und schlecht,
Homer war arm und doch gelehrt,
In Weisheit Sokrates geehrt
Und Phocion keiner an Mild' übertrifft.
Das Lob hat Armuth in der Schrift:
Nichts ward auf Erden je so groß,
Das nicht zuerst aus Armuth floß.
Das römische Reich, sein hoher Nam'
Anfänglich her aus Armuth kam.
Denn welcher merkt und bedenkt dabei,
dass Rom von Hirten erbauet sei
Und von armen Bauern lang regiert,
Danach von Reichthum ganz verführt,
Der mag wol merken, dass Armuth
Rom besser war als großes Gut.
Blieb' Krösus arm, doch weis an Muth,
Er hätt' behalten wol sein Gut;
Man fragte Solon um Bescheid,
Ob jener hätte Seligkeit,
– Denn er war mächtig, reich, geehrt, –
Da sagte Solon: »Auf der Erd'
Nenn' keinen selig vor dem Tod,
Man weiß nicht, was ihm all noch droht!«
Wer meint noch festzustehen heut,
Der kennt doch nicht die künft'ge Zeit!
Der Herr sprach: »Euch sei Weh und Leid!
Ihr Reichen habt hier Eure Freud',
Ergötzlichkeit in Euerm Gut!
Doch wohl des Armen freiem Muth!«
Wer sammelt Gut durch der Lüge Kraft,
Der ist unnütz, wird zagehaft
Und macht sich feist mit missgeschick,
dass er erwürg' am Todesstrick.
Wer einem Armen Unrecht thut
Und damit häufen will sein Gut,
Trifft einen Reichern, der erpreßt
Sein Gut und ihn in Armuth läßt.
Richt' nicht die Augen auf das Gut,
Das allzeit von dir fliehen thut;
Gleichwie der Adler, so gewinnt
Es Federn und fliegt durch den Wind.
Wenn Reichthum wäre gut auf Erden,
Trüg' Christus nicht Armuthgeberden.
Wer spricht, dass er ohn' Mängel wär',
Nur sei die Tasch' ihm pfennigleer,
Derselb' ist in der Thorheit Bann,
Ihm fehlt mehr als er sagen kann,
Zum Ersten, dass er nicht erkennt,
Wie er ist ärmer, als er wähnt.
Es greift gar Mancher hurtig zum Pflug
Und endet zuletzt doch übel genug,
Weil er den Gauch aus dem Nest nicht trug.
Die Hand legt Mancher an den Pflug
Und hat zuerst Inbrunst genug
Zu Weisheit und zu gutem Werk
Und steigt doch nicht empor zum Berg,
Der ihn führt zu des Himmels Auen,
Er muss vielmehr zurück oft schauen,
Und gefällt ihm wol Egyptenland,
Wo mancher volle Fleischtopf stand,
Und läuft den Sünden weiter nach
Wie mancher Hund dem, was er brach,
Was er schon oft verschlungen hat, –
Für solchen gibt's nur wenig Rath.
Die Wunde selten sich wieder schließt,
Die oft schon aufgebrochen ist;
Wenn sich der Sieche nicht hält recht,
dass wieder um die Krankheit schlägt,
So muss man bangen, dass er mag
Genesen nicht nach manchem Tag.
Viel besser ist's ans Werk nicht gehn
Als nach dem Anfang abzustehn.
Gott spricht: »Ich wollt', du hätt'st Gestalt,
dass warm du wärest oder kalt;
Aber dieweil du lau willst sein,
Bist du zuwider der Seele mein!«
Wenn einer that viel Gutes schon,
Wird ihm doch nicht der rechte Lohn,
Wenn er nicht ausharrt bis ans Ende.
Aus großem Uebel kam behende
Und ward erlöst die Hausfrau Loth,
Doch da sie nicht hielt das Gebot
Und wieder umsah hinter sich,
Blieb sie da stehn ganz wunderlich.
Ein Narr läuft wieder zu seiner Schelle,
Wie der Hund zum Kote mit Gebelle.
Mag Adel, Gut, Stärk', Jugendzier
In Fried' und Ruh sein, Tod, vor dir?
All das, was Leben je gewann
Und sterblich ist, – das muss daran.
All die wir leben hier auf Erden,
Geliebte Freund', betrogen werden,
Weil wir nicht vorzusehn gewohnt
Den Tod, der unser doch nicht schont.
Wir wissen, und es ist uns Kunde,
dass uns gesetzet ist die Stunde,
Und wissen nicht wo, wann und wie?
Doch ließ der Tod noch keinen hie.
Wir sterben all und fließen hinnen
Wie Wasser, die zur Erde rinnen;
Darum sind wir gar große Narren,
dass wir nicht denken in viel Jahren,
Die uns Gott deßhalb leben läßt,
dass wir uns rüsten auf das Best'
Zum Tod und lernen, dass wir hinnen
Einst müssen ohne zu entrinnen.
Der Wein ist schon getrunken drauf,
Wir können nicht abstehn vom Kauf;
Die erste Stund' die letzte brachte,
Und wer den Ersten ehmals machte,
Der wußt' auch, wie der Letzt' würd' sterben.
Aber die Narrheit thut uns färben,
dass wir gedenken nicht daran,
Wie uns der Tod nicht lassen kann
Und unsers schönen Haars nicht schonen,
Noch unsrer grünen Kränz' und Kronen.
Mit Recht »Hans Achtseinnit« er heißt,
Denn wen er greift und an sich reißt,
Sei er auch stark und schön und jung,
Den lehrt er gar seltsamen Sprung,
Den billig ich den Todsprung heiß',
So dass ihm ausbricht kalter Schweiß
Und streckt und krümmt sich wie ein Wurm,
Denn da thut man den rechten Sturm.
O Tod, was hast du für Gewalt,
Dieweil du hinnimmst Jung und Alt!
O Tod, wie ist so hart dein Nam'
Für Adel, Macht und hohen Stamm;
Für den zumal, der Freud' und Muth
Allein gesetzt auf zeitlich Gut!
Der Tod mit gleichem Fuß zertritt
Des Königs Saal, des Hirten Hütt':
Er achtet Pomp nicht, Macht noch Gut,
Dem Papst er wie dem Bauern thut.
Drum ist ein Thor, wer alle Tag'
Den flieht, den er nicht fliehen mag,
Und meint, wenn er die Schellen schüttelt,
dass ihn der Tod alsdann nicht rüttelt;
Auf die Bedingung kommt fürwahr
Ein Jeder, dass er wieder fahr'
Von hinnen und dem Tod zustehe,
Wenn von dem Leib die Seele gehe.
Nach gleichem Recht der Tod hinführt
Das, was das Leben je berührt:
Du stirbst, der bleibt noch länger zwar,
Doch keiner je unsterblich war:
Die tausend Jahre angesehn,
– Sie mussten doch zuletzt auch gehn;
Der Rock war kaum getragen ab,
Da sank der Sohn in des Vaters Grab;
Ein andrer den Tod vorm Vater schaut,
Denn man findet auch manche Kälberhaut.
Je einer fährt dem andern nach,
Und wer nicht wohl stirbt, findet Rach'.
Auch lassen die ihre Narrheit scheinen,
Welche um Todte trauern und weinen,
Ihnen missgönnen ihre Ruh',
Der wir doch alle eilen zu,
Denn Keiner geht zu früh dort ein,
Wo er in Ewigkeit muss sein.
Es geschieht gar Manchem wohl daran,
dass Gott ihn zeitlich ruft hindann.
Der Tod bracht' Manchem Nutzen ein,
dass er ohn' Trübsal ward und Pein.
Viel haben den Tod auch selbst begehrt;
An Andern er sich Danks bewährt,
Zu denen er ungerufen gegangen:
Er machte frei viel, die gefangen
Und hat viel aus dem Kerker gebracht,
Denen der ewig war zugedacht.
Das Glück theilt ungleich Gut und Reich,
Aber der Tod macht Alles gleich;
Er ist ein Richter, der fürwahr
Nichts abläßt, wann er gebeten war;
Er ist's allein, der Alles lohnt,
Der Keinen jemals hat geschont
Und Keinem je gehorsam ward,
– Sie mussten all' auf seine Fahrt
Und ihm nachtanzen seinen Reihen:
Päpst', Kaiser, König, Bischöf', Laien,
Deren mancher noch niemals gedacht,
dass man den Vortanz ihm gebracht,
Und er muss tanzen in dem Gezotter
Den Westerwälder und den Trotter;
Wenn er hätt' eher daran gedacht,
Es wär' nicht gekommen so über Nacht.
So mancher Narr kam auf die Bahr',
Der um sein Grab voll Sorge war
Und wandte dran so großes Gut,
dass es noch Manchen wundern thut.
Ein Mausoleum hat erbaut
Artemisia dem Gatten traut
Und soviel Kosten dran gewandt
Mit großer Zier und milder Hand:
Es war eins jener Wunder groß,
Deren sieben der Erdkreis in sich schloß.
Die Gräber in Egyptenland
Hat Pyramiden man genannt;
Es baute Chemnis sich ein Grab
Und hing daran sein Gut und Hab',
Da dreimalhunderttausend Mann
Und sechzigtausend wirkten dran,
Denen gab an Kraut er alsoviel,
(Der andern Kost ich schweigen will),
dass wol kein Fürst wär' jetzt so reich,
Der das bezahlte jenem gleich.
Ein Gleiches Amasis vollbrachte,
Auch Rhodope sich eines machte.
Welch große Thorheit doch der Welt,
dass man legt ein so mächtig Geld
An Gräber, da man wirft hinein
Den Aschensack, die Schelmenbein',
Und gab so große Kosten aus,
dass man den Würmern macht ein Haus,
Aber der Seele wird nichts geweiht,
Die doch leben muss in Ewigkeit.
Der Seel' hilft nicht ein köstlich Grab,
dass einen Marmorstein man hab'
Und aufhäng' Schild, Helm, Banner groß;
»Hier liegt ein Herr und Wappengenoß!«
Haut man ihm dann in einen Stein.
Der rechte Schild ist ein Todtenbein,
Dran Würmer, Schlangen, Kröten nagen,
Das Wappen Kaiser und Bauer tragen,
Und wer hier zieht einen feisten Bauch,
Speist seine Wäppner am längsten auch.
Da ist ein Fechten, Reißen, Brechen,
Die Freunde sich um das Gut erstechen,
Denn jeder möcht' es ganz behalten,
– Die Teufel mit der Seele schalten
Und thun mit der wüst triumphiren,
Von einem Bad sie ins andre führen,
Von eitel Kälte in eitel Hitz'.
Wir Menschen leben ganz ohn' Witz.
dass wir der Seel' nicht nehmen wahr,
Des Leibes sorgen immerdar.
Die Erd' ist ganz gesegnet Gott,
Wohl liegt der da, der wohl ist todt.
Der Himmel manchen Todten deckt,
Der unter keinem Stein sich streckt.
Wem könnte sein ein schöner Grab,
Dem das Gestirn glänzt himmelab?
Gott findet die Bein' zu seiner Zeit,
Das Grab der Seel' nicht Freude leiht;
Wer wohl stirbt, hat den schönsten Tod,
Wer sündig stirbt, die schlimmste Noth.
Wer meint, dass Gott nicht strafend dräut,
Weil er oft zögert lange Zeit,
Den trifft der Donner oft noch heut.
Ein Narr ist, wer Gott achtet nicht
Und Tag und Nacht ihm widerficht
Und meint, er sei den Menschen gleich,
dass er sich spotten lass' und schweig'.
Denn Mancher fest und sicher glaubt,
Wenn ihn der Blitzstrahl nicht beraubt
Des Hauses gleich und schlägt ihn todt,
Wenn er den Nächsten bracht' in Noth,
Und wenn er nicht stirbt jähelich,
– Er brauch' nicht mehr zu fürchten sich,
Denn Gott hab' sein vergessen doch
Und warte lange Jahre noch
Und werd' ihm dazu lohnen auch.
Damit versündigt sich manch Gauch,
Der in der Sünde recht verharrt;
Darum, dass Gott sein etwa spart,
Denkt er zu raufen ihm den Bart,
Als ob er mit ihm scherzen wolle
Und Gott vertragen solches solle.
Hör' zu, o Thor; werd' weise, Narr!
Versäum' dich nicht, nicht länger harr'!
Es trägt fürwahr ein grausam Band,
Der, welcher Gott fällt in die Hand,
Denn ob er auch dich lange schont,
So wird dir schließlich doch gelohnt.
Manchen läßt sündigen Gott der Herr,
dass er ihn strafe desto mehr
Und heim ihn suche auf einmal;
– Man spricht, das mach' den Säckel kahl.
Mancher, der stirbt in Sünden klein,
Dem thut Gott solche Gnade drinnen,
dass er ihn zeitlich nimmt von hinnen,
Damit er nicht viel Sünd' auflade
Und größer werd' der Seelen Schade.
Gott will den Reuigen erweisen
Barmherzigkeit, wie er verheißen;
Doch keinem Sünder er verhieß,
dass er ihn so lang leben ließ',
Bis ihn die Besserung überkäme
Und er zum Guten sich bequeme.
Gott gäb' wol Manchem Gnade heut,
Dem morgen er mit Zorne dräut.
Ezechias von Gott erwarb,
dass er am Ziele doch nicht starb,
Sondern noch fünfzehn Jahre weilte,
Dagegen Belsazar der Tod ereilte.
Die Hand von aller Freud' ihn trieb,
Die Mene tekel upharsin schrieb;
Er war zu leicht nach dem Gewicht,
Drum ward entzogen ihm sein Licht;
Er merkte nicht, wie sein Vater war
Durch Gott gestraft vor manchem Jahr
Und sich zur Buß' und Besserung kehrte,
Darum der Herr ihn auch erhörte,
dass er in Viehes Gestalt nicht starb,
Sondern durch Reue sich Frist erwarb.
Der Sünden wie der Jahre Zahl
Ist Jedem festgesetzt zumal
Und wer in Eile sündigt viel,
Eilt nur damit zum letzten Ziel.
Viel sind schon dieses Jahr gestorben,
Die, hätten Besserung sie erworben,
Ihr Stundenglas gedreht bei Zeit,
o dass der Sand nicht abgelaufen,
Wol ohne Zweifel lebten heut.
Wer lästert Gott mit Fluchen, Schwören,
Der lebt mit Schand' und stirbt ohn' Ehren;
Weh solchen auch, die dem nicht wehren!
Die größten Narren auch ich kenne,
Doch weiß ich nicht, wie man sie nenne,
Die unbegnügt mit aller Sünd'
Sich zeigen als des Teufels Kind;
Die öffentlich bezeugen, dass
Sie seien gegen Gott voll Hass
Und leben mit ihm ganz in Streit.
Der hält wol Gott Ohnmächtigkeit,
Der andre ihm sein Leiden vor,
Seine Milz, sein Hirn, Gekrös und Ohr.
Wer oft und ungewöhnlich schwor,
Wogegen doch Natur und Recht,
Der ist jetzo ein wackrer Knecht,
Der muss den Spieß, die Armbrust tragen
Und darf es wol mit Vieren wagen
Und bei der Flasche tapfer sein.
Mordschwüre schallen laut beim Wein
Und bei dem Spiel um wenig Geld;
Kein Wunder wär's, wenn Gott die Welt
Um solche Schwür' ließ untergehn;
Der Himmel könnt' in Stücke gehn,
So lästert und so schmäht man Gott.
All Ehrbarkeit ist leider todt,
Das Recht gibt keine Straf' darnach,
Drum leiden wir viel Plag' und Rach',
Weil es so öffentlich geschieht,
dass alle Welt es hört und sieht;
Kein Wunder, droht nun mit Gericht
Gott selbst, denn länger trägt er's nicht.
Er selbst befahl, wenn man ihn höhne,
Zu steinigen dann Jacobs Söhne.
Einst fluchte Sanherib auf Gott
Und ward geplagt mit Schand' und Spott;
Lykaon und Mezentius
Empfand das und Antiochus.
Wer meint, dass Gott uns straf' mit Härt',
Weil Plag' uns öfter widerfährt,
Der wird durch Strafe bald belehrt.
Ein Narr ist, wer für Wunder hält,
dass Gott der Herr jetzt straft die Welt
Und Plag' auf Plage schicket noch,
Dieweil wir seien Christen doch,
Und unter diesen viel geistliche Leut'
Mit Fasten und Gebet allzeit
Ihm dieneten ohn' Unterlaß.
Doch hör', kein Wunder dünkt mich das,
Dieweil du nicht findst einen Stand,
Mit dem es übel nicht bewandt,
Der nicht abnehme und verfalle.
Drum gilt des Weisen Spruch für Alle:
»Weil du zerbrichst, was ich bereite,
So bleibt nur Reue für uns beide,
Und unsre Arbeit ist verlorn!«
So spricht auch sonst der Herr mit Zorn:
»Wenn Ihr nicht haltet mein Gebot,
Will ich Euch geben Plag' und Tod,
Krieg, Hunger, Pestilenz und Hitz',
Sammt Theuerung, Reif, Kält', Hagel, Blitz,
Und mehren dies von Tag zu Tag;
Will nicht erhörn Gebet noch Klag';
Ob Moses auch und Samuel
Mich bäten, bin ich doch der Seel'
So feind, die treibt mit Sünde Spott,
dass Plag' sie trifft, – so lang ich Gott!«
Schon an der Juden Land ward klar,
dass es um Sünd' verloren war;
Wie oft sie Gott vertrieben hat
Um Sünde aus der heiligen Stadt.
Den Christen ging sie auch verlorn,
Weil sie verdienten Gottes Zorn.
Noch mehr Verlust muss ich besorgen,
Und dass es wird noch schlimmer morgen.
Wer um 'ne Pfeif' des Mauls wird quitt,
Genießt selbst seines Tausches nit,
Und muss oft gehn, wenn er gern ritt'.
Viel größre Arbeit hat ein Narr,
dass seine Seel' zur Hölle fahr',
Als je ein Eremit noch hat
Gehabt an heimlich-wüster Statt,
Wo er Gott dient mit Beten, Fasten.
Man sieht, was Hoffahrt trägt für Lasten,
Wie man sich putzt, schminkt, nestelt, schnürt
So fest, dass kaum ein Glied sich rührt.
Die Gier treibt Manchen über See
Durch Ungewitter, Regen, Schnee
Nach Norwegen und Lappenland.
Kein Buhler Ruh' noch Rast je fand;
Die Spieler haben wenig Zeit
Und auch der Schnapphahn, der zum Streit
Selbst untern Galgen waget sich.
Des Prassers will geschweigen ich,
Der allzeit voll ist bis ans Herz,
Welch' Pein der hat und stillen Schmerz;
Die Eifersucht hat's nicht auf's Beste
Aus Furcht vorm andern Gauch im Neste;
Die eignen Glieder kocht der Neid.
Um Gottes Ehr' trägt Niemand Leid
Und fasset in Geduld die Seel'
Wie Noah, Job und Daniel.
Gar vielen Böses nur gefällt,
Von wenigen Gutes wird erwählt.
Ein Weiser Gutes wählen soll,
Das Böse kommt von selber wol.
Wer gibt das Himmelreich um Mist,
Der bleibt ein Narr, wer er auch ist;
Des Tausches wird nie froh im Muth,
Wer Ewiges gibt um zeitlich Gut:
Denn dass ich's kurz im Wort begreife:
Er gibt den Esel um 'ne Pfeife.
Den Vater und die Mutter ehre,
Auf dass dir Gott die Tage mehre,
Und nicht dein Lob in Schand' sich kehre!
Der ist ein Narr, ganz offenbar,
Wer Kindern gibt, was ihm noth war
Zum eignen Leben, weil er denkt,
Es werde Hilfe ihm geschenkt
Von ihnen auch in spätrer Noth.
Dem wünscht man jeden Tag den Tod,
Der wird gar bald unwerth als Gast
Den Kindern sein zur Ueberlast.
Doch ihm geschieht wol nur sein Recht,
Weil sich sein Witz bedacht so schlecht,
dass er mit Worten sich ließ krauen;
Drum soll man ihn mit Keulen hauen!
Doch lebt nicht lange auf der Erd',
Wem Vater und Mutter nicht sind werth;
In Finsterniß verlöscht das Licht
Deß, der die Eltern ehret nicht.
Des Vaters willen traf Absalon
In jungen Jahren böser Lohn,
Desgleichen ward verfluchet Ham,
Weil er entblößt des Vaters Scham,
Belsazar hatte wenig Glück,
Weil er den Vater hieb in Stück';
Auch Sanherib starb von der Söhne Hand,
Deren keiner bekam so Leut' wie Land;
Tobias gab dem Sohn die Lehre,
dass er die Mutter hielt in Ehre;
Darum stand König Salomon
Vor der Mutter auf von seinem Thron,
Und Corylaus, der gute Sohn,
Die Söhne Rechabs lobet Gott:
Sie hielten väterlich Gebot.
Wer leben will, spricht Gott der Hehre,
Der biete Vater und Mutter Ehre,
dass Tage er und Reichthum mehre.
Im Chor gar mancher Narr auch steht,
Der unnütz schwätzt und hilft und räth,
Deß Wagen und Schiff vom Land bald geht.
Viel Schwätzer rathen durch das Jahr
In Kirche und in Chor fürwahr,
Wie sie zurichten Schiff und Karren
Um drin gen Narragon zu fahren;
Dort spricht man von dem wälschen Kriege,
Hier lugt man, dass man tüchtig lüge
Und etwas Neues bring' zur Bahn.
So wird die Mett' gefangen an,
So geht's oft bis die Vesper schlägt.
Viel kommen nur von Geiz bewegt
Und weil man Geld gibt in dem Chor,
Sonst blieben fern sie nach wie vor.
Es wär' auch Manchem gut fürwahr,
Er blieb daheim das ganze Jahr
Oder nähm' zum Gänsemarkt den Lauf
Und schlüg' die Klapperbank dort auf,
Als dass er in der Kirche will
Sich irren und noch andre viel.
Was er sonst nicht verrichten kann,
Das schlägt er in der Kirche an,
Wie er ausrüste Schiff und Geschirr,
Und bringt viel neue Mär' herfür,
Hat großen Fleiß und ernste Geberd',
Damit das Schiff nicht wendig werd';
Er ging gern aus dem Chor spazieren,
dass er den Wagen recht möcht schmieren.
Von denen darf ich gar nicht drucken,
Die in den Chor nur grade gucken
Und zeigen sich zum Präsentiren
Und suchen wieder bald die Thüren.
Das scheint Gebet andächtig und gut,
Wenn man solche Dinge verrichten thut
Und Pfründen zu verdienen wähnt,
Wenn man dem Roraffen zugähnt.
Wer Hoffahrt liebt und thut sich loben
Und sitzen will allein hoch oben,
Den setzt der Teufel auf den Kloben.
Der macht ein Feuer auf strohernem Dach,
Wer auf der Welt Ruhm setzt die Sach'
Und alles thut um zeitliche Ehr';
Dem wird zuletzt nichts andres mehr,
Als dass sein Wahn ihn hat betrogen,
Wie einer baut auf Regenbogen.
Wer wölbt auf eine Tannensäule,
Deß Anschlag zeigt vorzeitig Fäule;
Wer Ehr' und Weltruhm hier begehrt,
Der harrt nicht, dass ihm dort mehr werd'.
Manch Narr von Hochmuth ist entbrannt,
Weil er gekommen aus welschem Land
Und man auf Schulen ihn unterwies
Zu Bonôni, Pavîa und Paris
Und zu Hoch-Siên in der Sapienz
Und in der Schule zu Orliens,
dass er den Roraffen gesehen hätt'
Und den Meister Peter von Conniget.
Als ob nicht auch in deutscher Art
Vernunft und Sinn noch sei bewahrt,
dass man Weisheit und Kunst möcht lehren
Ohn fern auf Schulen sie zu hören.
Welcher will lernen in seinem Land,
Der findet jetzt Bücher allerhand,
dass Niemand kann entschuldigen sich,
Er wolle denn lügen lästerlich.
Man meint vielleicht, es gäb' keine Lehre
Als zu Athenä überm Meere,
Darnach man sie in Welschland fand:
Jetzt blüht sie auch im deutschen Land,
Und nichts gebräch uns, – wär nicht der Wein,
Und dass wir Deutsche voll wollen sein
Und hätten gern ohn' Arbeit Lohn.
Wohl dem, der hat einen weisen Sohn!
Nicht acht' ich's, dass man Kunst viel kann,
Wenn man Hochfahrt damit gewann
Und will dadurch sein stolz und klug:
Wer weis' ist, der kann Kunst genug.
Wer lernt um Hochfahrt nur und Geld,
Der spiegelt sich allein der Welt,
Wie eine Närrin liebt zu putzen
Und spiegeln sich der Welt zu Nutzen,
Wenn sie spannt auf des Teufels Garn
Und läßt viel Seelen zur Hölle fahrn.
Das ist das Käuzlein und der Klobe,
Dadurch der Teufel sucht nach Lobe,
Und hat geführet Manchen hin,
Der klug sich hielt in seinem Sinn.
Denn Bileam Balach Rath ersann,
dass Israel Gottes Zorn gewann
Und nicht sollt' in dem Streit bestehn,
Zu dem um Frauen es musst' gehn.
Hätt' Judith sich nicht schön geziert,
Wär' Holofernes nicht verführt;
Isêbel strich sich Farben voll,
Als sie wollt' Jehu gefallen wohl.
Der Weise spricht: »Kehr dich geschwind!
Der Frauen Blick reizt dich zur Sünd!«
Viel Närrinnen sind also geil,
dass sie ihr Antlitz bieten feil
Und meinen, es soll schaden nicht,
Schaun sie dem Narrn ins Angesicht.
Und doch hat lüsterner Blick mit Macht
Schon Manchen zur Narrenbank gebracht,
Der nicht eher wieder heimgegangen,
Bis er den Häher hat gefangen.
Hätt' Bersabe ihren Leib bedeckt,
Sie wäre durch Ehbruch nicht befleckt;
Nach fremdem Mann hat Dina gegafft,
Bis sie verlor die Jungfernschaft.
Eine demüthige Frau ist ehrenwerth
Und würdig, dass sie werde geehrt,
Die aber Hochfahrt nimmt zu Händen,
Deren Hochmuth will sich nimmer enden,
Die will auch allzeit vornan dran,
dass Niemand mit ihr leben kann.
Die größte Weisheit auf der Erd'
Ist, können thun was jeder begehrt,
Und wenn man das für gut nicht nimmt,
Doch können thun, was jedem ziemt.
Wer aber Frauen thun will recht,
Sei stärker als ein Kriegesknecht,
Denn sie thun oft durch Blödigkeit
Noch mehr als wie durch Listigkeit.
Die Hochfahrt, die Gott Hasst so sehr,
Steigt stätig auf, je mehr und mehr,
Und fällt zuletzt zu Boden doch
Zu Lucifer ins Höllenloch.
Hör', Hoffahrt, es kommt dir die Stunde,
Wo du vernimmst aus eignem Munde:
»Was bringt mein hoher Muth mir Freude,
Wenn ich hier sitz' in trübem Leide?
Was hilft mir Geld, Gut, Eigenthum,
Was hilft der Welt Ehr', Lob und Ruhm?
Es ist nichts als ein Schattenspiel
Und findet bald ein jähes Ziel!«
Wohl dem, der alles dies verachtet
Und Ewiges allein betrachtet.
Für einen Narrn ist nichts zu hoch,
Es fällt mit ihm zum Letzten doch
Zumal die Hoffahrt schändelich,
Die hat Natur und Art an sich,
dass sie den höchsten Engel stieß
Vom Himmel fort und auch nicht ließ
Im Paradies den ersten Mann;
Auf Erden sie bestehn nicht kann,
Sie muss stets suchen ihren Stuhl;
Bei Lucifer im Höllenpfuhl
Sucht sie sich den, der sie erdacht;
Hoffahrt ist bald zur Höll' gebracht.
Durch Hochmuth ward Hagar von Haus
Mit ihrem Kind getrieben aus;
Durch Hoffahrt Pharao verdarb,
Korah mit seiner Rotte starb;
Der Herr gar sehr ward aufgebracht,
Als man den hohen Thurm erdacht;
Als David ließ aus Hochmuth zählen
Das Volk, musst' er sich Plage wählen;
Herodes prunkte voll Hoffahrt,
Als ob sein Wesen göttlicher Art;
Er wollt' auch haben göttliche Ehr'
Und ward vom Engel geschlagen sehr.
Hochmuth erniedrigt Gottes Rath,
Demuth er stets erhöhet hat.
Die Wuchrer führen wild Gewerbe,
Den Armen sind sie rauh und herbe,
Ohn Mittleid, ob die Welt verderbe.
Dem soll man greifen an die Hauben
Und ihm die Zecken wol abklauben
Und rupfen die Schwungfedern aus,
Wer kauft auf Vorrath in sein Haus
So Wein wie Korn im ganzen Land
Und fürchtet weder Sünd' noch Schand',
Damit ein armer Mann nichts finde
Und Hungers sterb' mit Weib und Kinde.
Drum ist es jetzo auch so theuer,
Denn schlimmer als früher ist es heuer;
Für Wein man zehen Pfund jüngst nahm,
In einem Mond es dahin kam,
dass man jetzt dreißig zahlet gern
Gleichwie für Weizen, Roggen, Kern.
Vom Aufgeld will ich gar nichts schreiben,
Das man mit Zins und Gefäll thut treiben,
Mit Leihen, Ramschkauf und mit Borgen.
Ein Pfund gewinnt an einem Morgen
Mehr als im ganzen Jahr es sollt'.
Man leiht jetzt Münze aus um Gold;
Für Zehen schreibt man Eilf ins Buch.
Der Juden Zins war leidlich genug,
Aber sie können nicht mehr bleiben,
Die Christenjuden sie vertreiben,
Die mit dem Judenspieß selbst rennen.
Ich kenne viel und könnt' sie nennen,
Die treiben Handel wild und schlecht,
Und dazu schweigt Gesetz und Recht.
Gar viele sich dem Hagel neigen,
Die lachend auf den Reif hinzeigen.
Doch oft dann das Geschick es lenkt,
dass Mancher sich am Strick erhängt;
Wer, andern schadend, reich will sein,
Der ist ein Narr, – doch nicht allein.
Mancher freut sich auf fremde Hab',
Wie viel er beerbe und trage zu Grab',
Die mit seinem Gebein Nüss' werfen ab.
Ein Narr nur wird sich darauf spitzen
Eines andern Erbe zu besitzen
Oder für ihn im Rathe zu schalten,
Sein Gut, Pfründ', Amt einst zu verwalten;
Auf des Andern Tod gar Mancher baut,
Deß End' er nimmermehr doch schaut,
Hofft einen zu tragen hin zu Grab',
Der mit seinem Gebein wirft Birnen ab.
Wer eines Andern Tod begehrt,
Nicht weiß, wann ihm die Seel' ausfährt,
Der thut den Esel selbst beschlagen,
Der ihn gen Narrenberg wird tragen.
Es sterben junge, starke Leute,
Gleichwie man findet Kälberhäute;
Es geht nicht über die Kühe allein.
Einem Jeden genüge die Armuth sein,
Er begehre nicht, dass sie größer werde.
Seltsamer Umschwung herrscht auf der Erde:
Bulgarus musste den Sohn beerben,
Den sah er wider Erwarten sterben;
Die Kinder sah Priam als Todesbeute,
Denen hofft' er zu lassen Land und Leute;
Des Vaters Tod suchte Absalon
Und fand an der Eiche Erb' und Thron.
Manchem ein Erbe wird über Nacht,
An das er nie zuvor gedacht,
Und Mancher sein Gut muss Erben lassen,
Für die ein Hund ihm mehr würd' passen.
Nicht jeder wird seiner Hoffnung so
Wie Abraham und Simeon froh.
Laß die Vöglein sorgen! Wann Gott will,
Dann kommet Glück, Zeit, End' und Ziel.
Das beste Erb' ist jenes Land,
Drauf aller Hoffnung hingewandt;
Doch wird's nur wen'gen zuerkannt.
Es sollte Mancher zur Kirche gehn
Und am Feiertage müßig stehn,
Den man kann vielgeschäftig sehn.
Das sind wol Bürger zu Affenberg,
Die ihre Sachen und ihr Werk
Verrichten an geweihten Tagen;
Die müssen auf den Affenwagen!
Dem Einen muss man Rosse beschlagen,
Dem Andern Knöpfe setzen an,
Das wäre besser längst gethan,
Als man gesessen bei Spiel und Wein.
Dem füllet man die Spitzen sein,
Viel Hadern muss man darein stoßen;
Der muss probiren Röck und Hosen,
Die könnt' er sonst nicht legen an,
Hätt' er's am Festtag nicht gethan.
Die Köche rüsten Feuer und Glut;
Eh man die Kirche früh aufthut,
Ist schon bei ihnen Schlemmen und Prassen.
Eh Jemand recht kommt auf die Gassen,
Das Weinhaus angefüllt schon war.
So treibt man's endlos immerdar;
Zumal an den gebannten Tagen,
Wo man sich sollte Werk versagen,
Fährt man mit Wagen und mit Karren.
Der Feiertag macht Manchen zum Narren,
Der meint, dass solchen man erdachte,
Weil kleiner Arbeit Gott nicht achte,
Wenn man das Holz im Spielbret schlage
Und Karten spiel' am ganzen Tage.
Viele lassen schaffen ihr Gesind',
Ohne zu achten, dass Diener und Kind
Zur Kirche, Predigt und Gottesdienst gehn
Oder zur Messe früh aufstehn.
Den Met wollen sie recht auskochen,
Den sie gesotten in der Wochen.
Ein jedes Handwerk passt dazu,
dass es am Feiertag nicht ruh';
Man ist auf den Pfennig so erpicht,
Als tagte der Erde kein neues Licht.
Ein Theil steht schwätzend auf den Gassen,
Die Andern sitzen mit Spielen und Prassen
Und Manchem im Wein da mehr zerrinnt,
Als er in der Woche mit Arbeit gewinnt.
Der muss ein Geizhals und Stümper sein,
Wer nicht will sitzen bei dem Wein
So Tag wie Nacht, bis die Katze kräht
Oder die Morgenluft kühl weht.
Die Juden spotten unser sehr,
dass wir dem Feiertag solche Ehr'
Anthun, den sie doch heilig schätzen,
dass ich ins Narrenschiff sie setzen
Nicht wollte, falls sie nicht all' Stund'
Sonst irrten wie ein toller Hund.
Ein Armer Holz am Feiertag las
Und ward gesteinigt allein um das.
Die Makkabäer wollten mit Waffen
Am Feiertage nichts haben zu schaffen,
Ob man schlug viele auch zu Tod.
Man sammelte nicht das Himmelsbrod
Am Feiertag, weil Gott so gebot.
Aber wir arbeiten ohne Noth,
Und viel auf den Feiertag wir legen,
Was wir andre Tage schaffen nicht mögen.
O Narr, den Feiertag halt und ehr'!
Es gibt noch Werktag viel und mehr,
Wenn du schon faulest in dem Grund.
Habsucht macht alle Laster kund!
Ein Narr betrauert alle Tag'
Das, was er nicht mehr ändern mag;
Ihn reuet, dass von ihm geschehn
Dem Gutes, der's nicht kann verstehn.
Der ist ein Narr, der schenket Gut
Und es nicht gibt mit frohem Muth
Und dazu sauer und übel sieht,
dass ihm nichts Liebes dafür geschieht,
Denn der verliert wol Lohn und Gabe,
Wer so bedauert verschenkte Habe.
So ist auch der, wer etwas schenkt,
Dabei an Gottes Willen denkt,
Und doch hat Reu' und Leid davon,
Wenn Gott ihm nicht gleich gibt den Lohn.
Wer will mit Ehren Geschenke machen,
Der thu's als guter Geselle mit Lachen
Und sprech nicht: »Zwar, ich thu's nicht gern!«
Will er nicht Dank und Lohn entbehrn.
Denn Gott sieht dessen Gab' nicht an,
Der nicht mit Freuden schenken kann;
Das Seine mag jeder behalten wol,
Zu Geschenk man Niemand zwingen soll;
Allein aus freiem Herzen kommt
Geschenk, das einem Jeden frommt.
Der Dank gar selten verloren geht;
Wenn er zuweilen auch kommt spät,
So pflegt sich Alles doch zu schlichten
Und nach der Ordnung einzurichten.
Ist einer undankbar dabei,
So findet man doch ehrenfrei
Einen dankbaren und weisen Mann,
Der alles wohl vergelten kann.
Doch wer vorhält verschenktes Gut,
Dem scheint der Dank wol selbst nicht gut,
Der will nicht auf Vergeltung harren;
Geschenk aufrücken zeigt den Narren.
Den sieht man über die Achseln an,
Wer sein Geschenk vorhalten kann:
Ein solcher wenig Dank gewann.
Man findet Trägheit überall,
Bei Knechten und Mägden allzumal,
Die kann man nicht genugsam lohnen,
Obschon sie sich doch selbst wol schonen.
Kein größrer Narr in jeder Sach'
Ist als der stets kann thun gemach
Und ist so träg, dass ihm verbrennt
Sein Schienbein, eh' er um sich wend'.
Wie Rauch den Augen ist nicht gut,
Wie Essig weh den Zähnen thut,
So zeigt der Faule und der Träge
Sich denen, die ihn sandten Wege.
Ein träger Mensch ist Keinem nutz,
Als dass er ist ein Winterbutz,
Und dass er schlafen darf genug;
Beim Ofen sitzen ist sein Fug.
Selig, wer mit dem Karste schafft,
Doch Müßiggang ist narrenhaft.
Die Müßiggänger straft der Herr,
Der Arbeit gibt er Lohn und Ehr.'
Der Böse nimmt der Trägheit wahr
Und streut bald seinen Samen dar.
Trägheit – die Ursach manchen Fehls
Ließ murren die Kinder Israels;
David übt' Eh'bruch und Todschlag,
Dieweil er träg und müßig lag;
Weil man Carthago ganz umkehrte,
Geschah's, dass man auch Rom zerstörte.
Viel größern Schaden Rom empfing,
Dieweil Carthago unterging,
Als ihr zuvor geschehen war
Im Streite hundertsechzehn Jahr.
Der Träge geht nicht gern herfür,
Er spricht: »Der Leu ist vor der Thür!«
Zu Haus hält ihn ein toller Hund.
Faulheit ersinnt bald einen Grund;
Faulheit sich hin und wider dreht,
So wie die Thür in der Angel geht.
Hier hab' ich gestellt noch viel beisammen,
Die Narren sind auch nach dem Namen,
Wovor doch Andre Scham bekamen.
Noch gibt es viel unnütze Leute,
Die tragen wüste Narrenhäute
Und sind darin verharret ganz,
Gebunden auf des Teufels Schwanz,
Und wollen nicht davon abstehn.
Vorbei will ich mit Schweigen gehn,
Will lassen sie in Narrheit bleiben,
Von ihrer Thorheit wenig schreiben.
Das sind die Mohren, Türken, Heiden,
All die, so sich vom Glauben scheiden;
Dazu kommt noch die Ketzerschul'
In Prag auf ihrem Narrenstuhl,
Die so verbreitet ihren Stand,
dass sie jetzt hat auch Mährenland.
Wüst in die Narrenkappe treten
Sie all wie die, so anders beten
Als zu dem dreigeeinten Gott,
Denen unser Glaube ist ein Spott.
Die sind für schlicht nicht anzusehn:
Sie müssen auf der Kappe stehn:
So offen ihre Narrheit ist,
dass Jedem Tuch zur Kappe gebrist.
Hierher gehörn die Zweifel drückt
Und die des Teufels Band umstrickt:
Als thörichte Fraun und böse Weiber,
Die Kupplerinnen, Pfauentreiber
Und andre, die vor Sünde blind
Und taub in ihrer Narrheit sind.
Auch will ich derer hier gedenken,
Die selbst sich tödten oder henken
Und Kinder morden und ertränken.
Die sind Gesetz und Gebot nicht werth,
Durch Scherz und Ernst niemals belehrt,
Doch gehören sie zur Narrenzahl,
Die Narrheit gibt ihnen Kappen all.
Ich bitt' Euch Herren, groß' und kleine,
Bedenkt den Nutzen der Gemeine!
Laßt mir die Narrenkapp' alleine!
Wann ich der Säumniß denk' und Schande,
So man jetzt spürt in allem Lande,
Von Fürsten, Herren, Landen, Städten,
Kein Wunder wär's, wenn mir wollt' treten
Mein Auge ganz der Zähren voll,
dass man so schmählich sehen soll
Den Christenglauben nehmen ab.
Verzeih man mir, dass ich schon hab'
Die Fürsten auch gesetzet dar!
Wir nehmen leider häufig wahr
Des Christenglaubens Noth und Klage,
Der mindert sich von Tag zu Tage.
Zuvörderst hat der Ketzer Heer
Zerrissen und zerstört ihn sehr;
Danach hat Mohmeds böser Sinn
Noch mehr und mehr verwüstet ihn;
Mit Irrthum den in Schand gebracht,
Der sonst im Orient stark an Macht,
Als gläubig war ganz Asia,
Der Mohren Land und Afrika.
Jetzt haben dort wir gar nichts mehr;
Das schmerzt selbst einen Stein gar sehr,
dass wir verlorn zu unsrer Schand'
Allein in Asien und Griechenland,
Was man die Großtürkei jetzt nennt,
Das ist dem Glauben abgetrennt;
Da sind die sieben Kirchen gewesen,
Davon wir bei Johannes lesen,
Da ist ein so gut Land verloren,
dass es die Welt wol hätt verschworen.
Zudem noch in Europa ist
Verloren in gar kurzer Frist:
Zwei Kaiserthümer, Städt' desgleichen
Nebst vielem Land und Königreichen:
Constantinopel, Trapezunt,
Die Land sind aller Welt wol kund,
Achaja und Aetolia,
Böotia, Thessalia,
Sammt Thrazia, Macedonia,
Beid' Mysia und Attika,
Auch Tribulos und Scordiscos,
Bastarnas auch und Tauricos
Euböa dazu Nigrapont,
Auch Pera, Kapha und Idront
Ohn' anderen Verlust und Schaden,
Den wir uns sonst schon aufgeladen
In Steier, Kärnten und Kroatia,
Morea und Dalmatia,
In Ungarn und in Windischmark.
Jetzt sind die Türken also stark:
Sie haben nicht das Meer allein,
Die Donau ist auch ihrer Gemein.
Sie brechen ein in alle Lande,
Bisthümer, Kirchen stehn in Schande:
Jetzt greift er an Apulia,
Darnach gar bald Sicilia,
Italia, die stößt daran,
Wie leicht gelangt nach Rom er dann,
Nach Lombardei und wälschem Land!
So ist der Feind uns an der Hand:
Doch möchten schlafend sterben all!
Der Wolf ist wahrlich in dem Stall
Und raubt der heil'gen Kirche Schafe,
Dieweil der Hirte liegt im Schlafe.
Die röm'sche Kirch' vier Schwestern hat
Sammt Patriarchen in der Stadt
Byzantium, Alexandria,
Jerusalem, Antiochia,
Die sind ihr gänzlich jetzt geraubt,
Es geht nun bald auch an das Haupt.
All das ist unsrer Sünden Schuld,
Keins mit dem Andern hat Geduld
Oder leidet mit dessen Schwere,
Jeder wollt', dass sie größer wäre.
Es geschieht uns, wie den Ochsen geschah,
Als ruhig einer zum andern sah,
Bis dass der Wolf sie alle zerrissen.
Da hat auch der Letzte schwitzen müssen.
Es greift jetzt Jeder mit der Hand,
Ob kalt noch sei die Mauer und Wand,
Und denkt nicht, dass er lösche aus
Das Feuer, eh's ihm komm' ins Haus;
Dann kommt zu spät ihm Reu' und Leid.
Zwietracht und Ungehorsamkeit
Zerstört der Christen Glauben und Gut;
Unnütz vergießt man Christenblut.
Niemand bedenkt, wie nah' es ihm sei,
Wähnt noch zu bleiben allweg frei,
Bis das Unglück kommt vor seine Thür:
Dann steckt er erst den Kopf herfür.
Europa's Pforten offen sind:
Es bringt uns Feinde jeder Wind,
Denen scheint nicht Schlaf noch Ruhe gut:
Es dürstet sie nach Christenblut. –
Als Roma unter Königen war,
War es leibeigen lange Jahr';
Zur Freiheit ward es eingeführt,
Als es gemeiner Rath regiert.
Doch als auf Hochfahrt man bedacht,
Auf Reichthum und auf große Macht
Und Bürger wider Bürger stritt,
Dacht' man gemeinen Nutzens nit,
Da musste Gewalt zum Theil vergahn,
Ward einem Kaiser unterthan,
musst' unter solchem Schutz und Schein
An fünfzehnhundert Jahre sein.
O Rom, du bist herabgekommen,
Hast wie das Mondlicht abgenommen,
Wenn's schwindet und ihm Schein gebrist,
So dass jetzt wenig an dir ist.
Wollt' Gott, es wüchs das röm'sche Reich,
Damit es wär dem Mond ganz gleich!
Doch den dünkt nicht, dass er was hab',
Der nicht dem römischen Reich bricht ab.
Es hat der Sarazenen Hand
Das heilige, gelobte Land;
Der Türke hat darnach soviel,
dass man beim Zählen fänd' kein Ziel.
Viel Städte schufen sich Gewehr,
Und achten keines Kaisers mehr;
Ein jeder Fürst der Gans bricht ab,
dass er 'ne Feder davon hab';
Darum ist es nicht Wunder groß,
dass auch das Reich so blutt und bloß.
Man schärft zunächst es Jedem ein,
dass er nicht fordern soll was sein
Und Jeden lassen in seiner Statt,
Wie er's bisher gebrauchet hat.
Um Gott, ihr Fürsten, sehet an,
Welch Schaden draus entstehen kann,
Wenn so herunter kommt das Reich!
Ein gleiches Schicksal trifft bald Euch!
Ein jedes Ding mehr Stärke hat,
Wenn bei einander fest es staht,
Als wenn es soll zertheilet sein.
Einhelligkeit in der Gemein'
Die Dinge bald aufwachsen macht,
Doch wenn misshelligkeit erwacht,
Werden auch große Dinge zerstört.
Der Deutschen Lob war hochgeehrt
Und hat erworben durch solchen Ruhm,
dass man ihnen gab das Kaiserthum.
Aber die Deutschen verwandten Fleiß
Zu vernichten des eignen Reiches Preis.
Damit das Gestüte Zerstörung hab',
Bissen die Pferde die Schweife sich ab.
Jetzt auf den Füßen wahrlich ist
Der Cerastes und Basilist.
Gar Mancher wird vergiften sich,
Wer Gift dem Reich beut heimelich.
Aber ihr Herren, Könige, Lande
Wollt nicht gestatten solche Schande!
Wollet dem römischen Reich beistehn,
Dann mag das Schiff noch aufrecht gehn!
Ihr habt fürwahr einen König mild,
Der Euch wohl führt mit Ritterschild,
Der zwingen kann all Land gemein,
Wenn Ihr ihm helfen wollt allein:
Der edle Fürst Maximilian
Die römische Krone wohl gewann,
Dem kommt ohn' Zweifel in die Hand
Die heil'ge Erd', das gelobte Land,
Er würd' beginnen jeden Tag,
Wenn er Euch nur vertrauen mag.
Werft von Euch darum Schmach und Spott:
Denn kleinen Heeres waltet Gott.
Wiewol verlor viel unsre Hand,
Sind doch noch soviel Christenland',
Und König, Fürsten, Adel, Gemein',
Sie mögen gewinnen wol allein
Und zwingen bald die ganze Welt,
Wenn man nur fest zusammenhält,
Treu', Fried' und Liebe gebrauchen thut,
Ich hoff zu Gott, dann wird es gut!
Ihr seid Regierer doch der Lande,
So wacht und thut von Euch die Schande,
dass man Euch nicht dem Schiffsmann gleicht,
Den auf dem Meer der Schlaf beschleicht,
Wann er das Ungewitter sieht;
Oder dem Hunde, der stumm flieht;
Oder dem Wächter, der nicht wacht
Und auf die Hut hat keine Acht.
Steht auf, erwacht aus Euerm Traum!
Die Axt liegt wahrlich an dem Baum!
Ach Gott, gib unsern Häuptern ein,
dass sie begehrn die Ehre dein
Und nicht, was ihnen nütz' allein!
Dann will ich ohne Sorgen sein,
Du gebst uns Sieg' in kurzen Tagen,
Darob wir ewig Lob dir sagen!
Ich mahn' die Ständ' der ganzen Welt,
Wie ihre Würde auch bestellt,
dass sie nicht thun wie Schiffersleut',
Die uneins sind und haben Streit.
Wann sie sind mitten auf dem Meer
In Sturm und Ungewitter schwer,
Und eh sie werden eins der Fahrt,
Stößt schon ihr Schiff zu Grunde hart.
Wer Ohren hat, der merk' und höre!
Das Schifflein schwanket auf dem Meere!
Wenn Christus jetzt nicht selber wacht,
Wird bald es werden um uns Nacht.
Drum Ihr, die einst nach Euerm Stand
Hat auserwählet Gottes Hand,
dass Ihr sollt stehen an der Spitze,
Gebt Acht, dass Schmach nicht auf Euch sitze!
Thut, was Euch ziemt nach Euerm Grade,
Damit nicht größer werd' der Schade
Und Sonn' und Mond verlier' den Glanz
Und Haupt und Glieder schwinden ganz:
Es läßt sich recht besorglich an! –
Leb' ich, – ich mahn' noch manchen dran,
Und wer nicht an mein Wort mag denken,
Dem will die Narrenkapp' ich schenken!
Wer jetzt vermag den Hengst zu streichen,
Sich bei Betrug behend zu zeigen,
Der wähnt, zuletzt vom Hof zu weichen.
Ein Schiff mit Deck käm' mir jetzt recht,
Darein ich setzt' der Herren Knecht'
Und andre, die zu Hof gehn schlecken
Und heimlich bei den Herren stecken,
Damit sie säßen ganz alleine
Und ungedrängt von der Gemeine,
Denn die scheint ihnen da zum Leide.
Der klaubet Federn, der streicht Kreide,
Der liebkost, der raunt in das Ohr,
dass er sich eilig schwing' empor
Und sich mit Tellerschlecken nähre.
Durch Lügen Mancher Herr gern wäre,
Den Kauz zu streichen er versteht,
Mit falbem Hengst er wohl umgeht;
Zu blasen Mehl ist er geschwind,
Den Mantel hängt er nach dem Wind;
Zutragen hilft jetzt Manchem vor,
Der sonst blieb lange vor dem Thor.
Wer Wolle mischen kann und Haar,
Der bleibt bei Hofe gern fürwahr;
Dort ist er wahrlich lieb und werth,
Wo Ehrbarkeit man nicht begehrt.
Mit Thorheit alle sich befassen,
Wollen mir die Narrenkapp' nicht lassen.
Doch streichelt Mancher oft so rauch,
dass ihn der Hengst schlägt vor den Bauch
Oder ihm gibt einen Tritt in die Rippen,
dass ihm der Teller fällt in die Krippen.
Man könnte solcher wol ledig gehn,
Wenn man sonst Weisheit wollt' verstehn;
Wenn Jeder wäre, wie er sich stellt,
Den man für fromm und redlich hält,
Oder sich stellte, wie er wär':
– Viel Narrenkappen stünden leer.
Als leichtfertig nenn' ich Euch jetzt
Den, welcher glaubt, was jeder schwätzt:
Ein Klatschmaul viele Leut' verhetzt.
Das ist ein Narr, der faßt ins Haupt
Ein jed' Geschwätz und leicht es glaubt;
Und das zeigt an uns einen Thoren,
Hat einer dünn und weit die Ohren.
Der wird für brav nicht angesehn,
Wer heimlich will zum Andern gehn
Und gibt ihm tückisch einen Schlag,
dass jener sich nicht wehren mag;
Aber verlügen hinter dem Rücken
Gehört jetzt zu den Meisterstücken,
Die man nicht leicht abwehren kann.
Das treibet jetzo Jedermann
Mit Afterreden und Stehlen der Ehr',
Verrathen und dergleichen mehr;
Das kann man schminken und verklügen,
dass man mög' desto mehr betrügen.
Und schaffen, dass man's glaubet ehr;
Den andern Theil hört man nicht mehr.
Ein Urtheil über Manchen geht,
Der nie vor einem Richter steht,
Der seine Unschuld nicht erwies,
Weil man im Sack ihn sticken ließ,
Wie Haman Mordochäus that
Syba der Knecht – Mephibosath.
Groß Lob man Alexandern zollte,
Weil er nicht leichtlich glauben wollte,
Als man verklagte Jonatham.
Bald glauben nie gut Ende nahm:
Der Gnad' wär' Adam nicht beraubt,
Hätt' er nicht bald der Frau geglaubt
Und sie der Schlange klugem Wort.
Wer bald glaubt, stiftet oftmals Mord.
Die Welt ist falsch und Lügens voll,
Nicht jedem Geiste glaubt man wohl:
Der Rabe bleibet schwarz wie Kohl'.
Man spürt wol in der Alchemey
Und in des Weines Arzenei,
Welch Lug und Trug auf Erden sei.
Betrüger sind und Fälscher viel,
Die passen recht zum Narrenspiel;
Es sind jetzt falsch: Lieb', Rath, Freund', Geld,
Der Untreu voll ist jetzt die Welt;
Die Bruderlieb' ist todt und blind,
Auf Trug und Blendwerk jeder sinnt;
Man will nur ohn' Verlust erwerben,
Wenn Hundert auch dabei verderben.
Kein Ehrbarkeit sieht man mehr an,
Man läßt es über die Seele gahn,
Wenn eines Dings man nur wird ledig;
Wer drüber stirbt, – dem sei Gott gnädig!
Man läßt den Wein nicht rein mehr bleiben:
Viel Fälschung thut man mit ihm treiben:
Salpeter, Schwefel, Todtenbein,
Pottasche, Senf, Milch, Kraut unrein
Stößt man durchs Spundloch in das Faß.
Die schwangern Frauen trinken das,
So dass vorzeitig sie gebären,
Elenden Anblick uns gewähren.
Es kommt viel Krankheit auch daraus,
dass Mancher fährt ins Todtenhaus.
Man thut ein lahm Roß noch beschlagen,
Dem doch gebührt der Schinderwagen;
dass muss noch lernen auf Filzen stehn,
Als sollt' es Nachts zur Mette gehn,
Und hat es vor Mangel Lähmung und Spat,
muss es doch kosten jetzt viel Geld,
Damit betrogen werde die Welt.
Man hat klein Maß und klein Gewicht,
Die Ellen sind kurz zugericht't,
Der Laden muss ganz finster sein,
dass man nicht seh' des Tuches Schein,
Und während Einer sieht sich an
Die Narrn, die auf dem Laden stahn,
Gibt man der Wage einen Druck,
dass sie sich zu der Erden buck',
Und fragt, wieviel der Käufer heische?
Den Daumen wiegt man zu dem Fleische.
Den Weg man jetzt zur Furche schlägt;
Die alte Münz' ist blind und schlecht
Und könnt' nicht lange Zeit bestehn,
Wär' nicht ein Zusatz ihr geschehn.
Die Münze schwächt sich nicht selbst klein,
Falsch Geld ist worden jetzt gemein
Und falscher Rath. Als Geistlichkeit
Macht sich Mönch, Beghin und Lollhart breit:
Viel Wölfe gehn in Schafeskleid.
Damit ich nicht vergess' hiebei
Den großen Trug der Alchemey,
Die Gold und Silber hat gemacht,
Das man ins Stöcklein eh gebracht.
Sie gaukeln und betrügen grob;
Sie zeigen vorher eine Prob',
So wird bald eine Unke draus.
Der Guckaus Manchen treibt vom Haus.
Wer vordem sanft und trocken saß,
Der stößt sein Gut ins Affenglas,
Bis er's zu Pulver so verbrennt,
dass er sich selber nicht mehr kennt.
Viel haben sich also verdorben,
Gar Wen'ge haben Gut erworben,
Denn Aristoteles schon spricht:
»Der Dinge Wesen wechselt nicht!«
Viel fallen schwer in diese Sucht
Und haben doch draus wenig Frucht.
Man richtet Kupfer zu für Gold,
Mausdreck man untern Pfeffer rollt;
Man kann jetzt alles Pelzwerk färben
Und thut es auf das Schlechtste gerben,
dass es behält gar wenig Haar,
Wenn man's kaum trägt ein Vierteljahr.
Zeismäuse geben Bisam viel,
Der stinkt dann ohne Maß und Ziel;
Die faulen Häringe man mischt
Und sie als frische auf dann tischt.
All Gassen sind Verkäufer voll,
Denn Trödel treiben schmeckt gar wohl,
Da Alt und Neu man mengen kann.
Mit Täuschung geht um Jedermann:
Kein Kaufmannsgut steht fest im Werth,
Ein Jeder nur Trug zu treiben begehrt,
dass er des Krams mög' kommen ab,
Ob der auch Gall' und Spatbein hab'.
Selig fürwahr ist jetzo der Mann,
Der sich vor Falschheit hüten kann!
Aber das Kind trügt Eltern und Mage,
Der Vater thut der Sippschaft nicht Frage,
Wirth trügt den Gast und Gast den Wirth.
Untreu und Trug man überall spürt.
Das passt zu des Antichristen Lauf:
Der fälscht mit Trug all seinen Kauf,
Denn was er denkt, heißt, thut und lehrt,
Ist nichts als falsch, untreu, verkehrt.
Dieweil Vorspuk von mir geschehn
Bei denen, die mit Falsch umgehn,
So find' ich noch die rechten Knaben,
Die bei dem Narrenschiffe traben
Und sich und andre viel betrügen,
Die heil'ge Schrift verkrümmen und biegen;
Die geben erst dem Glauben Püff'
Und netzen das papierne Schiff;
Ein Jeder reißet etwas ab,
dass desto minder Bord' es hab',
Nimmt Ruder und Riemen weg davon,
dass ihm der Untergang mög' drohn.
Viele sind in ihrem Sinn so klug,
Die dünken witzig sich genug,
Aus eigner Vernunft Einfall
Die heil'ge Schrift zu deuten all,
Darin sie fehlen doch gar sehr,
Und wird gestraft ihre falsche Lehr'.
Denn sie könnten aus andern Schriften wol,
– Deren allenthalb die Welt ist voll, –
Genugsam unterrichten sich,
Wenn sie nicht wollten sonderlich
Gesehen sein vor andern Leuten;
Dabei fährt irr' das Schiff zu Zeiten.
Man kann dieselben trunken nennen,
Da sie die Wahrheit wol erkennen
Und doch das Schiff umkehren ganz,
Zu zeigen ihren Schein und Glanz,
Das ist der falschen Propheten Lehr',
Vor denen sich hüten heißt der Herr,
Welche anders die Schrift umkehren,
Als sie der heil'ge Geist thut lehren;
Deren Hände führen falsche Wagen.
Drauf legen sie nach ihrem Behagen,
Machen eines leicht und andres schwer,
Darunter der Glaube leidet sehr.
Inmitten der Verkehrten wir stehn;
Man kann den Scorpion schon sehn
Sich regen, gereizt von solcher Macht,
Die Ezechiel vorausgesagt.
Die das Gesetz hier übertreten
Und zu dem Antichristen beten,
Die schaffen ihm gar viel voraus;
Wenn seine Jahre sind dann aus,
So hat er viel, die bei ihm stehn
Und mit ihm in der Falschheit gehn.
Deren hat er viele in der Welt!
Wenn er vertheilen wird sein Geld
Und an das Licht die Schätze bringen,
Darf er nicht Viel mit Streichen zwingen:
Die Meisten werden zu ihm laufen,
Durch Geld wird er sich Viele kaufen,
Die helfen ihm, dass er dann mag
Die Guten zwingen alle Tag',
– Doch werden lange sie's nicht machen,
Ihnen wird gebrechen Schiff und Nachen,
Wiewol sie fahren um und um, –
Er wird die Wahrheit machen krumm,
Die wird zuletzt doch Wahrheit bleiben
Und wird die Falschheit ganz vertreiben,
Die jetzo herrscht in jedem Stand.
Ich fürcht', sein Schiff kommt nicht zum Land.
Es schwanket auch Sanct Peters Schiff;
Es droht ihm, fürcht' ich, manches Riff,
Die Wellen schlagen allseits dran,
Ihm wird viel Sturm und Plage nahn.
Gar wenig Wahrheit man jetzt hört,
Die heilige Schrift wird ganz verkehrt
Und jetzt viel anders ausgelegt,
Als sie der Mund der Wahrheit hegt.
Verzeih mir recht, wen dies betrifft!
Der Antichrist ist ausgeschifft,
Hat seine Botschaft umgesandt,
Falschheit verkündigt durch das Land,
Denn falscher Glaub' und falsche Lehr',
Die wachsen von Tag' zu Tage mehr,
Wozu die Drucker tüchtig steuern.
Man könnte manches Buch verfeuern
Mit Unrecht viel und Falsch darin.
Viele denken einzig auf Gewinn;
Nach Büchern überall sie trachten,
Doch Correctur sie wenig achten;
Auf großen Betrug sie jetzt studiren,
Drucken viel ohne zu corrigiren!
Sie schauen übel auf die Sachen,
Wenn Männlein sie um Männlein machen;
Sie thun sich selber Schaden und Schande,
Gar Mancher druckt sich aus dem Lande,
Die mag das Schiff dann nicht mehr tragen,
Sie müssen an den Narrenwagen,
Wo einer kann den andern jagen.
Die Zeit, sie kommt! Es kommt die Zeit!
Ich fürcht', der Endchrist ist nicht weit!
Man merke dies und nehme wahr:
Der Glaube steht auf Drein fürwahr:
Auf Ablaß, Büchern und auf Lehr',
Deren man jetzt schätzt keines mehr.
Vielheit der Schrift spürt man dabei:
Wer merkt die Menge Druckerei!
Ein jedes Buch wird vorgebracht,
Was unsre Eltern je gemacht;
Deren sind jetzt soviel an Zahl,
dass sie nichts gelten überall,
dass man sie schier nicht achtet mehr,
Und ähnlich ist es mit der Lehr';
So viele Schulen man nie fand,
Als man jetzt hat in jedem Land;
Fast ist auf Erden keine Stadt,
Die nicht 'ne hohe Schule hat,
Daher man die gelehrten Leut'
Jetzund auch achtet keinen Deut.
Die Kunst verachtet Jedermann
Und sieht sie über die Achseln an;
Die Gelehrten müssen schier mit Leid
Ansehen Namen, Lehre, Kleid,
Die Bauern zieht man jetzt herfür,
Die Gelehrten müssen hinter die Thür.
Man spricht: »Schau an den Schlauderaffen!
Der Teufel besch ... uns wohl mit Pfaffen!«
Das ist ein Zeichen, dass die Kunst
Nicht Ehre mehr hat noch Lieb' noch Gunst.
Drum wird auch schwinden bald die Lehre,
Denn Kunst gespeiset wird durch Ehre
Und will man sie nicht hoch mehr achten,
So werden wenig nach ihr trachten.
Der Ablaß ist so ganz unwerth,
dass Niemand seiner mehr begehrt;
Niemand will mehr den Ablaß suchen,
Ja, Mancher möcht' ihn sich nicht fluchen,
Und Mancher gäb' keinen Pfennig aus,
Wenn ihm der Ablaß käm' ins Haus,
Und wird ihm einstmals doch nachjagen,
Müßt' er ihn holen auch zu Aachen.
Darum dasselbe uns einst droht
Wie denen mit dem Himmelsbrod,
Die waren dessen übersatt,
Sie sprachen: ihre Seel' sei matt;
Und was gegeben ihnen Gott,
War ihnen unnütz und ein Spott;
So thut man mit dem Ablaß auch,
Den schätzt gering gar mancher Gauch.
Daraus entnehm' ich den Bericht,
Es ist der Glaube wie ein Licht,
Eh das mag ganz erloschen sein,
Gibt es noch einmal Glanz und Schein,
Und dass ich frei es sagen mag:
Es naht sich uns der jüngste Tag!
Weil man das Gnadenlicht verachtet,
Wird man bald gänzlich sein umnachtet,
Und was man nie zuvor gehört:
Das Schiff den Kiel nach oben kehrt.
Wer Schmeichelns halb und um Drohworte
Die Wahrheit bringt zum dunkeln Orte,
Der klopft dem Endchrist an die Pforte.
Der ist ein Narr, der sich verkehrt
In seinem Geist, so man anfährt
Und mit Gewalt ihn zwingen will,
dass er von Wahrheit schweige still
Und Weisheit unterwegen lasse
Und wandeln soll der Thorheit Gasse,
Auf welcher ohne Zweifel fährt,
Wer sich an solche Drohung kehrt.
Denn Gott ist doch auf seiner Seiten
Und schirmet den zu allen Zeiten,
Der von der Wahrheit sich nicht scheidet,
So dass zu keiner Frist ausgleitet
Sein Fuß. Wer in der Wahrheit bleibt,
Bald alle Feinde von sich treibt.
Ein Weiser stimmt der Wahrheit zu,
Selbst wenn er sähe Phalaris' Kuh.
Wer nicht kann bei der Wahrheit stehn,
Der muss den Weg der Thorheit gehn.
Thät Jonas zeitig Wahrheit kund,
Verschluckt' ihn nicht des Fisches Schlund;
Die Wahrheit hoch Elias pries
Und fuhr darum ins Paradies;
Johannes floh der Narren Haufen,
Drum ließ sich Christus von ihm taufen.
Wer einen straft mit sanftem Muth
Und dieser nimmt's nicht gleich für gut,
So wird doch wol die Stunde kommen,
Wo dieser merkt, es sollt' ihm frommen,
Und größern Dank für Scheltwort sagt
Als für Geschwätz, das ihm behagt.
Daniel Geschenk nicht nehmen wollte,
Als er Belsazar sagen sollte
Und ihm die Wahrheit legen aus;
Er sprach: »Dein Geld bleib deinem Haus!«
Der Engel hinderte Bileam
Darum, dass er die Gaben nahm
Und wollte nicht die Wahrheit ehren;
Drum musste sich sein Wort verkehren,
Der Esel strafen den, der ritt.
Zwei Dinge mag man bergen nit,
Und ewig schauet man das Dritt':
Eine Stadt gebauet auf der Höhe,
Einen Narrn, er stehe, sitze, gehe,
Kennt man nach Wesen und Bescheid;
Wahrheit sieht man in Ewigkeit,
Die wird fürwahr nie werthlos sein,
Und wenn sich Narren den Hals abschrein.
Wahrheit ehrt man durch alle Lande;
Der Narren Freud' wird Spott und Schande.
Man rannte mich gar oftmals an,
Als ich dies Schiff zu baun begann,
Ich sollt' es doch ein wenig färben,
Und nicht mit Eichenrinde gerben,
Sondern mit Lindensaft auch schmieren,
Etliche Dinge drin glossiren;
Aber ich ließ' sie alle erfrieren,
Eh Andres ich als Wahrheit schriebe.
Ich weiß, in Ewigkeit die bliebe
Und würde ihr Wesen dennoch treiben,
Thät ich auch nicht dies Büchlein schreiben.
Denn Wahrheit ist stärker als alle, die
Mich wollen verleumden oder sie.
Wenn ich mich hätte daran gekehrt,
So hätt' ich die Zahl der Narren vermehrt,
Mit denen mein Schiff jetzt stattlich fährt.
Wer will der Wahrheit Beistand leisten,
Der hat Verfolger wol am meisten,
Die ihm zu wehren sich erdreisten.
Der ist ein Narr durch all sein Blut,
Wer hindert, dass ein Andrer thut
Das Gute, und sich untersteht
Zu wehren, was ihn nicht angeht,
Und gern sieht, dass ein Andrer sei
Ihm gleich und auch im Narrenbrei.
Denn Narren alle Zeit die Hassen,
So mit guten Dingen sich befassen.
Ein Thor den andern nicht gern sieht;
Jedoch dem wahren Narrn geschieht,
dass er sich freut, wann er nimmt wahr,
dass er nicht sei allein ein Narr;
Darum er allzeit sich befleißt,
dass Jedermann ein Narr auch heißt;
Er sinnt, um nicht der Narr allein
Mit Kolben und mit Kapp' zu sein.
Sieht er nun einen, der da will
Recht thun und sein in Weisheit still,
So spricht er: »Schau den Duckelmäuser!
Er will allein sein ein Carthäuser
Und treibt solch heuchlerischen Rath,
Weil er an Gott verzweifelt hat!
Wir wollen ja doch auch erwerben,
dass Gott uns läßt in Gnaden sterben,
Wie er, obgleich er Tag und Nacht
Liegt auf den Knieen, betet und wacht;
Er will nur fasten und Zellen bauen,
Wagt weder Gott noch der Welt zu trauen!
Gott hat uns darum nicht geschaffen,
dass wir Mönche werden oder Pfaffen,
Und zumal, dass wir uns sollten entschlagen
Der Welt! Wir wollen nicht Kutte tragen
Noch Kappe! – sie habe denn Schellen auch!
Schaut an den Narren und den Gauch!
Er hätte noch in der Welt gethan
Viel Gutes und größern Lohn empfahn
Als jetzo, hätt' er Andre belehrt
Und zu dem Wege des Heils bekehrt,
Als dass er da liegt wie ein Schwein
Und mästet sich in der Zelle sein,
Versagt sich auch noch sonst gar viel
Und hat nicht Freude an Scherz und Spiel.
Sollte, wie er thut, Jedermann
Ziehn in der Carthause die Kutte an,
Wer sollte die Welt denn weiter mehren?
Die Leute weisen und belehren?
Es ist Gottes Wille und Meinung nicht,
dass man der Welt so thue Verzicht
Und auf sich ganz allein hab' Acht!«
So reden die Narren Tag und Nacht,
Denen die Welt ist all ihr Theil,
Drum suchen sie nicht der Seele Heil.
Hör zu! Wärst du auch weis und klug,
Es wären dennoch Narren genug;
Wenn du auch hättest Mönchsgeberden,
Es gäbe der Narren mehr auf Erden.
Doch wäre dir ein Jeder gleich,
So wäre kein Mensch im Himmelreich;
Wenn du auch wärst ein witz'ger Geselle,
So führen dennoch genug zur Helle.
Ja, hätt' ich der Seelen in mir zwei,
Gesellt ich mich auch den Narren bei,
Aber so hab' ich eine allein
Und muss in Sorgen um diese sein:
Gott hat mit Belial nichts gemein!
Wem es an Oel hier nicht gebricht,
Wer leuchten läßt der Ampel Licht,
Dem fehlt die ewige Freude nicht.
Der ist ein Narr, der zu der Zeit,
Wann Gottes Urtheil ist bereit,
Urtheilen muss mit eignem Mund,
dass er verborgen hab' sein Pfund,
Das ihm empfohlen Gott der Herr,
Damit er sollt' gewinnen mehr.
Dem wird dasselbe genommen sein,
Und er geworfen in die Pein.
Desgleichen deren Ampel ist
Entleert, dass ihr das Oel gebrist,
Und die erst suchen ander Oel,
Wenn schon ausfahren will die Seel'!
Vier Dinge klein sind auf der Erden
Und weiser doch als Mannsgeberden:
Die Ems, die keiner Arbeit schont,
Das Häschen, so im Felsen wohnt;
Die Heuschreck' keinen König wählt
Und zieht in Einheit doch ins Feld;
Die Eidechs geht auf Händen aus
Und wohnt doch in der Könige Haus.
Wer Honig find't und volle Waben,
Ess' nur soviel, als ihn thut laben
Und hüte vor Füllung sich mit Süße,
dass er's nicht wieder speien müsse.
Wenn auch ein Weiser jähling stirbt,
Die Seel' ihm nimmermehr verdirbt,
Aber wer thöricht und unklug denkt,
Verdirbt und wird dann eingesenkt
Und wohnt für ewig in dem Grabe.
Dem Fremden läßt er Seel' und Habe.
Ein größrer Thor ward nie gemacht,
Als wer der Zukunft nicht hat Acht
Und ewig schätzt zeitliches Gut.
Es brennt manch Baum in Höllenglut,
Der nicht getragen Früchte gut.
Zur rechten Hand sieht man die Krone,
Zur linken Hand die Kappe stehn;
Der letztern Weg die Narren gehn
Und kommen so zu bösem Lohne.
Nach großer Kunst strebt mancher Thor,
Wie er bald Meister werd', Doctor,
Und ihn die Welt halt' für ein Licht,
Und kann doch das betrachten nicht,
Wie er die rechte Kunst erfährt,
Mit der er hin zum Himmel kehrt,
Und dass die Weisheit dieser Welt
Wie Thorheit wird vor Gott gezählt.
Viel scheinen auf dem rechten Wege
Und irren sich doch an dem Stege,
Der zu dem wahren Leben führt.
Wohl dem, der auf dem Weg nicht irrt,
Wenn er ihn schon gefunden hat,
Denn oft geht ab ein Nebenpfad,
dass Einer bald kommt von der Straße,
Es sei denn, dass ihn Gott nicht lasse.
Der Jüngling Herkules bedachte,
Welchen Weg er für den rechten achte,
Ob er der Freude nach wollt' gehn
Oder allein nach Tugend stehn?
In solchem Sinnen kamen zu ihm
Zwei Frauen, die er ohne Stimm'
Erkannte an ihrem Wesen wohl:
Die eine war der Freuden voll
Und schön geziert; mit Reden süß
Nur Freud' und Lust sie ihm verhieß,
Deren End' jedoch der Tod mit Weh,
Darnach nicht Lust noch Freude je.
Die andre bleich und ernst und strenge
War ohne Freude und Gepränge.
Sie sprach: »Nicht Wollust ich verheiße,
Nicht Ruh'; nur Müh' in deinem Schweiße!
Von Tugend schreit' zur Tugend fort,
Dann wird der ewige Lohn dir dort!«
Und dieser folgte Herkules froh;
Ruh', Wollust, Freud' er allzeit floh.
Wollt' Gott, da wir begehren alle
Zu leben, wie es uns gefalle,
dass wir begehren auch zugleich
Zu haben ein Leben tugendreich.
Wahrlich, wir flöhen manchen Steg,
Der uns führt auf den Narrenweg!
Dieweil wir aber alle nicht wollen
Bedenken, wohin wir wenden uns sollen,
Und leben blinzelnd in der Nacht,
Haben wir des wahren Weges nicht Acht,
dass wir gar oft selbst wissen nit,
Wo uns hinführen unsre Tritt'.
Daraus entspringt dann jeden Tag,
dass unser Plan uns reuen mag.
Erreicht man ihn, nicht ohn' Beschwer,
Wünscht andres man nur um so mehr.
Das kommt allein daher, dass wir
Voll sind der angebornen Gier,
Wie uns das höchste Gut auf Erden
Unfehlbar möcht' und endlich werden.
Dieweil das aber nicht kann sein,
Und wir hier irren im finstern Schein,
Hat Gott gegeben uns das Licht
Der Weisheit, unserm Angesicht
Zu leuchten, Finsterniß zu enden,
Wenn wir uns recht zu ihr hinwenden;
Sie zeigt uns bald, wie ganz verschieden
Von Weisheit Thorenweg hienieden.
Der Weisheit stellte Plato nach,
Pythagoras, der Hohes sprach,
Und Sokrates, – all die durch Lehre
Erworben ewig Ruhm und Ehre,
Und konnten sie doch nie ergründen:
Sie wollten sie auf Erden finden.
Drum spricht von ihnen Gott der Hehre:
»Ich will verwerfen Kunst und Lehre
Und Weisheit derer, die weis wollen sein,
Und lehren sie kleinen Kindelein!«
Das sind, denen Weisheit ward bekannt,
Die stammt aus dem himmlischen Vaterland;
Die solche Weisheit wurden gelehrt,
Die sind in Ewigkeit geehrt
Und scheinen wie das Firmament;
Wer da Gerechtigkeit erkennt
Und unterweist darinnen sich
Und andre mehr, den gleiche ich
Dem Lucifer vom Orient,
Dem Hesperus gen Occident.
Bion der Meister uns erzählt,
Wie zu den Mägden sich gesellt,
Die um Penelope langzeit
Doch mit vergebner Müh' gefreit,
So thuen, die nicht können ganz
Begreifen rechter Weisheit Glanz,
Die kommen durch der Tugend Zier,
Die jener Magd ist, nah zu ihr.
Die Weltlust nimmt ein traurig Ende;
Ein jeder schau, wo er anlände.
Gesellen, folgt uns unverwandt!
Wir fahren ins Schlaraffenland
Und stecken doch in Moor und Sand.
Glaub' nicht, wir seien Narrn allein:
Wir haben Brüder groß und klein;
In allen Landen allzumal
Ist endlos unsre Narrenzahl;
Wir fahren um durch jedes Land
Von Narrbon ins Schlaraffenland;
Wir wollen ziehn gen Montflascûn
Und in das Land gen Narragûn.
Wir suchen nach Häfen und Gestaden
Und fahren um mit großem Schaden
Und können doch nicht treffen an
Gestade, wo man landen kann;
All unser Fahren ist ohn' Ende,
Denn Keiner weiß, wo er anlände;
So fehlt uns Ruhe Tag und Nacht,
Doch Keiner hat auf Weisheit Acht.
Wir haben auch noch viel Gespanen,
Trabanten und auch Kurtisanen,
Die unserm Hof stets nachgeschwommen
Und auch zuletzt ins Schiff noch kommen
Und mit uns fahren auf Gewinn.
Ohn' Sorg, Vernunft, Weisheit und Sinn
Ist doch voll Sorge unsre Fahrt,
Denn wer hätt' Sorgfalt wol verwandt
Auf Tabelmarin und Kompasstand
Oder das Stundenglas umgewandt?
Wer möchte nach den Sternen sehen,
Wohin Bootes, Ursa gehen,
Arkturus oder die Hyaden?
Drum treffen wir die Symplejaden,
dass unserm Schiff die Felsen los
Zu beiden Seiten geben Stoß
Und es so ganz zusammendrücken,
dass Wenigen mag Rettung glücken.
Durch Malfortunam wir uns wagen
Und werden kaum zu Land getragen,
Da uns Charybdis, Scylla, Syrte
Ganz aus der rechten Straße führte.
Drum nimmt es Wunder nicht, wann wir
Im Meere sehn manch Wunderthier,
Wie die Delphine und Sirenen,
Die singen süße Kantilenen,
Die uns so fest in Schlaf versenken,
dass an die Landung wir nicht denken.
Wir sehen, – ob es auch nicht tauge, –
Den Cyklops mit dem runden Auge,
Das ihm Ulyß einst ausgebrannt,
Der Schlaue, dass der ihn nicht fand
Und andern Schaden nicht erwies,
Als dass er ein Gebrüll ausstieß
Gleichwie ein Ochs, den man erschlagen.
Der Weise ließ still fort sich tragen
Und ließ ihn schreien, greinen, weinen,
Auch als er warf mit großen Steinen.
Dies Auge wächst ihm wieder sehr;
Sobald er sieht der Narren Heer,
Sperrt er es auf so hoch und breit:
Es wird wie sein Gesicht so weit;
Sein Maul spaziert zu beiden Ohren,
Damit verschluckt er manchen Thoren.
Die andern, die ihm noch entweichen,
Wird bald Antiphates erreichen
Mit seinem Volk der Lästrygonen,
Die sicher keinen Narren schonen,
Denn ihre liebste Speise ist
Der Narren Fleisch zu jeder Frist,
Sie trinken Narrenblut für Wein.
Dort wird der Narren Herberg sein!
Homerus hat all dies erdacht,
Damit man gäb' auf Weisheit Acht
Und sich nicht wagte leicht aufs Meer.
Hiermit lobt er Ulysses sehr,
Der klugen Raths und Anschlags pflag,
Als man im Streit vor Troja lag,
Und darauf zehen Jahre lang
Mit Glück durch alle Meere drang.
Als Circe mit des Tranks Gewalt
Den Genossen gab die Thiergestalt,
Da war Ulysses also weise,
dass er nicht annahm Trank noch Speise,
Bis er die Falsche überböste
Und die Gesellen all erlöste
Mit einem Kraut, Moly genannt.
So half der Weise sich gewandt
Aus mancher Noth in manchem Land,
Doch weil er wollte immer fahren,
Konnt' er die Länge sich nicht wahren:
Ihm kam zuletzt ein Widerwind,
Der ihm sein Schiff zerbrach geschwind,
dass die Genossen all ertranken.
Schiff, Ruder, Segel ganz versanken.
Doch Weisheit ihm zu Hilfe kam,
So dass er nackt ans Ufer schwamm
Und viel von Unglück konnte sagen.
Doch ward er von dem Sohn erschlagen,
Als er geklopft aus eigne Thor,
Da half ihm Weisheit nicht davor.
Er ward als Herr Niemandem kund
Im ganzen Hof als nur dem Hund
Und starb darum, weil man nicht wollte
Ihn kennen, wie man billig sollte.
Doch um auf unsre Fahrt zu kommen:
Wir suchen in tiefem Schlamme Frommen
Und finden Strandung nur in Eil',
Es bricht uns Mastbaum, Segel, Seil;
Wir können nicht im Meere schwimmen,
Die Wellen sind schlecht zu erklimmen,
Wenn einer wähnt, er sitze hoch,
So stoßen sie ihn zu Boden doch.
Der Wind, der treibt sie auf und nieder:
Das Narrenschiff kommt nimmer wieder,
Wenn es erst ganz versunken ist.
Wir haben weder Sinn noch List
Um fortzuschwimmen zu Gestaden,
Wie einst Ulyß nach seinem Schaden,
Der brachte nackt mehr mit hinaus
Als er verlor und fand zu Haus.
Wir fahren auf Sandbank und Riff,
Die Wellen schlagen übers Schiff
Und nehmen uns Galeoten viel,
Bald sind die Schiffsleut' auch ihr Ziel,
Um die Patrone ist's geschehn.
Man kann das Schiff wüst schwanken sehn;
Ein Wirbel wird es leicht bezwingen
Und Schiff und Mannschaft jäh verschlingen.
Wir sind all guten Rathes bar,
Uns droht des Untergangs Gefahr,
Der Wind uns mit Gewalt hintreibt.
Ein weiser Mann zu Hause bleibt,
Und nimmt an uns sich gute Lehr'
Und wagt nicht leicht sich auf das Meer,
Er könne denn mit Winden streiten,
Wie Ulysses that zu seinen Zeiten,
Und, will das Schiff auch untergehn,
Ans Land zu schwimmen doch verstehn.
Dieweil ertrinken Narren viel,
Sei der Weisheit Land des Weisen Ziel,
Er nehm' das Ruder in die Hände,
Damit er wisse, wo er lände.
Wer klug ist, kommt zu Land mit Fug;
Es gibt auch sonst noch Narrn genug;
Der Klügste ist, wer selber wohl
Weiß, was er thun und lassen soll,
Den man nicht braucht zu unterweisen,
Den Weisheit selbst als klug darf preisen;
Der ist auch klug, wer Andre hört,
Wenn man ihn Zucht und Weisheit lehrt;
Wer aber davon allzumal
Kann nichts, gehört zur Narrenzahl.
Ward er nicht in dies Schiff genommen,
So wird gar bald ein andres kommen,
Wo er Gesellschaft viel trifft an
Und Gaudeamus singen kann
Oder das Lied im Narrenton.
Und ob viel Brüder draußen stehn,
Das Schiff wird doch zu Grunde gehn.
Der ist ein Narr, dem es nicht frommt,
Wenn Unglück ihm zu Handen kommt,
dass er sich weislich schicke drein:
Unglück will nicht verachtet sein.
Manchem ist nicht bei Unglück wohl,
Der dennoch darnach ringt wie toll,
Drum soll er es nicht haben Wunder,
Wenn ihm das Schiff zuletzt geht unter:
Denn ist auch Unglück etwa klein,
So kommt es selten doch allein,
Weil nach der Alten Spruch und Sage
Unglück und Haar wächst alle Tage.
Darum den Anfang man abwende,
Man weiß nicht, wohin neigt das Ende.
Wen auf das Meer hintreibt der Muth,
Bedarf wol Glück und Wetter gut;
Denn hinter sich fährt der geschwind,
Wer schiffen will mit Widerwind;
Ein Weiser mit Fahrwind segeln lehrt,
Ein Narr gar bald sein Schiff umkehrt.
Der Weise hält in seiner Hand
Das Ruder und fährt leicht zu Land;
Ein Narr versteht sich nicht aufs Lenken,
Drum wird er leicht das Schiff versenken.
Ein Weiser sich und Andre führt,
Ein Narr verdirbt, eh er es spürt.
Hätt' nicht gefügt in weise Lehre
Sich Alexander auf hohem Meere,
Das ihm sein Schiff warf auf die Seit',
Und sich gerichtet nach der Zeit:
Er würd' im Meer ertrunken sein,
Nicht todt geblieben an Gift im Wein.
Pompejus hatte Ruhm und Ehre,
Als er gereiniget die Meere
Und die Seeräuber all vertrieben,
Und ist doch in Egypten blieben.
Wer Weisheit sowie Tugend fand,
Der schwimmet nackend wohl zum Land:
So spricht Sebastianus Brant.
Ein Narr beklatscht wol Jedermann
Und hängt der Katz' die Schelle an,
Und nimmt sich dessen doch nicht an.
Gar Manchem war es Herzenslabe,
dass ich viel Narrn gesammelt habe;
Er nimmt daraus sich gute Lehre,
Wie er sich von der Narrheit kehre;
Dagegen ist es Manchem Leid,
Der meint, ich sagte ihm Bescheid,
Und wagt doch laut zu reden nicht,
Drum schilt er nur auf das Gedicht
Und hängt der Katze an die Schellen,
Die ihm an beiden Ohren gellen.
Ein räudig Roß hält nicht lang still,
Wenn man es sauber striegeln will;
Wirft unter Hunde man ein Bein,
Schreit der Getroffene allein.
Ich bin es mir recht wohl bewußt,
Die Narren schelten mich mit Lust
Und meinen, es ständ' mir nicht zu,
dass ich die Narrn nicht lass' in Ruh
Und manchem zeige, was ihn plagt.
Ein Jeder spricht, was ihm behagt,
Und klaget, wo ihn drückt der Schuh.
Sagt dir dies Narrenbuch nicht zu,
So laß es doch nur ruhig laufen,
Ich bitte Keinen es zu kaufen,
Er wolle denn klug werden draus
Und ziehen selbst die Kappe aus,
An der ich lang gezogen hab'
Und zog sie ihm doch nicht ganz ab.
Wer das straft, was er nicht versteht,
Der kauf' dies Buch, eh es zu spät,
Da doch zu dem, was er verstand,
Noch Jeder Lieb' und Neigung fand;
Der ist ein Narr, wer sein will klug
Und thut der Wahrheit Widerspruch.
Bei Tisch begeht man Grobheit viel,
Die heiß' man billig Narrenspiel,
Von der zuletzt ich reden will.
Wenn ich die Narrheit ganz durchsuche,
Setz' billig ich zuletzt im Buche
Etliche, so zu Narrn man macht,
An die zuvor ich nicht gedacht.
Denn ob sie schon viel missbrauch treiben
Und feiner Hofzucht treu nicht bleiben,
Auch grob und ungezogen sind,
So sind sie doch nicht also blind,
dass sie die Ehrbarkeit verletzten,
Wie die, so wir zuvor hinsetzten;
Sie haben auch nicht Gott vergessen,
Sondern im Trinken und im Essen
Sind sie so grob und unerfahrn,
dass man sie heißt bäurische Narrn.
Sie waschen ihre Hände nicht,
Wenn man die Mahlzeit zugericht't,
Oder wenn sie sich zu Tische setzen,
Sie andre in dem Platz verletzen,
Die vor ihnen sollten sein gesessen;
Vernunft und Hofzucht sie vergessen,
dass man muss rufen: »Heda, munter,
Mein guter Freund, rück' weiter 'runter!
Laß den dort sitzen an deiner Statt!«
Ein Andrer nicht gesprochen hat
Den Segen über Brod und Wein,
Eh er bei Tische Gast will sein;
Ein Andrer greift zuerst in die Schüssel
Und stößt das Essen in den Rüssel
Vor ehrbarn Leuten, Frauen, Herrn,
Die er vernünftig sollte ehrn,
dass sie zum Ersten griffen an
Und er nicht wär' zuvorderst dran;
Der auch so eilig essen muss,
dass er so bläst in Brei und Mus,
Strengt an die Backen ungeheuer,
Als setzte er in Brand 'ne Scheuer.
Mancher beträuft Tischtuch und Kleid,
Legt auf die Schüssel wieder breit,
Was ihm ist ungeschickt entfallen,
Unlust bringt es den Gästen allen.
Andre hinwieder sind so faul,
Wenn sie den Löffel führn zum Maul,
Dann hängen sie den offnen Rüssel
So über Platte, Mus und Schüssel,
dass, fällt ihnen etwas dann darnieder,
dasselbe kommt in die Schüssel wieder.
Etliche sind so naseweise:
Sie riechen vorher an der Speise
Und machen sie den andern Leuten
Zuwider, die sie sonst nicht scheuten.
Etliche kaun etwas im Munde
Und werfen das von sich zur Stunde
Auf Tischtuch, Schüssel oder Erde,
Ob Manchem davon übel werde.
Einen Mundvoll Einer gegessen hatte
Und legt es wieder auf die Platte,
Oder er lehnt sich über den Tisch
Und lugt, wo sei gut Fleisch und Fisch,
Und ob auch Andres näher lag,
Er packt's und nimmt es in Beschlag
Und läßt es vor sich stehn allein,
dass es nicht Andern sei gemein.
Einen solchen man Schlingrabe nennt,
Der über Tisch sich selbst nur kennt
Und darauf legt Arbeit und Fleiß,
dass er allein ess' alle Speis'
Und er allein sich füllen könne
Und Andern nicht das Gleiche gönne.
Einen solchen heiß ich: Räumdenhagen,
Leersnäpfli, Schmierwanst, Fülldenmagen.
Ein böser Tischgenoß ist das
Und wird geheißen wohl ein Fraß,
Der solcher Unzucht fern nicht bleibt,
dass er auch Andern läßt ihr Theil,
Gewährt gut Essen ihm das Heil.
Ein Andrer füllt die Backen so,
Als ob sie steckten ihm voll Stroh;
Er pflegt beim Essen rings zu gaffen
In alle Winkel wie die Affen
Und schaut auf Jeden mit Begehr,
Ob der vielleicht mehr ißt als er,
Und eh der einen Mund voll zuckt,
Hat er vier oder fünf verschluckt,
Und dass ihm sonst auch Nichts gebreste,
Trägt er noch Teller voll zum Neste,
Lugt, dass er sich ja nicht versäume,
Wie er die Platten reinlich räume.
Eh er die Speis herunterschluckt,
Er einen Stich in den Becher guckt,
Macht sich 'ne Suppe mit dem Wein
Und schwenkt damit die Backen rein,
Und hat damit oft solche Eil',
dass aus der Nas' ihm rinnt ein Theil,
Oder spritzt gar einem Andern wol
Das Trinkgeschirr und Antlitz voll.
Neun Taubenzüge, ein Bapphart,
Das ist im Trinken jetzt die Art.
Den schmutz'gen Mund wischt keiner mehr:
Im Becher schwimmt das Fett umher;
Schmatzen beim Trinken ist nicht fein,
Kann andern Leuten nur widrig sein.
Durch die Zähne sürfeln läßt nicht schön,
Solch Trinken gibt ein bös Getön.
Manch Einer trinkt mit solchem Geschrei,
Als käme eine Kuh vom Heu.
Nachtrinken Ehre sonst gebot,
Jetzt ist dem Weinschlauch nur noch Noth,
dass er schnell möge trinken vor:
Das Trinkgeschirr hebt er empor
Und bringt dir einen »frohen Trunk«
Damit sein Becher macht glunk, glunk;
Er meint, dass er den Andern ehrt,
Wenn er den Humpen leer umkehrt.
Ich misse gern die feine Sitte,
dass man vor mir das Glas umschütte,
Oder dass man mich zu trinken bitte;
Ich trink' für mich, doch Keinem zu:
Wer sich gern füllt, ist eine Kuh.
Ein Andrer schwätzt bei Tisch allein,
Läßt nicht das Wort sein allgemein,
Es muss vielmehr ihm Jedermann
Zuhörn, dass er gut schwatzen kann.
Keinem Andern er das Wort vergönnt,
Doch sein Wort gegen Jeden rennt
Und hinterredet alle Frist
Gar Manchen, der bei Tisch nicht ist.
Ein Andrer kratzt sich in dem Grinde
Und lugt, ob er kein Wildpret finde
Mit sechs Füßen und dem Ulmer Schild,
Das er erst auf dem Teller knillt,
Dann in die Schüssel die Finger taucht,
Weil er just Nägleinbrühe braucht;
Der eilt, dass er die Nase wische
Und putzt die Finger ab – am Tische!
Andre sind so höflich erzogen,
dass sie auf Arm und Ellenbogen
Sich lehnen und den Tisch bewegen,
Darauf mit allen Vieren legen,
Wie jene Braut von Geispitzhain,
Die auf den Teller legte die Bein',
Und da sie sich bückte nach dem Sturz,
Entfuhr ihr über dem Tisch ein F ...;
Sie ließ ein Rülpsen sich entwischen,
Wenn man nicht kommen wär dazwischen
Mit Kübeln und sie nicht aufgethan
Das Maul, – ihr bliebe nicht ein Zahn.
Etliche lieben so zu hofieren,
dass sie das Brod recht tüchtig beschmieren
Mit schmutzigen Händen im Pfefferbrei,
Damit es wohl gesalbet sei.
Es ist auch Vortheil vorzulegen:
Das beste Stück so zu bewegen,
dass, was nicht will gefallen mir,
Ich lege einem Andern für,
Dadurch wird dann ein Weg gemacht,
Auf dem ich nach dem Besten tracht';
Einem Andern wird, was ich nicht will,
Das Beste mir, – und ich schweig' still.
So hat mir Mancher oft hofiert!
Ich wünscht', dass er nicht angerührt
Die Schüssel, denn dann blieb mir das,
Was vor mir lag und schmeckte baß.
Mancher auf Schlendrian ausgeht
Und die Schüssel auf dem Tische dreht,
Bis das Beste ist vor ihn gekommen.
Ich habe das oft wahrgenommen,
dass Mancher trieb solch Abenteuer
Und listig sich verschaffte Steuer,
Das ihm gefüllet ward sein Bauch.
So gibt's bei Tisch seltsamen Brauch,
Wenn ich den ganz erzählen sollte,
Eine lange Legend' ich schreiben wollte,
Wie man sieht in den Becher pfeifen,
Mit Fingern in das Salzfaß greifen,
Was Mancher achtet für sehr grob,
Doch hat dasselbe mehr mein Lob,
Als dass man Salz nimmt mit dem Messer:
Gewaschene Hand ist wahrlich besser
Und sauberer als jene Klingen,
Die wir in der Scheide mit uns bringen,
Von denen manche vor kurzen Stunden
Vielleicht 'ne Katze erst geschunden.
Für Unvernunft kann man auch halten
Die Eier zu schlagen und zu spalten
Und ander dergleichen Gaukelspiel,
Wovon ich jetzt nicht schreiben will,
Denn das soll feine Sitte sein,
Ich schreib' von Grobheit hier allein,
Nicht von subtilen, feinen Sachen.
Ich müßt' sonst eine Bibel machen,
Sollt' ich den missbrauch all beschreiben,
Den man beim Essen pflegt zu treiben.
Desgleichen acht' ichs auch nicht viel,
Wenn etwas in den Becher fiel,
Ob man durch Blasen das wegbringe
Oder mit einer Messerklinge
Oder vom Brod mit einer Schnitte;
Wiewol das Letztre feinre Sitte.
So halte ich's doch also nun,
dass man ein Jedes könne thun.
Wo man es aber hält für gut,
dass aus dem Glas man Alles thut
Und lieber ein ganz frisches nimmt,
Wie sich bei Reichen das wol ziemt,
Mag man es schelten nicht mit Glimpf;
Für Arme ist nicht solcher Schimpf:
Ein armer Mann läßt sich begnügen;
Was Gott ihm gibt, muss ihm genügen,
Er braucht nicht aller Zucht zu pflegen.
Zum Letzten spreche man den Segen;
Und wenn man satt sich trank und aß,
Sag man auch deo gratias!
Denn wer gering hält diese Pflicht,
Den achte ich für weise nicht;
Vielmehr ich billig von ihm sage,
dass er die Narrenkappe trage.
Ich weiß noch etliche Fassnachtnarren,
Die in der Thorenkapp' beharren. Von Fassnachtnarren
Wenn man die heilige Zeit fängt an,
So stören sie noch Jedermann:
Ein Theil macht schwarz sich das Gesicht,
Vermummt am ganzen Leib sich dicht
Und läuft einher nach Butzen-Weise.
Ihr Anschlag steht auf dünnem Eise.
Mancher will, dass man ihn nicht kennt,
Der sich zuletzt doch selber nennt;
Er hat den Kopf sich dicht vermacht
Und will doch, dass man auf ihn acht'
Und spreche: »Schau, mein Herr von Runkel!
Der kommt und führt am Arm 'ne Kunkel;
Das hat gar Großes zu bedeuten,
dass er kommt zu uns armen Leuten,
So gnädig ist, uns zu besuchen.«
Doch will er Schändung nur versuchen
Und Fassnacht legen schon ein Ei,
Singt auch der Guckguck erst im Mai.
Man spendet Kuchen in manchem Haus,
Wo besser wär', man bliebe draus;
Der Gründe gäb's dafür soviel,
dass lieber ich ganz schweigen will.
Allein die Narrheit hat erdacht,
dass man zur Fassnacht Freud' sich macht;
Wann man der Seelen Heil sollt' pflegen,
Da geben Narren erst den Segen
Und suchen dann ihr Fest herfür:
Fast-Nacht ist es vor ihrer Thür.
Der Narren Kirchweih ist bekannt,
Jawol, Fast-Nacht wird sie genannt!
Man läuft mit Lärmen auf den Gassen
Im Schmutz, als sollt' man Immen fassen,
Und wer dann ist unsinnig ganz,
Der meint, ihm schulde man den Kranz.
Von einem Haus zum andern laufen,
Viel Völlerei ohn' Geld sich kaufen,
Das Ding währt oft bis Mitternacht:
Der Teufel hat solch Spiel erdacht!
Anstatt zu suchen Seelenheil
Verübt man Tanz am Narrenseil.
Mancher vergißt sich so im Fressen,
Als sollt' er in einem Jahre nichts essen
Und sein Verlangen ist nicht gestillt,
Wenn bis zur Meßzeit er sich füllt,
Verbotne Speis' schafft ihm Behagen,
Man ißt sie, bis man sieht es tagen.
Ich kann in Wahrheit das wol sagen,
dass weder Juden, Heiden, Tataren
Im Glauben schändlich so verfahren
Als wir, die wir uns Christen nennen
Und wenig zu gutem Werk entbrennen,
Denn eh die Andacht man beginnt,
Drei-, vierfach man auf Fassnacht sinnt
Und wird erst sinnlos ganz und gar,
Das währt dann durch das ganze Jahr.
Man bricht der Fasten ab das Haupt,
Damit man sie der Kraft beraubt.
Nur wen'ge sich der Asche nahen,
Um sie mit Andacht zu empfahen;
Sie fürchten, Asche werde schmerzen;
Sie wollen lieber ihr Antlitz schwärzen
Und sich berußen wie eine Kohl':
Des Teufels Zeichen passt ihnen wohl,
Das Zeichen Gottes sie verschmähn,
Mit Christo wollen sie nicht erstehn.
Die Frauen bleiben zu Haus nicht sitzen,
Damit man sie kann besser bespritzen;
Die Kirchen selbst sind nicht zu hehr,
Man läuft darin die Kreuz und Quer,
Auch dort die Frauen zu beschmieren,
Man hält das für ein groß Hofieren.
Den Esel wüste Rotten tragen,
Mit ihm die ganze Stadt durchjagen.
Drauf lädt man ein zu Tanz und Stechen,
Da muss man dann die Speere brechen
Und Narren recht zusammenbringen.
Es drängen sich zu solchen Dingen
Handwerker, Bauern auch heran,
Wenn Mancher auch nicht reiten kann;
Es wird gestochen unverhofft,
dass Häls' und Rücken brechen oft.
Und das soll höflich Scherzen sein!
Darnach füllt man sich an mit Wein;
Von Fasten weiß man nicht zu sagen.
Solch Wesen währt bei vierzehn Tagen,
Die Fasten ganz an manchen Enden,
Die Charwoch' kann es kaum abwenden.
So kommt zur Beichte man gewallt,
Wann hölzerner Tafeln Klang erschallt
Und fängt dann seine Reue an.
Man möchte morgens wieder dran,
Dem Narrenseil mehr hängen nach;
Nach Emmaus ist uns allen jach.
Die geweihten Fladen uns nicht schmecken,
Man mag das Haupt nicht länger decken,
Es könnte leicht ein Wind entstehn,
Den Frauen ab die Tücher wehn,
Die hingen an den nächsten Hecken.
Die Frauen sich nicht gern bedecken,
Sie reizen damit Mann und Knaben;
Die Narrenkapp' sie lieber haben,
dass man die Ohren daraus strecke,
Als dass man sich mit Tüchern decke.
So kann ich hiermit wol beschließen,
Wiewol es ein'ge mag verdrießen,
dass, wo man sucht Fassnacht allein,
Will keine rechte Andacht sein.
Doch wie wir uns zu Gott verhalten,
Läßt er uns bis zum Tod oft schalten.
Der Narren Kapp' bringt Noth und Pein
Und kann doch nicht in Ruhe sein,
Sie wird selbst in den Fasten jetzt
Und in der Charwoch' aufgesetzt.
Leicht wär's mit Narrheit sich befassen, Könnt' man auch
leicht von Narrheit lassen,
Doch wenn dies einer auch beginne,
Wird er gar vieler Hindrung inne.
Der ist ein Narr und großer Thor,
Wer einen Werkmann lohnt zuvor,
Denn der gar oft die Sorgfalt spart,
Wer nicht auf künft'gen Lohn mehr harrt.
Gar wenig wird für Geld gethan,
Das schon verzehrt ist und verthan,
Und dem Werk bald der Stillstand droht,
Wo man zuvor schon aß das Brod.
Drum, hätte man mir wollen lohnen,
dass ich der Narren sollte schonen,
Ich hätt' mich wenig dran gekehrt,
Auch wär' das Geld jetzo verzehrt
Und nicht mehr Sicherheit gewährt,
Weil Alles, was da ist auf Erden
Für Thorheit muss geachtet werden.
Hätt' ich dies Buch um Geld gemacht,
Nur wenig Lohn hätt' ich gesehn
Und hätt' es längst wol lassen stehn,
Aber dieweil es ist geschehn
Zu Gottes Ehr' und Nutz der Welt,
So hab' ich weder Gunst noch Geld
Noch Anderes gesehen an,
Was Gott mir wol bezeugen kann,
Und weiß doch, dass ich nicht mag bleiben
Ganz ungestraft in meinem Schreiben.
Von Guten will ich das hinnehmen,
Mich ihrer Rüge nimmer schämen;
Denn Gott mir das bezeugen kann,
Träf man im Buche Lügen an,
Oder was ist wider Gottes Lehre,
Der Seelen Heil, Vernunft und Ehre,
So will ich Strafe gern erdulden;
Am Glauben möcht' ich nichts verschulden
Und bitte hiermit Jedermann,
dass man für gut es nehme an
Und leg' es nicht zum Argen aus
Noch ziehe Aergerniß daraus.
Denn darum ließ ich's nicht entstehn.
Aber ich weiß, es wird mir gehn
Gleichwie der Blume, die schön blüht,
Aus der das Bienlein Honig zieht,
Doch kommen dann darauf die Spinnen,
So suchen sie Gift draus zu gewinnen.
Das wird auch hierbei nicht gespart,
Denn Jedes thut nach seiner Art,
Und wo nichts Gutes ist im Haus,
Trägt man auch Gutes nicht hinaus.
Wer nicht gern hört von Weisheit sagen,
Wird über mich gar oftmals klagen,
Doch hört man seinen Worten an,
Was er sei für ein Gaukelmann.
Ich hab' gesehen manchen Thor,
Der sich gehoben stolz empor,
Wie auf dem Libanon die Ceder,
In Narrheit höher als ein Jeder,
Doch als geharrt ich kurze Frist,
Das Prahlen ihm vergangen ist,
Man konnt' auch finden nicht die Statt,
Wo dieser Narr gewohnet hat.
Wer Ohren hat, merk' auf und höre!
Ich schweig', dass mich kein Wolf bethöre!
Ein Narr straft Manchen vor der Zeit,
Er kennt nicht dessen Freud' noch Leid,
Doch wenn er wär' des Andern Rücken,
So wüßt' er, was den thäte drücken.
Wer will, der les' dies Narrenbuch,
Ich weiß wol, wo mich drückt der Schuch,
Darum, wenn man will schelten mich
Und sprechen: »Arzt, heil' selber dich,
Denn du bist auch in unsrer Rotte!«
So weiß ich und gesteh' es Gotte,
dass ich viel Thorheit hab' begangen
Und muss im Narrenorden prangen,
Wie sehr ich mag die Kappe rütteln,
Kann ich sie nicht vom Kopfe schütteln.
Doch hab' ich Ernst verwandt und Fleiß,
So dass ich, wie nun Jeder weiß,
Der Narren Arten kenne viel
Und Lust hab', wenn es Gott nur will,
Zu bessern mich in künft'ger Zeit,
Sofern Gott Gnade mir verleiht.
Ein Jeder achte nur auf dies,
dass ihm nicht bleib' der Narrenspieß,
dass nicht veralt' in seiner Hand
Der Kolben, – deß sei er ermahnt!
So schließt Sebastianus Brant,
Der Jedem zu der Weisheit räth,
Wer er auch sei, und wo er steht:
Kein guter Werkmann kommt zu spät!
Von Narren gab ich Euch Bescheid,
Damit Ihr sie recht kennt am Kleid.
Wer witzig sein will um und um,
Les' meinen Freund Virgilium.
Ein guter, vernünft'ger, weiser Mann,
Desgleichen man nicht leicht trifft an
In aller Welt, wie Sokrates, –
Apollo gab ihm Zeugniß deß, –
Derselb' sein eigner Richter ist;
Wo's ihm an Weisheit noch gebrist,
Auf das Genauste er erprobt;
Er schätzt nicht, was der Adel lobt
Noch des gemeinen Volks Geschrei;
Er ist rotund ganz wie ein Ei,
Damit kein fremder Makel bleibe,
Der sich auf glattem Weg anreibe;
Wie lang der Tag im Krebs sich streckt,
Wie lang die Nacht den Steinbock deckt,
So denkt er nach und wäget aus,
Damit kein Winkel in seinem Haus
Ihn trübe, oder er red' ein Wort,
Das nicht gezieme jedem Ort,
Damit nicht fehl' das Winkelmaß
Und fest sei, weß er sich vermaß;
dass jedem Angriff mit der Hand
Er wehr' und bald hab' abgewandt.
Er liebet nicht so sehr den Schlaf,
dass er nicht überdenk' und straf',
Was er gethan den langen Tag,
Was übersehn er haben mag;
Was er bei Zeiten sollt' betrachten,
Worauf er that zur Unzeit achten;
Warum vollendet er die Sache
Ohn Ziemlichkeit und all' Ursache
Und viele Zeit unnütz vertrieben;
Warum er auf dem Plan geblieben,
Der besser konnte doch geschehn;
Warum er Arme übersehn,
Und warum im Gemüth soviel
Empfunden Schmerz und Widerwill';
Warum er dies gefangen an,
Und warum jenes nicht gethan;
Warum sich selbst so oft er letzte
Und Nutzen vor die Ehre setzte
Und sich verging mit Wort und Gesicht,
Der Ehrbarkeit geachtet nicht;
Warum er gefolgt natürlichem Hang,
Sein Herz zur Zucht nicht zog noch zwang?
Also erprobt er Werk und Wort
Vom Morgen bis zum Abend fort,
Bedenkt die Sachen, die er thut
Verwirft, was bös, und lobt, was gut.
Das ist eines rechten Weisen Muth,
Wie im Gedicht uns hat gewiesen
Virgilius, der hochgepriesen.
Wer also leben würd' auf Erden,
Dem werd' auch Gott gewogen werden,
Weil er die Weisheit recht erkannt,
Die einst ihn führt zum Vaterland.
Das gebe Gott uns unverwandt,
Dies wünscht Sebastianus Brant.
Das Narrenschiff hatt' ich gedichtet,
Mit großer Arbeit aufgerichtet,
Mit Thoren es so voll geladen, –
Man braucht nicht anders sie zu baden:
Ein Jeder hat sich selbst gerieben.
Doch ist es nicht dabei geblieben,
Gar Mancher hat, wie's ihm gefiel,
– Vielleicht als er getrunken viel, –
Dran neue Reime wollen henken.
Derselbe sollte wohl bedenken,
dass er voran saß in dem Schiff,
Drin ihn und andre traf mein Griff,
Dann blieb ihm Arbeit wol gespart.
Mit altem Segel beginnt die Fahrt
Dies Schiff, dem ersten gleich es fliegt
Und sich mit schlichtem Wind begnügt.
Wahr ist's, ich säh' es gern vermehrt,
Doch meine Arbeit würd' verkehrt:
Gemischt manch andrer Reim drin ist,
Dem Kunst und Art und Maß gebrist.
Viel Reime sind mir abgeschnitten,
Den Sinn verliert man in der Mitten;
Ein jeder Reim zeigt solchen Schmuck,
Wie er sich passte für den Druck
Und wie die Form gegossen war,
Drum mancher schlecht ward offenbar,
dass es im Herzen mich gar sehr
Geschmerzt hat, tausendmal und mehr,
dass Mühe, Arbeit und Verstand
Ohn Schuld ich übel aufgewandt;
dass öffentlich ich soll ansehn,
Was ich doch nimmer ließ ausgehn,
Was nie mir kam vor Mund noch Kehle.
Doch meinem Gotte ich's befehle:
Dies Schiff fährt auf den Namen sein;
Der Dichter bringt nicht Schand' ihm ein,
Auch nicht dem alten in keiner Sachen,
Dieweil nicht Jeder Narrn kann machen,
Er heiß' denn, wie ich bin genannt:
Der Narr Sebastianus Brant.
1457:
Brant wird in Straßburg als Sohn eines angesehenen
Gastwirtes und langjährigen Ratsherren geboren.
Schon früh kommt er in Schlettstedt mit dem oberrheinischen
Humanismus in Kontakt.
1475:
Er beginnt, an der Universität in Basel unter anderem
klassische Sprachen und Rechtswissenschaft zu studieren.
1480–1500:
Brant ist maßgeblich beteiligt an der Literaturszene in
Basel. Seine wirtschaftliche Situation macht es notwendig, dass er
auf dem Buchmarkt als Schriftsteller, Herausgeber und Korrektor tätig
wird. Brant schreibt nicht nur rechtswissenschaftliche Texte, sondern
auch religiöse und weltliche Beiträge. Darunter befinden
sich Gedichte, Beschreibungen von Naturereignissen und
Gelegenheitstexte sowohl in lateinischer als auch in deutscher
Sprache.
1484:
An der Universität Basel erhält er sein Lizenziat und
lehrt dort selbst als Jurist.
1489:
Er promoviert zum Doktor der Rechte.
1492:
Ernennung zum Dekan der juristischen Fakultät.
1494:
»Das Narren Schyff« ist Sebastian Brants Hauptwerk.
Die Moralsatire porträtiert unterschiedliche Narren auf der
Narrenschiffahrt. Brant wehrt sich mit diesem Buch gegen »Narrheit,
Blindheit, Irrsal und Torheit aller Stände und Geschlechter der
Menschen«. Das Werk wird ein großer Erfolg und löst
eine Welle nachfolgender Narrenbücher aus.
»In laudem gloriose, virginis Mariae multorumque sanctorum
varii generis carmina« oder »Carmina in laudem beatae
Mariae«.
1496:
Brant wird Professor für römisches und kanonisches
Recht.
»Werke des Facetus«.
1498:
»Varia Carmina«.
»Der heilgen Leben nüw mit vil me Heilgen«.
»Catho in latin. Durch Sebastianum Brant getützschet«.
»Werke der Sittensprüche des Cato«.
1499:
Basel tritt der Schweizerischen Eidgenossenschaft bei. Dieser
Schritt ist für Brant als Anhänger der Reichseinheit und
des Kaisers Maximilian I. Grund genug, nach Straßburg
zurückzukehren und als Rechtsbeistand zu arbeiten. Bald wird er
Syndikus der Stadt.
»Werke des Moretus«.
1502:
Kaiser Maximilian I. ernennt ihn zum kaiserlichen Rat (Comes
Palatinus) und zum Beisitzer des kaiserlichen Hofgerichts in Speyer.
1503:
Er wird Stadtschreiber. Brant bewährt sich in seinen Aufgaben
und erhält Auszeichnungen, so zum Beispiel den Titel eines
kaiserlichen und kurmainzischen Rates. Über seine letzten
Lebensjahre ist kaum etwas bekannt.
1508:
»Der Freidanck« oder »Werke der Bescheidenheit
Freidanks«.
1516:
»Der Richterlich Clagspiegel«.
1521: 10. Mai: Sebastian Brant stirbt in Straßburg.
In der Manier "gut-katholischer Lehre" werden all die Schwächen, Fehler, Schandtaten und besonders die Bibeluntreue der "narrischen Menschen" gegeißelt und zwar in gefälliger Versform. Es wird geklagt und gejammert und - gedroht. Biblische Schreckensbeispiele und Prophezeiungen werden in großer Fülle und netten Reimen über die Narren ausgestreut.
Doch dem gelehrten Sebastian Brant (immerhin Professor Dr. jur.) gelingt es offenkundig nicht, sich ein wenig aus dem damals übermächtigen Bann der moralfernen Kirche zu lösen, zu reflektieren und die Kirchenoberen – meist in Personalunion ja auch Regenten – mit ihrer gottfernen "Moral" - oder auch nur die unsäglich kriminellen Bibelpassagen anzuprangern, ja, nur kritisch zu hinterfragen. Nein, hier gilt bis heute ein starkes Tabu. Schon seit vielen Jahrhunderten wird immer wieder auf die internen sittlichen Missstände und das Verbrechertum der Kirche hingewiesen, die doch angeblich in der Nachfolge Christi steht. Doch die dazu den Mut hatten, wurden mit der entsprechenden Propaganda zu Verbrechern, Ketzern, Hexern gestempelt und mundtot gemacht, oft genug ermordet. Natürlich waren alle weltlichen Mächte völlig im Kirchenglauben befangen und stets zur Beihilfe bereit. Wenn aber heutige Medien (wie etwa die WAZ: "Hexenjagd – Opfer der Hexenverfolgung bekommen endlich Recht", 27.04.2011) die hauptverantwortliche Kirche nicht mit einem einzigen Satz erwähnen, wird erkennbar, wie es um ehrliche Aufklärung der Zusammenhänge, um objektive Information, Weiterbildung der "dummen Leser" und um das angeblich "feine Gespür für Ungerechtigkeit" mancherorts steht. Solche Verfälschungen noch zu heutiger Zeit(!) entschuldigen Brant zwar nicht, aber sie wecken ein wenig Verständnis für die Kirchenhörigkeit dieses Brotgelehrten.
Diesen Oberen, den Verantwortlichen aus Kirche und Kirchen-Staat also, setzt Brant nicht die Narrenkappe auf, schreibt ihnen also vernünftiges und moralisch vorbildliches Denken und Handeln zu: Er lässt sie lediglich in der zugehörigen Illustration danach greifen, was zweifelsfrei eine Verkehrung der Realität ist.
Wie treffend, human und sogar versöhnlich klingt dagegen heute ein Ausspruch des atheistischen Mark Twains:
"Wenn wir bedenken, dass wir alle verrückt sind, ist das Leben erklärt."
Dem Lebenslauf Brants ist zu entnehmen, wes' Brot er aß und wes' Lied er folglich sang, wo er seine Karriere machte, wes Geistes Kind er also selbst noch bei seinem Spät- und Hauptwerk, dem Narrenschiff, war und warum er nur die Schafe scheren mochte, nicht aber die Hirten: Dies sind die Gleichen wie heute. Allgemeiner Sittenverfall, zunehmende Verrohung und Menschenverachtung ist immer(!) Begleiterscheinung einer entsprechend verkommenen Führungsschicht. Denn die Geführten wurden damals vollkommen und heute weniger, aber immer noch in hohem Maße indoktriniert, also partiell bis vollständig entmündigt und durften sich sagen: "Wenn die Oberen ..., dann werden wir ...". Leider war Brant nur ein sehr kirchen- und staatstreuer Gelehrter, also ein unfreier Geist, ein nicht kritisch hinterfragender, abhängiger - Narr.
Als Kostprobe die Anmerkung unter der Abb. zu 1."Von unnützen Büchern":
"Merke: Lies nicht so viel in Büchern. Es bringt auch nichts, mehr als ein oder zwei Bücher zu besitzen. Was du wissen musst, sagt dir schon der Pfarrer. Der hat zwar auch viele Bücher, aber durch das Kreuz und seine Heiligkeit wird er vor Narretei bewahrt."
Das Volk - eingeschüchtert, dumm, indoktriniert - nahm es damals hin, machte dies Buch zum Bestseller - vor der Reformation.
In diesem Werk kann ich nur schwerlich satirischen Witz entdecken, eher munter-katholisches Schwadronieren, Moralisieren und Geißeln. Trotz aller Reimkunst des Autors reimt sich sein Werk keineswegs mit der Lebenswirklichkeit, Nein, Frömmler äußern sich nicht satirisch, sondern eher hämisch. Sie sind doch selbst lebende Satire.
Welche Wohltat, ja, Labsal ist es dagegen, das "Lob der Torheit" des Erasmus von Rotterdam zu lesen! Mit großem Vergnügen findet sich der Leser in der menschlichen Realität wieder und erfährt auch einige sehr kritische Äußerungen über die Klerisei, die hier von Erasmus ganz im Gegensatz zum kirchenfrommen Brant ehrlich, mutig und damit human in ihrer Narretei vorgeführt wird. Köstlich ist der spielerische Wechsel von Satire zu Ironie, der dank hervorragender kongenialer Übersetzungskunst erhalten geblieben ist. Wie äußert sich O. J. Bierbaum als einer der Herausgeber dieses weltberühmten humanistischen Werks:
"Das in eleganter Latinität geschriebene und in alle Kultursprachen übersetzte Werk verdankt seine äußere Anregung dem deutschen "Narrenschiff" des Sebastian Brant, kommt aber geistig aus viel früherer Zeit her, nämlich aus der freieren Sphäre des attischen Spötters Lukian, von dem es den feineren Witz, die überlegene Ironie und die aller Didaktik fremde, jeglicher Moralisation abholde weltmännische Art hat. Hinter dem tollen Wirrwarr menschlichen Treibens, hinter den Mängeln, Schwächen, Fehlern und Untugenden sieht Erasmus die Thorheit als etwas nur Allzumenschliches an. Sie ist ihm dasjenige geistige Element, das dem Erdendasein überhaupt erst Reiz und Wert verleiht. Das Horazische Dulce est desipere in loco ist hier zu einem Prinzip der Weltanschauung erhoben und wird halb im Ernst, halb im Scherz von einer lächelnden Lebensphilosophie als Vademecum für jeden Erdenpilger gepriesen. Daß der geistreiche und seine Thesen mit unzähligen gelehrten Zitaten erhärtende Autor sich dabei nicht immer konsequent bleibt und mitunter wie z. B. in seiner Polemik gegen Kirche und Theologie aus dem Ton und der Rolle eines Lobredners der Thorheit fällt, darf weiter nicht verwunderlich erscheinen."
Wer im Vergleich zum Brant'schen "Narrenschiff" das "Lob der Torheit" und die aufschlussreiche Lebensgeschichte seines Autors lesen möchte und sich zudem an zahlreichen Illustrationen von Hans Holbein dem J. erfreuen möchte, ist herzlich dazu eingeladen: