"Ich aber erforsche das Leben"
Die Lebensgeschichte des Naturforschers Jean-Henri Fabre

Nachwort
und
Grabinschriften

Dieses Buch ist die erste deutschsprachige Biographie Jean-Henri Fabres. Es erhebt nicht den Anspruch, eine eigenständige wissenschaftliche Arbeit zu sein. Es stützt sich hauptsächlich auf drei Quellen: das Werk Fabres selbst und die Biographien von Legros und von Delange. Fabre ist im deutschsprachigen Raum der Öffentlichkeit nahezu unbekannt. Die jüngste Ausgabe des Großen Brockhaus etwa verzeichnet ihn nicht. Fabre war kein Freund des Krieges, aber dennoch französischer Patriot. Sein internationaler Ruhm begann kurz vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Für die Deutschen und Österreicher war er also ein Angehöriger der feindlichen Macht. Dennoch erschien 1913 bei Kosmos, Gesellschaft der Naturfreunde, unter dem Titel »Bilder aus der Insektenwelt« ein Band mit Auszügen aus den »Souvenirs Entomologiques« und noch 1914 ein weiterer Band. Ihre Wirkung dürfte aber nicht allzu groß gewesen sein.

Der erste, der die deutschsprachige Welt mit Fabres Leben bekannt gemacht hat, ist der Schweizer Kurt Guggenheim mit dem Buch »Sandkorn für Sandkorn - Die Begegnung mit J.-H. Fabre«, das 1959 erschien. Dieses lesenswerte Buch verquickt in eigenartiger Weise die Lebensgeschichte Fabres mit des Autors eigener Biographie. Guggenheim hat Auszüge aus den »Souvenirs« übersetzt und in dem Band »Jean-Henri Fabre - Das offenbare Geheimnis« veröffentlicht. Diese Arbeit wurde von Martin Lindauer und Jost M. Franz mit dem Band »Jean-Henri Fabre - Wunder des Lebendigen« fortgesetzt (Beide Bücher im Diogenes Verlag).

Ansonsten gibt es über Fabre keine deutschsprachigen Publikationen, abgesehen von dem hübschen Heftchen »Die Luft«, der Übersetzung eines Vortragsmanuskripts von Fabre, das 1983 bei Friedenauer Presse erschien. Überall sonst auf der Welt kennt und verehrt man, so scheint es, Fabre und sein Werk. Das geht bis zu grotesken Auswüchsen. Als eine japanische Firma das berühmte kleine Tischchen des Gelehrten nachbaute, verkaufte sie auf Anhieb 10.000 Stück davon. In der Sowjetunion drehte man einen Spielfilm über Fabre, ebenso in Frankreich. Die »Souvenirs Entomologiques« wurden vollständig ins Italienische, Englische und Japanische übersetzt. Auszüge erschienen in Deutsch, Dänisch, Spanisch, Hebräisch, Holländisch, Polnisch, Russisch, Schwedisch, Tschechisch und Serbokroatisch.
(Autor: Martin Auer)

Wie sehr Fabres Schriften für sich selbst zeugen können, erkennt man am Zitierumfang der vorliegenden Biographie von Martin Auer: Den Versuch, alle zitierten Passagen durch kursive Darstellung hervorzuheben, musste ich wieder abbrechen, weil keine Hervorhebung sinnvoll war, da doch nahezu alles per se hervorragend ist ...

Man darf also von einer vorzüglich gelungenen Kompilation sprechen. Sie lebt von der präzisen Wissenschaft und freundlichen Künstlerschaft Fabres.

Zweifellos durchzieht Fabres "Erinnerungen" ein Band der Vermenschlichung. Es stört den aufgeschlossen Suchenden und Wissenden in keiner Weise. Es schmückt vielmehr Fabres ungemein interessante wissenschaftliche Erörterungen mit Poesie und lässt erahnen, dass in allen Lebewesen eine Sehnsucht, ein Drang nach Wohlleben und Überleben wirkt, der Voraussetzung zum dauerhaften Fortbestehen der Arten. Der Gesang der Zikaden, das individuell variierende Lied unserer Singvögel lassen neben ihrer Funktion auch die von Fabre angesprochene Lebensfreude dieser Tiere ganz realistisch erscheinen. Man wird davon ausgehen können, dass viele, wenn nicht alle Fähigkeiten des Menschen lediglich die weit und weiter entwickelten Anlagen sind, die allem Leben innewohnen.

Umso verwunderlicher ist Fabres Weigerung, den Wunder-, also Aberglauben an einen "Schöpfer" aufzugeben und die Darwin'sche Evolutionslehre zu akzeptieren. Es ist schwer nachzuvollziehen, dass einem faktenbezogenen Wissenschaftler die Vorstellung behagte, all die unfassbar komplexen Naturerscheinungen mitsamt des Instinktverhaltens seien mit einem Schöpfungsakt, gleichsam einem energischen Fingerschnipsen, fertig in die Welt gekommen. Man mag eine damals noch vorherrschende Kirchenhörigkeit als Erklärung gelten lassen.
(Hrsg. StL)

Inschriften auf Fabres Grabstein

"Quos perisse putamus praemissi sunt"
"Die wir für verloren halten, sie sind nur vorausgeschickt"

"Minime finis sed limen vitae excelsioris"
"Der Tod ist am wenigsten das Ende, er ist die Schwelle zu einer höheren Lebensform"

Synoptische Zeittafel
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